• 13.12.2013, 10:38:30
  • /
  • OTS0067 OTW0067

Wiener Entdeckung bringt weltweit Hoffnung für Millionen PatientInnen mit Myeloproliferativen Neoplasien

WissenschaftlerInnen des CeMM und der MedUni Wien entschlüsseln genetische Mutation, die für rund 15 Prozent der Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) verantwortlich ist

http://www.apa-fotoservice.at/galerie/4991/ Im Bild
v.l.n.r.: Giulio Superti-Furga (Wissenschaftlicher Direktor CeMM
Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften), Heinz Gisslinger (Co-Autor, Klinische
Abteilung für Hämatologie und Hämostaseologie, Universitätsklinik
für Innere Medizin), Robert Kralovics (Studienleiter,
Forschungsgruppenleiter am CeMM), Markus Müller (Vizerektor der
Medizinischen Universität Wien)

Utl.: WissenschaftlerInnen des CeMM und der MedUni Wien
entschlüsseln genetische Mutation, die für rund 15 Prozent der
Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) verantwortlich ist =

Wien (OTS) - Die Wiener Entdeckung einer Genmutation, die für rund 15
Prozent der Blutbildungsstörungen Myeloproliferative Neoplasien (MPN,
eine Art "Blutkrebs") verantwortlich ist, war ein vielbeachtetes
Highlight beim weltweit wichtigsten Hämatologie-Kongress, dem
Jahrestreffen der American Society of Hematology (ASH), das von 7.
bis 10. Dezember 2013, in New Orleans, USA stattfand. Die
Forschungsergebnisse der Gruppen um Robert Kralovics, am CeMM
Forschungsinstitut für Molekulare Medizin der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften (CeMM) und Heinz Gisslinger, an der
Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien), revolutionieren die
Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten für Millionen betroffener
Patienten weltweit.

Diese wurden am 10. Dezember 2013 im renommierten New England
Journal of Medicine publiziert und am 13. Dezember 2013 im Rahmen
einer Pressekonferenz in Wien präsentiert. Giulio Superti-Furga,
Wissenschaftlicher Direktor des CeMM bei der Pressekonferenz: "Die
Entdeckung von Kralovics und Gisslinger ist einer der wichtigsten
Befunde in der Krebsforschung der vergangenen 20 Jahre in Österreich.
Er ist umso bedeutender, weil dieser unmittelbar anwendbar ist und
Millionen PatientInnen weltweit durch die neuen Erkenntnisse
zielgerichteter therapiert werden können."

MPN sind eine Gruppe von Bluterkrankungen, die durch die exzessive
Produktion von Blutzellen, wie den roten Blutkörperchen oder
Blutplättchen, charakterisiert werden. PatientInnen mit MPN leiden
häufig unter Thrombosen und entwickeln in manchen Fällen schwer
behandelbare Leukämien. Obwohl die Zahl der jährlich neu
diagnostizierten Fälle niedrig ist (0,4 Fälle pro 100.000 Einwohner,
pro Jahr), ist die Gesamtzahl der durch die langjährige chronische
Erkrankung betroffenen PatientInnen dennoch hoch. Insgesamt wird die
Zahl der MPN-PatientInnen in der EU auf rund 300.000 geschätzt.

Entdeckung des veränderten Gens erlaubt präzise Diagnosen für
MPN Patienten

MPN trat erstmals 2005 durch die Entschlüsselung einer Mutation
des Gens Janus Kinase 2 (JAK2) in den Brennpunkt des Interesses der
Krebsforschung. Die Entdeckung der Mutation durch Robert Kralovics
lieferte die Erklärung für die Ursache von MPN in rund 75 Prozent der
MPN-PatientInnen. Die JAK2 Mutation spielt heute eine wesentliche
Rolle in der Diagnose von MPN. Des Weiteren werden JAK2 Inhibitoren
als Therapie für MPN-PatientInnen eingesetzt.
Die verbleibenden 25 Prozent der PatientInnen konnte von dieser
Entdeckung jedoch nicht profitieren, weil deren MPN nicht durch JAK2
Mutationen verursacht wurden. Die Forschungsgruppe um Robert
Kralovics am CeMM hat sich auf diese Gruppe von Patienten fokussiert,
die an der MedUni Wien von Professor Gisslingers Gruppe
diagnostiziert und behandelt wurde. Zusätzlich konnte durch eine
Kollaboration mit Mario Cazzola, an der Universität Pavia in Italien,
weitere Patienten in das Forschungsprojekt inkludiert werden.

Der Einsatz von "Next-Generation Sequencing", eine Technik die es
ermöglicht im Hochdurchsatz das Erbgut von betroffenen Patienten zu
entziffern, verhalf dem Forscherteam zur Entdeckung einer Mutation,
die jenes Gen betrifft, welches das Protein Calreticulin kodiert
(CALR). Diese Mutation trägt daher zum wesentlichen Verständnis der
molekularen MPN Pathogenese bei. Zusätzlich hat die Forschungsarbeit
ergeben, dass MPN Patienten mit einer CALR Mutation ein geringeres
Risiko aufweisen an Thrombose zu erkranken und eine höhere
Überlebensrate haben als Patienten mit einer JAK2 Mutation.
Demnach haben MPN-PatientInnen mit einer CALR Mutation einen milderen
Krankheitsverlauf als Patienten mit einer JAK2 Mutation. Koautor der
Publikation, Heinz Gisslinger, Hämatologe an der MedUni Wien: "MPN
Patienten mit einer CALR Mutation können weniger aggressiv therapiert
werden als Patienten, bei denen eine JAK2 Mutation festgestellt
wurde. Das bringt enorme Vorteile für diese Patienten, da eine
aggressive Behandlung hier nicht notwendig ist."

PatientInnen mit einer CALR Mutation profitieren unmittelbar
von der Entdeckung

Durch die Entdeckung der CALR Mutation konnte ein diagnostischer
Test entwickelt werden von dem betroffene Patienten einen
unmittelbaren Nutzen haben. Die Entdeckung ist eine spannende
Herausforderung für das CeMM, Robert Kralovics, Senior Autor und
Gruppenleiter am CeMM: "Wir arbeiten nun daran, den Mechanismus zu
verstehen, wie eine CALR Mutation zu MPN führen kann und werden uns
mit allen Mitteln darauf konzentrieren, Möglichkeiten für neue
Therapien zu erarbeiten. Diese können immunologisch sein, oder durch
kleine Substanzen erfolgen."

Die Wissenschaftler des CeMM und der MedUni Wien nehmen mit der
neuen Entdeckung erneut eine führende Rolle in der internationalen
Spitzenforschung ein. Entsprechend groß ist die Resonanz der
wissenschaftlichen Gesellschaft und der Interessenvertretungen, allen
voran der amerikanischen Patientenvereinigung der MPN Research
Foundation, die wesentlich zur Finanzierung des Wiener
Forschungsprojektes beigetragen hat. Präsidentin Barbara Van Husen
betont: "Robert Kralovics Entdeckung der CALR Mutation bringt
Hoffnung für viele Myelofibrose-PatientInnen, für die bisher keine
Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung standen und die mit einer
ungewissen Langzeitprognose leben mussten. Wir von der MPN Research
Foundation sind stolz, dass wir die Forschung von Robert Kralovics
unterstützen konnten und freuen uns auf die neuen
Behandlungsmöglichkeiten, die nun für die betroffenen Patienten
entwickelt werden können."

Wo Grundlagenwissenschaft auf klinische Forschung trifft und
Großes leisten kann - Zusammenarbeit der MedUni Wien und des CeMM

Das CeMM und die MedUni Wien arbeiten seit rund acht Jahren
gemeinsam daran, die molekularen Ursachen für wichtige Gruppen von
Krankheiten zu finden. Ziel dieser Zusammenarbeit von
Grundlagenforschung und Klinik ist es, eine personalisierte Medizin
voranzutreiben und entsprechend der genetischen Ursachen
zielgerichtete Therapien zu entwickeln. Markus Müller, Vizerektor für
Forschung an der MedUni Wien: "Die Möglichkeit, das Genom zu
interpretieren, muss sich in verbesserten Diagnose- und
Behandlungsmöglichkeiten widerspiegeln. Die Entdeckung von Kralovics
und Gisslinger ist ein Erfolgsbeispiel für den neuen
molekularmedizinischen Zugang in der Medizin."

Angesichts dieser Entdeckung sind die MedUni Wien und das CeMM für
weitere Erfolgsgeschichten optimistisch. "Die Art der Zusammenarbeit
zwischen Systemmedizin und Molekularmedizinischer Forschung, von
Klinik und Grundlagenforschung wird in Zukunft einen noch größeren
Stellenwert einnehmen", so Markus Müller. Giulio Superti-Furga
ergänzend: "Ergebnis können Entdeckungen wie diese sein. Man muss
sich vorstellen, dass ab der Bekanntgabe im Dezember 2013,
Behandlungen in hämatologischen Ambulanzen und Spitälern weltweit auf
einer Diagnose basieren, die in Wien gefunden wurde. Wir sprechen
hier von geschätzten vier Millionen Menschen weltweit, die an MPN
erkrankt sind."

CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) - Kurzprofil

Das CeMM ist eine internationale, unabhängige und
interdisziplinäre Forschungseinrichtung für molekulare Medizin. "Aus
der Klinik für die Klinik" - orientiert sich das CeMM an den
medizinischen Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung mit
klinischer Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische
Ansätze zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs,
Entzündungen und Immunstörungen. Infos: www.cemm.oeaw.ac.at.

Medizinische Universität Wien (MedUni Wien) - Kurzprofil

Die Medizinische Universität Wien ist eine der traditionsreichsten
medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit fast
7.500 Studierenden ist sie heute die größte medizinische
Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit ihren 29
Universitätskliniken, 12 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen
hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten
biomedizinischen Spitzenforschungseinrichtung Europas. Für die
klinische Forschung stehen über 48.000m2 Forschungsfläche zur
Verfügung.

Weitere Bilder unter: http://www.apa-fotoservice.at/galerie/4991/

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | MEU

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel