- 06.05.2014, 20:27:59
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TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 7. Mai 2014 von Christian Jentsch - Ukraine braucht politischen Neustart
Innsbruck (OTS) - Utl: Während der Krieg um die Ostukraine immer
blutiger wird, müssen Europa und Russland alles daransetzen, einen
Ausweg aus der Krise zu finden. Die Ukraine braucht eine neue
Perspektive jenseits der Ost-West-Konfrontation.
Im Ringen um eine diplomatische Lösung der sich immer weiter
zuspitzenden Krise in der Ostukraine war Wien gestern Brennpunkt der
großen Weltpolitik. In seiner Funktion als Vorsitzender des
Europarates empfing Österreichs Außenminister Sebastian Kurz 30
Außenminister in der Wiener Hofburg. Wobei alle Augen auf den
russischen Chefdiplomaten Sergej Lawrow und seinen ukrainischen
Amtskollegen Andrej Deschtschiza gerichtet waren. Im Anschluss an das
Krisentreffen des Europarats schaltete sich auch noch Deutschlands
Außenminister Frank-Walter Steinmeier in die hektische
Krisendiplomatie mit ein. Kurz gelang es jedenfalls wieder einmal,
Österreich als Verhandlungsort ins Rampenlicht zu stellen. Ein
Punktesieg für den österreichischen Außenminister.
Bei der angestrebten politischen Lösung der Ukraine-Krise stoßen die
Vermittler freilich weiterhin auf Granit. "Wir sollten alles tun,
damit der Kalte Krieg dort bleibt, wo er hingehört, nämlich in den
Geschichtsbüchern", erklärte Kurz. Doch die Fronten sind weiterhin
verhärtet. Während der Osten der Ukraine immer weiter in Gewalt und
Chaos versinkt, scheinen die neu ausgehobenen Gräben, die Russland
und den Westen voneinander trennen, immer tiefer zu werden. Es
scheint fast so, dass Hardliner auf beiden Seiten Gefallen an einer
Neuauflage des Kalten Krieges gefunden haben. Auf dem Altar
geopolitischer Interessen soll offenbar sogar die Stabilität und
somit die Zukunft Europas geopfert werden.
Deutschlands Außenminister Steinmeier verlangt eine Fortsetzung der
gescheiterten ersten Friedenskonferenz von Genf. Doch während
Russlands Chefdiplomat Lawrow die prorussischen Separatisten in die
neuen Gespräche miteinbinden will, kommt das für den ukrainischen
Außenminister Deschtschiza als Aushöhlung der staatlichen
Souveränität nicht in Frage. Die Lage scheint verfahren. Doch wer
keinen Gefallen an einem Flächenbrand findet, muss eine politische
Lösung finden und der Ukraine einen Neustart ermöglichen. Die
Ukraine█ sollte nicht als Schlachtfeld zwischen Russland und dem
Westen dienen, sondern vielmehr als Brückenkopf zwischen Ost und
West. Dazu muss nicht nur Russland seine Intervention im Osten des
Landes beenden. Eine neu gewählte und dann auch demokratisch
legitimierte Regierung in Kiew muss alles dafür tun, die Gräben zu
überwinden. Mit mehr Föderalismus und einer Politik, die die
russischsprachige Bevölkerung nicht vor den Kopf stößt.
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