• 28.05.2014, 20:21:36
  • /
  • OTS0255 OTW0255

Sonderpensionen werden künftig begrenzt

Sozialausschuss stimmt Gesetzentwurf nach Hearing mit breiter Mehrheit zu

Utl.: Sozialausschuss stimmt Gesetzentwurf nach Hearing mit breiter
Mehrheit zu =

Wien (PK) - BezieherInnen hoher Sonderpensionen müssen künftig mit
Einkommenseinbußen rechnen. Nur eine Woche nach dem Einlangen im
Parlament hat der Sozialausschuss des Nationalrats heute den Weg für
das von der Regierung vorgeschlagene Sonderpensionenbegrenzungsgesetz
geebnet. Trotz Dutzender negativer Stellungnahmen im
Begutachtungsverfahren, vielfach von Einzelpersonen, und anhaltender
Kritik von Experten stimmten SPÖ, ÖVP, Grüne und Team Stronach für
den Gesetzentwurf. Damit dürfte auch die für das Gesetz im Plenum
notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert sein.

Die Kritik der Experten entzündet sich an ganz konträren Punkten, wie
sich auch bei einem heute im Sozialausschuss abgehaltenen Hearing
zeigte. Während etwa der Sozialforscher Bernd Marin das Gesetzespaket
für viel zu zahnlos hält, ortet Hanspeter Hanreich, Experte für
nationales und internationales Wirtschaftsrecht, einen unsachlichen
und verfassungswidrigen Eingriff in bestehende Rechte einzelner
Personen. Eine Gruppe von BezieherInnen einer Betriebspension würde
de facto enteignet, argumentiert er. Gerhard Hesse, Leiter des
Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts, ist allerdings überzeugt,
dass die Bestimmungen verfassungsrechtlich wasserdicht sind.

Von Seiten des Rechnungshofs wies Bruno Walter darauf hin, dass
Empfehlungen, die vom Rechnungshof in der Vergangenheit ausgesprochen
wurden, im Gesetz weitgehend berücksichtigt sind. Einem noch offenen
Punkt betreffend die Sozialversicherungsträger trugen die
Abgeordneten heute durch einen bei der Abstimmung mitberücksichtigten
Abänderungsantrag Rechnung.

Die Opposition machte keinen Hehl daraus, dass sie sich weitergehende
Regelungen gewünscht hätte. So drängte die FPÖ etwa auf eine
verpflichtende Einbeziehung der Länder und Gemeinden. NEOS-
Abgeordneter Gerald Loacker beantragte eine Nachschärfung bei den
Pensionssicherungsbeiträgen und will Sonderpensionen langfristig
überhaupt nur noch bis zur ASVG-Höchstpension erlauben. Auch die
Grünen und das Team Stronach drängten auf stärkere Eingriffe in
bestehende Pensionen, sie stimmten dem Gesetzentwurf letztendlich
aber dennoch zu. Trotz einiger noch offener Fragen sei viel erreicht
worden, hob Grün-Abgeordnete Judith Schwentner hervor. Die FPÖ ließ
offen, ob sie dem Gesetzentwurf im Plenum des Nationalrats zustimmen
wird.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer wies auf die Bedeutung des
Beschlusses hin und äußerte sich zuversichtlich, dass die Länder dem
Bund folgen und auf Basis der im Gesetzentwurf verankerten
verfassungsgesetzlichen Ermächtigungen analoge Bestimmungen für den
Bereich der Länder und Gemeinden beschließen werden. Der politische
Druck sei so groß, dass es sich kein Bundesland erlauben werde
können, das Gesetz zu ignorieren, betonte er. Zudem wies er auf
politische Zusagen der Landeshauptleute hin.

In Form einer von den Grünen gemeinsam mit den Koalitionsparteien
beantragten und mit S-V-G-T-N-Mehrheit gefassten
Ausschussfeststellung bekräftigten die Abgeordneten ihre Erwartung,
dass der Rechnungshof spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten des
Gesetzes überprüfen wird, inwieweit die Bestimmungen auf Bundes- und
Landesebene umgesetzt wurden.

Künftige Sonderpensionen werden gedeckelt, bestehende Pensionen
gekürzt

Der vom Sozialausschuss angenommene Gesetzentwurf sieht nicht nur
eine Obergrenze für künftige Sonderpensionen aus öffentlichen und
halböffentlichen Kassen in der Höhe der dreifachen monatlichen ASVG-
Höchstbeitragsgrundlage (derzeit 13.590 €) vor. Mit der Einführung
progressiv gestaffelter Pensionssicherungsbeiträge werden auch
bestehende Pensionen gekürzt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr.
486/2014). So wird ab Anfang 2015 für Pensionsteile über der
einfachen Höchstbeitragsgrundlage (4.530 €) ein Sicherungsbeitrag von
5 % fällig, der in mehreren Schritten auf bis zu 25 % - für Ruhe- und
Versorgungsgenüsse über der dreifachen ASVG-Höchstbeitragsgrundlage -
steigt. Zum Teil werden Beschäftigten mit Anspruch auf eine
Sonderpension auch höhere Pensionsbeiträge vorgeschrieben.

Vom Gesetz umfasst sind neben dem Bund mehr als 70 Institutionen,
darunter der ORF, die Sozialversicherungen, zahlreiche Kammern, der
Verbund-Konzern, die Agrarmarkt Austria, die ÖIAG, die ASFINAG und
die Bundesmuseen. Auch für Kreditinstitute, die aufgrund einer
Mehrheitsbeteiligung oder einer beherrschenden Stellung des Bundes
der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegen, gelten die neuen
Bestimmungen. Die Zahl der betroffenen Personen wird von der
Regierung auf rund 9.600 geschätzt.

Sonderregelungen für die OeNB, AltpolitikerInnen und BeamtInnen

Für Beschäftigte bei der Österreichischen Nationalbank (OeNB) mit
bestimmten Altverträgen sieht der Gesetzenwurf neben
Pensionssicherungsbeiträgen und höheren Pensionsbeiträgen auch eine
stufenweise Anhebung des Pensionsalters, längere Dienstzeiten,
Pensionsabschläge bei Frühpension sowie geringere Pensionsanpassungen
- analog zur allgemeinen Pensionserhöhung - vor. Zudem wird das so
genannte Sterbequartal, das Hinterbliebene von PensionistInnen
erhalten haben, für Todesfälle ab dem 1. Jänner 2015 ersatzlos
abgeschafft.

AltpolitikerInnen sowie bestimmte öffentliche Funktionäre und
Funktionärinnen, die bereits aufgrund der geltenden Rechtslage
Pensionssicherungsbeiträge zahlen, müssen künftig höhere Beiträge
leisten. Für Politikerpensionen unter der Höchstbeitragsgrundlage
bleibt der Beitragssatz bei 8 %. Höhere Pensionssicherungsbeiträge
sind auch für BeamtInnen, ÖBB-Bedienstete, Bundestheater-Bedienstete
und VerfassungsrichterInnen mit sehr hohen Pensionen vorgesehen.

Mit einem von den Koalitionsparteien eingebrachten Abänderungsantrag
wurde sichergestellt, dass im Bereich der Sozialversicherungen
BezieherInnen höherer Dienstordnungspensionen nicht von der
Neuregelung profitieren.

Insgesamt will die Regierung durch das Gesetzespaket, das 25
Gesetzesänderungen und zwei Sonderbestimmungen enthält, rund 7,1 Mio.
€ pro Jahr für das Budget lukrieren. Dazu kommen Mehreinnahmen für
jene Institutionen, die Sonderpensionen auszahlen. Länder und
Gemeinden sind von den Bestimmungen nicht direkt umfasst, die Länder
können aufgrund einer im Gesetz verankerten verfassungsrechtlichen
Ermächtigung aber analoge landesgesetzliche Regelungen für den
Länder- und Gemeindebereich einführen.

Begründet wird das Sonderpensionenbegrenzungsgesetz (SpBegrG) von der
Regierung damit, dass die in einzelnen Pensionssystemen verankerten
Sonderpensionsregelungen und die daraus resultierenden Unterschiede
bei den Pensionsleistungen in der Bevölkerung auf immer weniger
Akzeptanz stoßen. In Kraft treten sollen die Bestimmungen mit 1.
Jänner 2015.

Wie umstritten das Gesetz ist, zeigt auch der Umstand, dass während
des Begutachtungsverfahrens mehr als 250 Stellungnahmen im
Nationalrat eingelangt sind.

Hanreich ortet unzulässigen Eingriff in Eigentumsrechte

Im Rahmen des Hearings bekräftigte Hanspeter Hanreich, Experte für
Wirtschaftsrecht am Institut für Höhere Studien (IHS), seine bereits
im Begutachtungsverfahren geäußerte Kritik am Gesetzentwurf. Es gehe
ihm als Betroffenen und seinen Mitstreitern "nicht um irgendwelche
Euros", sondern um die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, sagte er.
Seiner Meinung nach ist es verfassungsrechtlich und grundrechtlich
bedenklich, wie mit einem Gesetz in Eigentum eingegriffen wird. Im
Grunde beschneide der Gesetzgeber Betriebspensionen, die durch das
Betriebspensionsgesetz besonders geschützt seien. Da die
Pensionssicherungsbeiträge nicht dem Bund, sondern den betroffenen
Unternehmen bzw. den Kammern zugute kommen, kann man seiner
Auffassung nach von einer Enteignung sprechen.

Kritisiert wurde von Hanreich außerdem, dass der
Verfassungsgerichtshof die Gesetzesbestimmungen nur eingeschränkt
prüfen kann. Damit gebe es keine effektive Rechtskontrolle. Hanreich
ist aber zuversichtlich, dass der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte bei einer Beschwerde zu Gunsten der Betroffenen
entscheiden wird. Einzelne Punkte des Gesetzes wertete Hanreich auch
als gleichheitswidrig, etwa dass PensionistInnen ehemals staatlicher
Banken nicht betroffen sind.

Marin: Luxuspensionen kosten mehr als Hypo Alpe Adria

Ganz anders beurteilte Bernd Marin, Direktor des Europäischen
Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, den
Gesetzentwurf. Seiner Meinung nach kann man von keinem massiven
Eingriff in bestehende Pensionen sprechen. Marin sieht vielmehr das
Problem, dass viele Pensionsprivilegien erhalten bleiben. So werden
ihm zufolge etwa bei kombinierten Pensionen, also dem Zusammentreffen
einer ASVG-Höchstpension und einer Sonderpension, erst ab 107.000 €
Jahrespension Pensionssicherungsbeiträge fällig.

Dass eine absolute Obergrenze für Sonderpensionen eingeführt wird,
ist für Marin zwar "sehr löblich", durch deren Höhe und großzügige
Übergangsregelungen sind seiner Darstellung nach aber weiterhin
Sonderpensionen von bis zu 234.000 € im Jahr möglich, bei den OeNB
auch darüber hinaus. Bedauert wurde von Marin auch, dass die
Pensionssicherungsbeiträge nicht in den öffentlichen Haushalt
fließen.

Es sei daher die Frage, ob mit dem Gesetz bestehende Schieflagen
tatsächlich beseitigt werden, fasste Marin zusammen. Er glaubt auch
nicht, dass das Gesetz einen Beitrag zur nachhaltigen Sicherung des
staatlichen Pensionssystem leistet, und ist überzeugt, dass viel mehr
möglich gewesen wäre. Auf lange Sicht wird ihm zufolge für
Luxuspensionen wesentlich mehr ausgegeben, als die Hypo Alpe Adria
dem Steuerzahler kostet.

SPÖ und ÖVP stellen Berechnungen Marins in Frage

Die Berechnungen Marins sorgten allerdings sowohl beim zuständigen
Sektionsleiter im Sozialministerium Andreas Thaller als auch bei den
Koalitionsparteien für Kopfschütteln. So warf SPÖ-Abgeordneter Erwin
Spindelberger Marin vor, bewusst Äpfel mit Birnen zu verwechseln, und
machte in Übereinstimmung mit ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger,
SPÖ-Abgeordnetem Dietmar Keck und Sozialminister Rudolf Hundstorfer
darauf aufmerksam, dass BeamtInnen, ÖBB-Bedienstete,
AltpolitikerInnen und andere Gruppen ab dem ersten Euro
Pensionssicherungsbeiträge zahlen.

Auch die Ausführungen Marins, wonach Sonderpensionen im Durchschnitt
nur um 1 % bis 2 % gekürzt werden, während die seit der Ära Schüssel
beschlossenen Pensionsreformen durchschnittliche Pensionseinbußen im
ASVG-Bereich von 25 % bewirkten, stießen bei Hundstorfer auf heftigen
Widerspruch. Man könne Periodenberechnungen über einen Zeitraum von
über 30 Jahren nicht mit monatlichen Kürzungen vergleichen,
bekräftigte er. Hundstorfer geht davon aus, dass Sonderpensionen
durchschnittlich um 2 % bis 4 % pro Monat niedriger ausfallen werden,
bei einzelnen Sonderpensionen seien es bis zu 10,25 %.

Thaller: In Einzelfällen Pensionseinbußen bis zu 4.000 € monatlich

Auch Sektionschef Andreas Thaller warnte davor, fahrlässig mit Zahlen
zu hantieren, und verwies unter anderem darauf, dass BeamtInnen, ÖBB-
Bedienstete und AltpolitikerInnen bereits jetzt
Pensionssicherungsbeiträge zahlen, aus denen der Bund rund 300 Mio. €
im Jahr lukriere. Überdies müsse man zwischen Vollpensionen und
Zusatzpensionen unterscheiden, gab er zu bedenken. Zwei Drittel der
vom Gesetz betroffenen Personen hätten eine Vollpension und würden
damit vom ersten Euro an Pensionssicherungsbeiträge zahlen. Nur bei
Zusatzpensionen gelte, dass die ASVG-Pension nicht in die Berechnung
einfließe. Diese Entscheidung habe man bewusst getroffen, da es
problematisch gewesen wäre, bei einer bestimmten Gruppe die ASVG-
Pension zu kürzen und bei anderen nicht.

Allgemein wies Thaller darauf hin, dass der vorliegende Gesetzentwurf
hauptsächlich der "Geschichtsbewältigung" diene. Aufgrund der
mittlerweile beschlossenen Harmonisierung der Pensionssysteme und der
für öffentliche Unternehmen des Bundes geltenden Schablonenverordnung
seien überdurchschnittlich hohe Pensionen in Zukunft ohnehin
ausgeschlossen. Auch die im Gesetz verankerte künftige
Pensionsobergrenze von 13.590 € hat für ihn in diesem Sinn nur
theoretischen Charakter und könnte bestenfalls Personen mit einer
direkten Leistungszusage abseits des Einflussbereichs des Bundes
treffen.

Um konkrete Beispiele gebeten, wies Thaller darauf hin, dass ganz
hohe OeNB-Pensionen um bis zu 4.000 € monatlich gekürzt werden. Für
ein fiktives Beispiel aus der Wirtschaftskammer rechnet er mit
Einbußen von 400 € bis 500 € pro Monat.

Walter: Gesetz berücksichtigt Empfehlungen des Rechnungshofs

Als Vertreter des Rechnungshofs hob Bruno Walter hervor, er sehe das
vorliegende Gesetz als Versuch, diejenigen Sonderpensionsbereiche,
die es noch gibt, zu durchforsten. Seiner Analyse nach hat die
Regierung fast alle Empfehlungen, die der Rechnungshof im
Zusammenhang mit der Österreichischen Nationalbank ausgesprochen hat,
umgesetzt. Das betrifft die jährliche Pensionsanpassung, die
Verankerung höherer Pensionsbeiträge und höherer
Pensionssicherungsbeiträge, ein späteres Pensionsalter, eine Erhöhung
der Gesamtdienstzeit und Abschläge bei frühzeitigem Pensionsantritt.
Lediglich die empfohlene Durchrechnung der Bezüge finde sich im
Gesetz nicht wieder.

Walter zufolge will der Rechnungshof im Frühherbst noch einmal
nachrechnen, ob die Einsparungsschätzungen plausibel sind.

Hesse: Verfassungsgerichtshof kann eingeschränkt prüfen

Gerhard Hesse, Leiter des Verfassungsdienstes im Bundeskanzleramt,
nahm zum Entwurf aus verfassungsrechtlicher Sicht Stellung und wies
darauf hin, dass man bewusst eine verfassungsrechtliche Regelung
gewählt habe, da es zu Pensionskürzungen kommen könne, die über das
hinaus gehen, was der Verfassungsgerichtshof in der Vergangenheit
einfachgesetzlich akzeptiert hat. Damit werde die Prüfbefugnis des
Verfassungsgerichtshofs partiell durchbrochen, räumte er ein.
Allerdings wird ihm zufolge der Rechtsweg für betroffene Personen
nicht beschnitten.

Wie Hesse ausführte, kann sich jeder, der vom Gesetz betroffen ist,
grundsätzlich an den Verfassungsgerichtshof wenden. Allerdings wird
der Maßstab für die Prüfung ein anderer sein als dies bei
einfachgesetzlichen Bestimmungen der Fall wäre. Der
Verfassungsgerichtshof könnte insbesondere hinterfragen, ob das
rechtsstaatliche Prinzip gewahrt bleibe oder durch die Einschränkung
seiner Prüftätigkeit verletzt werde. Sollte der VfGH zum Schluss
kommen, dass die verfassungsrechtliche Grundordnung durchbrochen
werde, müsste man eine Volksabstimmung durchführen.

Dass das Gesetz in die autonome Selbstverwaltung der Kammern
eingreift, glaubt Hesse nicht. Er verwies in diesem Zusammenhang auch
auf ein aktuelles Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Es wäre
eher ein Problem gewesen, würden die Pensionssicherungsbeiträge an
den Bund fließen, sagte er, dies sei aber nicht der Fall.

Die Frage der Kammerautonomie wurde von Hanspeter Hanreich allerdings
anders bewertet. Im Gegensatz zu Hesse vertrat Hanreich außerdem die
Auffassung, dass auch direkte Leistungszusagen vom
Betriebspensionsgesetz geschützt sind.

FPÖ will noch um Verbesserungen kämpfen

Die Opposition stimmte darin überein, dass im Zuge der seit Dezember
laufenden Verhandlungen über das Sonderpensionsgesetz viel erreicht
worden sei. Der nunmehr vorliegende Gesetzentwurf sei mit dem
ursprünglichen Vorschlag der Regierung nicht zu vergleichen, räumte
etwa FPÖ-Abgeordneter Herbert Kickl ein. Angesichts der Ausführungen
von Bernd Marin plädierte er allerdings dafür, die Verhandlungen zu
vertagen und über weitere Verbesserungen zu verhandeln. Da das Gesetz
ohnehin erst mit 1. Jänner 2015 in Kraft treten solle, gebe es keinen
Grund für Eile, meinte er.

Inhaltlich forderte Kickl unter anderem, die Länder verbindlich in
das Gesetz einzubeziehen. Er kann sich aber auch eine spezielle
Vereinbarung im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen vorstellen.
Jene Bundesländer, die das Gesetz nicht umsetzen, sollen weniger
Steuergeld erhalten. Zudem hält Kickl stärkere Eingriffe in
bestehende Pensionen für gerechtfertigt.

Ob die FPÖ dem Gesetz im Plenum zustimmen wird, ließen Kickl und
Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer offen. Er sei nicht
grundsätzlich gegen das Gesetzespaket und wolle keinesfalls den
bestehenden Zustand beibehalten, unterstrich Kickl, er wolle aber bis
zum Schluss um die bestmögliche Regelung kämpfen.

NEOS setzen sich mit Abänderungsanträgen nicht durch

Namens der NEOS brachte Abgeordneter Gerald Loacker insgesamt drei
Abänderungsanträge ein, die bei der Abstimmung jedoch nur die
Unterstützung der Grünen fanden. Er forderte unter anderem,
vertraglich bereits zugesicherte aber erst in Zukunft fällige
Sonderpensionen bis zum Jahr 2027 stufenweise auf 70 % der ASVG-
Höchstbeitragsgrundlage zu senken, abhängig vom Zeitpunkt des
Pensionsantritts. Für neue arbeitsrechtliche Verträge wollen die NEOS
überhaupt nur noch Sonderpensionen auf ASVG-Niveau zulassen. Außerdem
sollen sich die progressiv gestaffelten Pensionssicherungsbeiträge
ihrer Vorstellung nach an der Höhe der ASVG-Höchstpension und nicht
an der Höhe der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage orientieren und in
diesem Sinn bereits ab einer Sonderpension von 3.300 € greifen.

Man habe viel erreicht, sagte Loacker, das was heute vorliege, sei
besser als das, was zu Beginn am Tisch gelegen sei. Es sei auch klar,
dass man "nicht mit dem Fallbeil hineinfahren" und zugesagte hohe
Pensionen mit einem Schlag auf die ASVG-Höchstpension kürzen könne,
meinte er. Stufenweise Übergangsregelungen seien aber machbar.
Knackpunkt ist für ihn, in welcher Höhe die Pensionsobergrenze für
Neuverträge festgesetzt wird, 13.590 € sind für ihn unverantwortlich.

Grüne und Team Stronach stimmen Gesetz trotz Kritik zu

Seitens der Grünen hielt Abgeordnete Judith Schwentner fest, auch
wenn ihr einiges am Gesetz immer noch nicht gefalle, sei im
vergangenen halben Jahr viel weiter gegangen. Das müsse man den
Regierungsparteien zugute halten. Die Zustimmung zum Vertagungsantrag
der FPÖ begründete sie damit, dass es auch ihrer Fraktion jetzt zu
schnell gehe. Ihre Fraktionskollegin Daniela Musiol äußerte die
Hoffnung, dass noch Änderungen in einigen Bereichen möglich sind, im
Plenum wollen die Grünen Schwentner zufolge jedenfalls noch
Abänderungsanträge einbringen.

Team-Stronach-Abgeordnete Waltraud Dietrich bezweifelte, dass mit dem
vorliegenden Gesetz alle bestehenden Pensionsprivilegien beseitigt
werden. Sie stimmte dem Gesetz schließlich aber wie die Grünen doch
zu.

SPÖ und ÖVP: Gemeinsam wurde bestmögliche Lösung erreicht

Ausschussvorsitzende Sabine Oberhauser (S) und ÖVP-Sozialsprecher
August Wöginger rekapitulierten noch einmal die Entstehungsgeschichte
des Gesetzes und hoben wie Sozialminister Hundstorfer hervor, dass
man von Anfang an von einem "Work in Progress" ausgegangen sei. Man
habe gemeinsam mit der Opposition das Interesse gehabt, in
konstruktiven Verhandlungen die bestmögliche Lösung zu erreichen.
Viele der heute eingebrachten Einwände habe man bereits
ausdiskutiert. Für den von Abgeordnetem Kickl eingebrachten und
schließlich von der Koalition abgelehnten Vertagungsantrag zeigte
Oberhauser in diesem Sinn wenig Verständnis, sie fragte sich, was
Kickl damit erreichen wolle.

Abgeordneter Wöginger machte darauf aufmerksam, dass der
ursprüngliche Ministerratsvortrag im vorliegenden Gesetz nicht
wiedererkennbar sei. Dass man mit dem Eingriff in Eigentumsrechte
einen schmalen Grat gehe, sei ihm bewusst, meinte er, er ist aber
überzeugt, der Europäischen Menschenrechtskonvention Genüge zu tun.

Hundstorfer: Ohne Verfassungsmehrheit bleibt alles beim Alten

Sozialminister Rudolf Hundstorfer appellierte an die Abgeordneten,
dem Gesetz zuzustimmen. Würde dieses keine Verfassungsmehrheit
erzielen, hieße das, dass alles beim Alten bleibe. Auf Bundesebene
seien alle Sektoren erfasst, bekräftigte der Minister, es werde
niemand ausgelassen. Eine rasche Beschlussfassung ist für Hundstorfer
auch deshalb geboten, weil die betroffenen Unternehmen Zeit
bräuchten, um die Administration umzustellen.

Das Argument, wonach die Opposition der entscheidende Faktor war, um
das Gesetz weiterzubringen, wollte Hundstorfer nicht gelten lassen.
Man habe am Beginn des Verhandlungsprozesses etwas auf den Tisch
gelegt, von dem von Vornherein klar gewesen sei, dass das in dieser
Form nicht kommen werde, erklärte er. Alle hätten sich um eine
konstruktive Lösung bemüht. Hundstorfer ist sich auch sicher, dass
alle Länder dem Beispiel des Bundes folgen werden.

Was die OeNB betrifft, wies Hundstorfer darauf hin, dass von der vom
Rechnungshof aufgezeigten "Manövriermasse" in der Höhe von 278 Mio. €
250 Mio. € gehoben würden. Sonderpensionen im öffentlichen Sektor von
20.000 € monatlich sind ihm zufolge künftig gänzlich ausgeschlossen.

Grüne und NEOS für Aufhebung des Arbeitsverbots für AsylwerberInnen

Abseits des Sonderpensionsbegrenzungsgesetzes befasste sich der
Sozialausschuss mit einer Reihe von Oppositionsanträgen, wobei es
zunächst um die Frage des Arbeitsmarktzugangs, den Bezug von
Mindestsicherung und um private Arbeitsvermittlung ging. Sowohl die
NEOS als auch die Grünen fordern, das grundsätzliche Arbeitsverbot
für AsylwerberInnen aufzuheben und ihnen nach einigen Monaten
Aufenthalt in Österreich vollen Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren
(346/A, 326/A[E]). Außerdem wollen die NEOS durch niedrigere
Einkommenshürden für die Rot-Weiß-Rot-Karte, weniger Bürokratie und
schnellere Verfahren mehr qualifizierte ArbeitnehmerInnen aus
Drittstaaten nach Österreich locken (385/A, 383/A[E]).

Das Team Stronach drängt darauf, private Arbeitsvermittler mit dem
Arbeitsmarktservice (AMS) gleichzustellen (396/A[E]). Die
Freiheitlichen beharren darauf, die Mindestsicherung nach den
Lebenshaltungskosten im Herkunftsland der BezieherInnen zu staffeln,
also etwa BulgarInnen und RumänInnen eine deutlich niedrigere
Leistung zu gewähren als ÖsterreicherInnen (303/A[E]).

Die Anträge wurden vom Ausschuss abgelehnt, wobei bezüglich der Rot-
Weiß-Rot-Karte und der Beschäftigung für AsylwerberInnen von den ÖVP-
Abgeordneten Michael Hammer und Gabriel Obernosterer, aber auch
seitens des Sozialministers auf die aktuelle Situation am
Arbeitsmarkt hingewiesen wurde. Die Initiative der FPÖ betreffend das
Herkunftslandprinzip bei der Mindestsicherung wiederum würde eine
Ungleichbehandlung von Menschen in Österreich schaffen, meinte
Hundstorfer ebenso wie Grünen-Mandatarin Judith Schwentner. Was die
Forderung nach privaten Arbeitsvermittlern betrifft, gab Ulrike
Königsberger-Ludwig namens der Sozialdemokraten zu bedenken, das AMS
erfülle auch hoheitliche Aufgaben, die ein Privater nicht übernehmen
könne.

Pflegegeld, Behinderte, Arbeitsrecht, Trinkgelder: Anträge der
Opposition abgelehnt bzw. vertagt

Vom Ausschuss ebenfalls abgelehnt wurde ein Entschließungsantrag des
Team Stronach (168/A[E]), in dem sich Abgeordnete Waltraud Dietrich
für eine jährliche Valorisierung des Pflegegelds und die Einführung
einer Pflegeversicherung stark macht. Eine Pflegeversicherung würde
den Faktor Arbeit noch zusätzlich belasten, auch seien die
Pflegesachleistungen massiv ausgebaut worden, das Pflegegeld wiederum
habe man sukzessive erhöht, hielten die Abgeordneten Gertrude Aubauer
(V) und Johann Hechtl (S) der Forderung des Team Stronach entgegen.

Namens der Grünen sprach sich Abgeordnete Helene Jarmer für ein
Maßnahmenbündel aus, um behinderte Menschen besser vor Gewalt und
sexuellem Missbrauch zu schützen (94/A[E]). Außerdem will sie durch
die Verankerung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches im
Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und die Erweiterung des
Verbandsklagerechts für Behindertenorganisationen erreichen, dass
bauliche Barrieren, die behinderten Menschen das Leben schwer machen,
rascher beseitigt werden (133/A[E]). Nach Ansicht der
Regierungsparteien sollten noch die Arbeiten am nationalen
Aktionsplan für Behinderte bzw. eine entsprechende Studie über das
Thema sexueller Missbrauch behinderter Menschen abgewartet werden.
Beide Anträge wurden deshalb vertagt.

Ein weiterer zur Diskussion stehender Antrag des Team Stronach zielte
auf die Einrichtung eines flächendeckenden Netzes von
Beratungsstellen zur anonymen Beratung von ungewollt Schwangeren ab
(366/A[E]). Die Initiative soll nach dem Willen der
Regierungsparteien an den Familienausschuss überwiesen werden.

Ein Antrag der FPÖ auf Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes (71/A)
wurde mit der von SPÖ-Abgeordneter Sabine Oberhauser und
Sozialminister Hundstorfer vorgebrachten Begründung abgelehnt, dass
die angestrebte Regelung aufgrund der rechtlichen Lage und der
Judikatur nicht notwendig sei. Die FPÖ hatte zuvor argumentiert, dass
in Konzernen immer mehr Angestellte gezwungen würden,
Geschäftsführerfunktionen in Tochtergesellschaften zu übernehmen, und
damit im Falle einer Kündigung oder Entlassung keinen
arbeitsrechtlichen Schutz mehr hätten.

Schließlich lehnte der Sozialausschuss einen Antrag der FPÖ ab, mit
dem Abgeordneter Roman Haider gegen Sozialversicherungsbeiträge für
Trinkgelder mobil machen wollte (308/A[E]). Bis zu 80 € im Monat
fließen ihm zufolge in Form von Pauschalen in die Bemessungsgrundlage
nach dem ASVG ein. ÖVP-Abgeordneter Gabriel Obernosterer bemerkte
dazu, das Problem sollte im Rahmen des geplanten
Entbürokratisierungspakets sowie der anvisierten Senkung der
Lohnnebenkosten gelöst werden. (Schluss) gs/hof

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel