• 20.11.2013, 18:48:16
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"Kleine Zeitung" Leitartikel: "Spätes Geständnis macht Schwindelei nicht besser" (Von Adolf Winkler)

Ausgabe vom 21.11.2013

Utl.: Ausgabe vom 21.11.2013 =

Graz (OTS/Vorausmeldung) - Eine Kronzeugenregelung, die ihn vor
Strafe bewahrt, wird Josef Kircher nicht bekommen. Am Montag erklärte
er sich für unschuldig, gestern erfasste den Ex-Hypo-Manager beim
Prozess über den Vorzugsaktiendeal 2006 der Kärntner Skandalbank die
Reue. Geständig packte er aus, alle hätten vom Schwindel mit falschem
Eigenkapital, an dem Promis verdienten, gewusst.

Für eine mildere Strafe reicht das allemal. Nicht zufällig heißt der
Anwalt Kirchers Richard Soyer. Der vertritt auch den Steuerberater
Dietrich Birnbacher, der für ein Pimperl-Gutachten zum Hypo-Verkauf
sechs Millionen Euro kassierte.

Im Prozess gegen Ex-ÖVP-Landesrat Josef Martinz ließ Birnbacher nach
erstem Leugnen mit einem Geständnis die Bombe platzen, dass man das
Geld mit Jörg Haider zu dritt aufteilen sollte. Birnbacher wurde
dafür zu drei Jahren Haft, davon ein Jahr bedingt, verurteilt - sein
Anwalt Soyer berief gegen die Strafhöhe. Der OGH wird erst
entscheiden.

Nicht zuletzt der Telekom-Skandal hat gezeigt, dass viele kriminelle
Machenschaften erst dann aufgedeckt und strafrechtlich geahndet
werden können, wenn aus dem inneren Täterkreis das Schweigen und
Lügen durchbrochen wird. Zahlreiche Angeklagte vom Werbeagenten
Gernot Rumpold bis zum Lobbyisten Peter Hochegger fassten nur deshalb
(nicht rechtskräftige) Haftstrafen aus, weil der
Ex-Telekom-Controller Gernot Schieszler umfassend auspackte.

Dank der Kronzeugenregelung, die ihm das Strafgericht zuerkannte, kam
Schieszler selbst mit einer Diversion - Teilwiedergutmachung von
300.000 Euro Schaden und 120 Stunden gemeinnützige Arbeit -
glimpflich davon.

Kircher ist mit seinem Geständnis der Erste, der die Mauer des
Schweigens in der einstigen Führungsclique bei der Hypo durchbricht.
In allen bisherigen Prozessen hat noch keiner den Mumm gehabt,
auszupacken. Bei Kircher ist aber auch die Beweislage derart
erdrückend, dass er wohl nur die Flucht nach vorne gesucht hat. Rund
ein Dutzend Mal hat er eigenhändig jene Put-Optionen unterschrieben,
die prominente Investoren von Ingrid Flick und ihrer Stiftung bis
Ronny Peciks Unaxis Stiftung garantierte Gewinne zuschanzten.

Die Bank selbst frettete hingegen mit aus der Sicht der Anklage
getürktem Eigenkapital dahin. Kirchers Aussage, dem Hypo-Management
wäre klar gewesen, "es ist eine Schwindelei, mit der man sich bis
2009 hinüberrettet", lässt einem nachträglich die Grausbirnen über
die katastrophale Qualität der Bankführung aufsteigen. ****

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