- 20.02.2014, 09:46:54
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Trennungsschmerz beim Frühjahrsputz? Die Österreicher zwischen Raumnot und Sammelwut
Wien (OTS) - 10.000 Dinge besitzt jeder Europäer laut dem deutschen
Bundesumweltministerium im Durchschnitt. All diese Dinge nehmen viel
Platz im Leben und in der Wohnung ein. Ein Großteil bleibt jedoch
ungenutzt und kann gerade in Großstadtwohnungen ohne geeigneten
Lagerraum schnell zu Ballast werden. Spätestens wenn der
Frühjahrsputz ansteht, wird deshalb immer wieder der große Vorsatz
gefasst: Ausmisten und Platz schaffen, um sich von alten Lasten zu
befreien oder einfach wieder mehr Raum zum Leben zu haben. Doch was
heben wir auf und warum? Und weshalb sind Dinge nicht zwangsläufig
nutzlos, nur weil sie nicht mehr genutzt werden? Auf dem Blog
"Platzprofessor" (http://platzprofessor.myplace.eu), einer Initiative
der Humboldt-Universität zu Berlin und des Unternehmens
MyPlace-SelfStorage, beschäftigen sich Wissenschaftler und Praktiker
aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln mit dem Umgang mit Dingen und
dem Raum, den sie im Leben ihrer Besitzer einnehmen.
"Die Dinge haben nur den Wert, den man ihnen verleiht" wusste
schon Molière. Auch heute, rund 400 Jahre später, beschäftigen sich
Philosophen, Wissenschaftler und Autoren aus verschiedenen
Perspektiven mit unserem Umgang mit und den Beziehungen zu Dingen.
Die Kulturwissenschaftlerin Annelie Knust untersucht in ihrer
Magisterarbeit "Zum Wegwerfen zu schade?" unter anderem die Frage:
Welche Dinge sind es uns wert sie aufzuheben? Sie geht dabei von drei
Hauptkategorien des Bewahrens aus: Zum einen gibt es Dinge, die man
eindeutig aufbewahrt, zum anderen Dinge, die man eindeutig nicht
aufbewahrt und zum dritten Dinge, über deren Status noch nicht
entschieden wurde. Gerade diese dritte Kategorie birgt die größte
Herausforderung beim Aussortieren.
Aufräumcoach Rita Schilke aus Berlin weiß wie schwierig es werden
kann gerade Dinge, denen wir emotionalen Wert verliehen haben,
loszulassen. "Wer weiß wann man das nochmal gebrauchen kann", ist
dann ein typischer Spruch, mit dem wir das überzählige Teeservice
doch wieder ins Regal stellen oder in seiner Kiste verstauen. In
ihrem Job sieht Rita Schilke tagtäglich, wie die eigentlich geliebten
Dinge ihrer Kunden, ihnen Zuhause "buchstäblich die Luft zum Atmen
nehmen", schreibt Sie in ihrem Blog-Beitrag "Umgang mit Freiraum und
den Dingen - Bericht aus der Praxis eines Aufräumcoaches".
Zu viele Dinge, zu wenig Raum
Auch Annelie Knust stellte fest, dass das tatsächliche "Entsorgen"
ihren Interviewpartnern am schwersten fällt: "[E]s [ist] offenbar
leichter, Abschied von Dingen zu nehmen, wenn man weiß, dass sie noch
einmal einen Gebrauch finden könnten und nicht einfach vernichtet
werden". In der eigenen Wohnung, wird ein Zuviel an Dingen jedoch
schnell belastend. Eine aktuelle Studie des Gallup-Instituts zeigt,
dass einem Viertel der befragten Großstädter in Deutschland,
Österreich und der Schweiz mehr Stauraum auch mehr Wohnkomfort
verschaffen würde.
Doch gerade in den Metropolen sind Stauräume nur sehr begrenzt
verfügbar, stellt die österreichische Sozialwissenschaftlerin Carmen
Keckeis während ihrer Forschung fest: "[...]im Neubausektor scheint
ein Abstellraum oder entsprechender Keller kaum berücksichtigt zu
werden,[da]die Schaffung von Wohnraum zuallererst eine Marktleistung
dar[stellt], die sich nach Kriterien wie Wirtschaftlichkeit und
Rentabilität richtet." Wer zuhause nicht ausreichend Stauraum zur
Verfügung hat, kann beispielsweise ein SelfStorage-Lagerraum nutzen,
ein "Hotel für Dinge, die vorübergehend einen anderen Platz
brauchen", wie Martin Gerhardus, geschäftsführender Gesellschafter
von MyPlace-SelfStorage, seine Lagerräume auch bezeichnet. Es scheint
ein widersprüchliches Verhältnis zwischen zu wenig Raum und unserer
Leidenschaft zum Sammeln und horten, zu geben, doch definieren wir
uns über unsere Dinge. Die Berliner Ethnologin Petra Beck beschreibt
es so: "Wir bewegen uns in Dingwelten. [Und] unser Verhältnis zu den
Dingen wiederum definiert unser Verhältnis zur Welt."
Platzprofessor
Das Blogprojekt Platzprofessor entstand 2011 aus einer Kooperation
des Instituts für Europäische Ethnologie an der Humboldt-Universität
zu Berlin mit dem Lagerraumanbieter MyPlace-Selfstorage und dient
interessierten (Nachwuchs-)WissenschaftlerInnen und
Nicht-WissenschaftlerInnen als Forum für eine qualifizierte
interdisziplinäre Auseinandersetzung mit dem Thema "Platz" und
"Raum". Auch Studierenden, Absolventen oder Lehrstühlen anderer
Universitäten bietet MyPlace-Selfstorage Unterstützung an, wenn
Seminar- oder Abschlussarbeiten zum Thema "Raum" und "Platz" geplant
werden.
Weitere Informationen finden Sie auf:
http://platzprofessor.myplace.eu und www.myplace.eu
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