WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Reformbedürftige Untreue - von Oliver Jaindl
Es bedarf eines Unternehmensstrafgerichts mit Beisitzern aus der Branche
Wien (OTS) - Hinter den Kulissen wird derzeit immer lauter darüber diskutiert, ob der Untreue-Paragraf reformbedürftig ist. Untreu handelt, wer wissentlich (das ist der Knackpunkt) Befugnisse missbraucht, um einem anderen einen Vermögensnachteil zuzufügen. Aus dem Juristendeutsch übersetzt bedeutet das, dass ein Manager, der Vorschriften etwa einer Satzung oder eines Compliance-Codes missachtet und dadurch das Unternehmen schädigt, ins Gefängnis wandern kann.
Der Tatbestand ist die zentrale Strafnorm, die hinter dem unscharfen Begriff "Wirtschaftskriminalität" steht. Nicht zuletzt deswegen lauteten die meisten Anklagen - ob im Fall Telekom oder Immofinanz -auf Untreue. Und es könnte sein, dass die Diskussion um eine "Reformierung" des Tatbestandes in einigen Wochen richtig losgeht, falls Sundt & Co. im Schillerplatz-Fall freigesprochen werden.
Doch wie sollte ein neuer Untreue-Paragraf aussehen? Aus Unternehmersicht ist zu sagen, dass es wohl für viele unverständlich wäre, wenn auch riskante Geschäfte oder Misserfolg durch ein sich verdichtendes Rechtsempfinden in der Legistik zu Strafen führten. Es kann auch nicht sein, dass pro futuro jede noch so kleine Entscheidung erst von Anwalt oder Rechtsabteilung abgesegnet werden muss.
Dennoch ist klar, dass Malversationen am Rücken von Gesellschaftern, Anlegern oder der Allgemeinheit (im Konkursfall) sanktioniert werden müssen. Doch kann man das, worum es hier geht, wirklich formalistisch am "wissentlichen Befugnismissbrauch" festmachen? Ein Manager kann viel Schaden anrichten, ohne Befugnisse zu missbrauchen. Daher: Der Gesetzgeber sollte Verhalten sanktionieren, das dem Handeln eines sorgfältigen Geschäftsmannes wirklich grob entgegensteht. Er soll auch bedenken, dass sich Untreue im Vorhof des Betrugs abspielt bzw. es oft um den "geschickten" Griff in die Kassenlade geht. Und all diese Aspekte einer neuen Strafnorm, die dann gar nicht mehr "Untreue" heißen muss, sollen vor einem Unternehmensstrafgericht mit Richter-Beisitzern aus der Branche erörtert werden.
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