- 15.01.2014, 12:31:33
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Presserat obsiegt in erster Instanz gegen Tageszeitung "Österreich"
Entscheidung des HG Wien
Utl.: Entscheidung des HG Wien =
Wien (OTS) - Der Presserat hat den Prozess vor dem Handelsgericht
Wien, den die Tageszeitung "Österreich" gegen diesen angestrengt hat,
auf ganzer Linie gewonnen: Die Unterlassungsklage wurde zur Gänze
abgewiesen (HG Wien 10 Cg 44/12v-17).
Die Tageszeitung wollte mit der Klage erreichen, dass der Presserat
Artikel von "Österreich" nicht mehr medienethisch bewerten darf. Sie
hat damit argumentiert, dass der Presserat in den Wettbewerb
eingreife und sich staatliche Gewalt anmaße. Die Zeitung hat nun die
Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen gegen das Urteil zu berufen.
Das Urteil im Detail
Das Handelsgericht hält in seinem Urteil fest, dass die Verfahren vor
dem Presserat verschiedene Medien betreffen und auch andere Medien
ähnlich häufig mit der Tätigkeit des Presserats konfrontiert seien
wie die Tageszeitung "Österreich". Der Presserat sei in diesem
Zusammenhang unabhängig und unbeeinflusst.
Laut Gericht diene der Presserat der Förderung der Pressefreiheit, er
handle nicht im geschäftlichen Verkehr. Der Presserat habe kein
eigenes wirtschaftliches Interesse an seinen Handlungen. Eine Klage
nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb scheide daher aus.
Selbst wenn man davon ausgehe, dass die Veröffentlichungen des
Presserats fremden Wettbewerb fördern, sei dies eine bloße
Begleiterscheinung des eigentlichen Zwecks, der in der
Selbstkontrolle der österreichischen Presse anhand der ethischen
Prinzipien des Ehrenkodex für die österreichische Presse bestehe, so
das Gericht weiter.
Das Gericht konnte nicht feststellen, dass es dem Presserat auch nur
im Mindesten darauf ankomme, den Wettbewerb bestimmter Medien zu
fördern oder andere Medien zu behindern. Gegenüber der Tageszeitung
"Österreich" sei der Presserat laut Gericht zurückhaltend
vorgegangen; in den 230 Fällen, mit denen sich der Presserat von
November 2010 bis Ende 2012 beschäftigte, betrafen lediglich 26 das
Druckwerk "Österreich"; in nur sechs dieser 26 Fälle stellte der
Presserat Verstöße gegen den Ehrenkodex fest. Im Urteil heißt es
wörtlich: "Diese Zurückhaltung [...] erscheint im Hinblick auf die
häufig boulevardhafte Aufmachung des von "Österreich" verbreiteten
Druckwerks und die damit verbundene mehr der Unterhaltung des
Publikums denn der sachlichen Information verpflichteten Blattlinie
nicht selbstverständlich."
Des Weiteren führte das Gericht aus, dass die Presseaussendungen des
Presserates über seine Entscheidungen nicht den Eindruck erwecken, es
handle sich beim Presserat um eine Behörde. Der Hinweis darin auf die
Organisation des Presserates in "Senaten" reiche nicht aus, um einen
behördlichen Eindruck auch nur einigermaßen zu begründen.
Das Verhalten des Presserats sei nach Ansicht des Gerichts auch nicht
geeignet, die Geschäftstätigkeit der Zeitung zu behindern oder in
deren Persönlichkeitsrechte einzugreifen: Auflagenstarke Medien, die
in die politische Auseinandersetzung eingreifen, seien selbst nicht
gegenüber mit reißerischen Aussagen vorgetragenen politischen
Gegenangriffe geschützt, weil diese ihr Fortkommen nicht gefährden.
Die sachliche Äußerung der Meinung, ein Artikel sei mit dem
Ehrenkodex nicht vereinbar, könne eine Zeitung erst recht nicht in
ihrem Fortkommen gefährden. Es bestehe kein Zweifel, dass es jedem
zustehe, über Inhalt und Qualität von im Druckwerk "Österreich"
erschienenen Artikeln zu urteilen und seine Meinung öffentlich zu
äußern. Ein Grund, dieses Recht just im Falle des Presserates zu
beschränken, habe das Beweisverfahren nicht ergeben.
"Österreich" verweise zwar auf eine angeblich mit konkurrierenden
Medien konzertierte Handlungsweise des Presserates, habe nach
Auffassung des Gerichts dazu aber keine geeigneten Beweise erbracht,
das Beweisverfahren habe vielmehr nur Indizien für die Objektivität
des Presserates geliefert.
Zusammenfassend merkt das Gericht an, dass weder ein
wettbewerbswidriges Verhalten noch eine Persönlichkeitsverletzung
vorliege, der Presserat in der Öffentlichkeit nicht den Eindruck
erwecke, eine Behörde zu sein und dieser die Tageszeitung
"Österreich" auch nicht in die Irre führe.
Da die Äußerungen des Presserats nicht beleidigend seien, keine
falschen Behauptungen enthalten und in ihrer Kritik nicht über das
notwendige Maß hinausgehen, hat das Handelsgericht Wien das
Klagebegehren als unberechtigt eingestuft und vollständig abgewiesen.
Reaktion von Präsident Bronner
Oscar Bronner, der Präsident des Presserates, ist über das Urteil
sehr erfreut: "Das Handelsgericht hat die Unabhängigkeit, die
Objektivität und die ideelle Zielsetzung des Presserats bestätigt und
ist der absurden Argumentation der Tageszeitung "Österreich", der
Presserat stehe mit ihr in einem Wettbewerbsverhältnis, nicht
gefolgt."
Die Entscheidung des HG Wien ist unter www.presserat.at abrufbar
(Punkt "Aktuell").
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