- 24.03.2014, 15:05:05
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St. Pölten wird Swap-Zahlungen an RLB Nö-Wien einstellen
Gemeindeaufsicht stellt Ungültigkeit des Swap-Geschäfts fest - Bürgermeister Stadler: "Unser Prozessstandpunkt ist damit neuerlich bestätigt worden."
Utl.: Gemeindeaufsicht stellt Ungültigkeit des Swap-Geschäfts fest -
Bürgermeister Stadler: "Unser Prozessstandpunkt ist damit
neuerlich bestätigt worden." =
St. Pölten (OTS) - Der Gemeinderat der Stadt St. Pölten wird noch im
März den Beschluss fassen, die quartalsmäßigen Zahlungen aus dem
gerichtsanhängigen Swap-Geschäft mit der RLB NÖ Wien ab sofort
einzustellen. Ein entsprechender Antrag wurde am Montag vom
Finanzausschuss der Stadt St. Pölten gefasst und dem Gemeinderat
zugewiesen. Anlass für die Einstellung der Zahlungen aus dem
Swap-Geschäft mit der RLB NÖ-Wien ist ein in der Vorwoche
eingegangener Bericht der niederösterreichischen Gemeindeaufsicht.
Die Aufsichtsbehörde stellt darin fest, dass das Swap-Geschäft auf
einem ungültigen Gemeinderatsbeschluss beruht und somit nicht wirksam
geschlossen werden konnte. "Es wäre seitens der Stadt St. Pölten
verantwortungslos, jetzt Zahlungen für ein ungültiges Geschäft zu
leisten, die wir dann wieder am Gerichtsweg zurückfordern müssten"
begründet Bürgermeister Mag. Matthias Stadler jetzt den Schritt der
Landeshauptstadt.
Gutachten empfehlen sofortigen Ausstieg
Konkret hat die Aufsichtsbehörde in der niederösterreichischen
Landesregierung jetzt moniert, dass die jeweiligen Bürgermeister der
Stadt St. Pölten seit dem Jahr 2003 in mehreren
Gemeinderatsbeschlüssen zum Abschluss von Swap-Geschäften ermächtigt
worden waren, wobei die Richtlinie nicht ausreichend bestimmt gewesen
sei, einen zusätzlichen Gemeinderatsbeschluss zum selben Geschäft zu
ersetzen. Die Stadt St. Pölten nimmt diese Feststellung der
Aufsichtsbehörde nun mit Genugtuung zur Kenntnis. Bürgermeister Mag.
Matthias Stadler: "Unser Prozessstandpunkt im Rechtsstreit mit der
RLB NÖ-Wien ist damit bestätigt worden. Wir haben immer gesagt, dass
dieses Swap-Geschäft ungültig ist. Jetzt sagt das auch die
Aufsichtsbehörde". Neben der jetzt festgestellten Ungültigkeit des
Swap-Geschäfts führt die Stadt St. Pölten noch weitere gewichtige
Gründe zur Zahlungseinstellung an:
- In zwei neuen Gutachten wird der Stadt bestätigt, dass das auf dem
Währungskurs zwischen Euro und Schweizer Franken basierende
Swap-Geschäft auch hinsichtlich des damit verbundenen Risikos aktuell
nicht mehr tragbar ist. Vor dem Hintergrund der anhaltenden
politischen Krise in der Ukraine und um die Halbinsel Krim, sei ein
weiterer deutlicher Anstieg des Schweizer Franken möglich, der zu
weiteren extremen Kosten aus dem Swap-Geschäft führen kann.
- In den vergangenen Monaten wurde das Risiko bereits deutlich
reduziert. Der aufgrund des gestiegenen Franken-Kurses negative
Barwert des von der RLB NÖ-Wien verkauften Swaps hatte phasenweise
bereits über 100 Millionen Euro betragen. Derzeit liegt der negative
Barwert des RLB NÖ Wien-Swaps bei 69 Millionen Euro, hat sich also
deutlich verbessert. Bürgermeister Mag. Matthias Stadler: "Wir können
vor diesem Hintergrund nicht zusehen, wie sich das Risiko vielleicht
wieder in Richtung 100 Millionen bewegt. Auch deshalb ist die
Zahlungseinstellung jetzt richtig."
- Schließlich hat Reinhard Karl, Vorstandsdirektor der RLB NÖ-Wien im
Rechtsstreit um das Swap-Geschäft vor Gericht ausgesagt, dass die
zwischen der Stadt St. Pölten und der Bank gelaufenen
Vergleichsgespräche seitens der RLB NÖ-Wien nie ernst gemeint gewesen
waren. Dazu Bürgermeister Stadler: Die RLB NÖ Wien hat offenbar
jahrelang nur zum Schein mit uns über eine vergleichsweise
Bereinigung des Problems verhandelt. Diesem Zuständen setzen wir
jetzt ein Ende".
Anzumerken ist weiters, dass die RLB Nö-Wien an der Erstellung der
Richtlinien mitgewirkt hat und sie als notwendiges Instrument bei der
Abwicklung von Derivativgeschäften klassifiziert hat.
Finanzderivat war keine Zinsoptimierung
Die Stadt St. Pölten hatte im Jahr 2007 mit der RLB NÖ Wien einen
Swap zur Optimierung eines 23-Millionen-Euro-Kredits abgeschlossen um
ihre Zinsbelastungen aus dem Kredit zu senken. Auf Grund des starken
Anstiegs der Schweizer Franken gegen den Euro im Zuge der Finanzkrise
nahm der Swap eine unvorhersehbar negative Entwicklung. Das von der
RLB NÖ Wien zur "Optimierung" verkaufte Produkt entpuppte sich als
ein hochkomplexes Finanzderivat, hinter dem sich eine Kette toxischer
Optionen verbergen. Über das tatsächlich in diesem Swap enthaltenen
Risiko hat die RLB NÖ Wien die Stadt St. Pölten nie aufgeklärt. 2011
klagte St. Pölten daher die RLB NÖ Wien auf Rückabwicklung des
Geschäfts, da die Risiken für St. Pölten nicht erkennbar waren. Bis
Dezember 2013 sind die vertraglich vereinbarten Quartalszahlungen aus
diesem Swap an die RLB geleistet worden. Die mit Ende März 2014
fällige Quartalszahlung sowie alle weiteren Zahlungen für das bis
2027 laufende Geschäft sollen jetzt eingestellt werden. Den
entsprechenden Beschluss dafür, soll der St. Pöltner Gemeinderat auf
Empfehlung des Finanzausschusses der Stadt in seiner nächsten Sitzung
am 31. März fassen.
Anwalt der Stadt zuversichtlich
Wie nun die Bank auf die Einstellung der Zahlungen reagieren wird,
ist ungewiss. Mag. Lukas Aigner, Partner der auf Finanz- und
Anlegerrecht spezialisierten Rechtsanwaltskanzlei Kraft & Winternitz,
die die Stadt St. Pölten in dem Rechtsstreit mit der RLB NÖ Wien
vertritt, hält fest: "Wir sehen einer eventuellen Gegenklage sehr
gelassen entgegen, nicht zuletzt auf Grund der rechtlichen Bewertung
durch die Gemeindeaufsicht, die das Geschäft im Ergebnis für ungültig
erklärt. Außerdem wurde der Swap der Stadt St. Pölten bereits mit
einem extrem hohen negativen Anfangswert verkauft, worüber die Bank
die Stadt nie aufgeklärt hat."
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