• 16.10.2013, 11:56:17
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Wiener Ärztekammer empfiehlt veraltete Vorsorgeuntersuchungen

ExpertInnen warnen vor einer Verunsicherung der PatientInnen und unnötigen Untersuchungen

Utl.: ExpertInnen warnen vor einer Verunsicherung der PatientInnen
und unnötigen Untersuchungen =

Wien (OTS) - WissenschafterInnen und ÄrztInnen der renommierten
Cochrane Collaboration, des Austrian International Screening
Committees und des Österreichischen Netzwerks Evidenzbasierter
Medizin äußern sich besorgt über kürzlich herausgegebene
Vorsorgeempfehlungen der Wiener Ärztekammer
(www.gesagt-getan-vorgesorgt.at). Einige der Empfehlungen weichen
laut den ExpertInnen deutlich von internationalen Standards ab - mit
nachteiligen Folgen für die PatientInnen.

"Manche Vorsorgeempfehlungen der Wiener Ärztekammer waren vor zehn
bis 15 Jahren aktuell, entsprechen mittlerweile aber nicht mehr dem
letzten Stand der Wissenschaft", sagt Univ. Prof. Dr. Gerald
Gartlehner, Direktor der österreichischen Cochrane Zweigstelle.
"Studien deuten darauf hin, dass zum Beispiel die regelmäßige
Selbstuntersuchung der Brust, Mammographien ab 40 oder regelmäßige
Prostata-Tastuntersuchungen wegen vieler falsch positiver Befunde
mehr Schaden als Nutzen verursachen können", so Gartlehner weiter.
Dr. Franz Piribauer, Sprecher des Austrian International Screening
Committee ergänzt: "Eine objektive Information von PatientInnen über
Nachteile von Vorsorgeuntersuchungen ist unumgänglich, was bei
der Kampagne der Wiener Ärztekammer völlig außer Acht gelassen wird".

Konkret beurteilen die ExpertInnen folgende von der Wiener
Ärztekammer empfohlenen Untersuchungen als problematisch:

- Mammographie zur Brustkrebs-Früherkennung ab 40 Jahren: Dies ist
international nicht mehr üblich. Im neuen österreichischen
Früherkennungsprogramm werden Mammographien ab 45 Jahren empfohlen,
in den meisten anderen Ländern ab 50 Jahren.

- Regelmäßige Selbstuntersuchung der Brust: Wegen vieler "falscher
Alarme" wird die Selbstuntersuchung nicht mehr empfohlen, die U.S.
Preventive Services Task Force spricht sich explizit dagegen aus.

- Hormonstatus beim Mann: Eine Erhebung des Hormonstatus als
Vorsorgeuntersuchung wird allgemein nicht empfohlen.

- Früherkennungsuntersuchung nach Hodenkrebs: Internationale
Organisationen sprechen sich explizit gegen
Früherkennungsuntersuchungen nach Hodenkrebs aus.

- PSA-Test und Tastbefund der Prostata: Diese Untersuchungen sind
wissenschaftlich äußerst umstritten und sollten nicht generell für
alle Männer ab 40 Jahren empfohlen werden. Sie werden auch nicht in
der österreichischen "Vorsorgeuntersuchung neu" berücksichtigt.

Für gesunde Frauen und Männer, die Vorsorgeuntersuchungen nutzen,
bedeuten diese Empfehlungen nach Ansicht der ExpertInnen ein erhöhtes
Risiko für nicht notwendige Folgeuntersuchen und Therapien.
Univ. Prof. Dr. Andrea Siebenhofer-Kroitzsch, Sprecherin des
Österreichischen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin fasst die
Problematik zusammen: "Prävention ist wichtig, aber jede Untersuchung
hat Vor- und Nachteile, die Nutzen und Schaden generieren. Deshalb
müssen wir bei Vorsorgeuntersuchungen, genauso wie in der
therapeutischen Medizin, evidenzbasiert, das heißt nach letztem Stand
der Wissenschaft vorgehen und abwägen. Das erwarten unsere
PatientInnen und das sind wir Ihnen als ÄrztInnen schuldig."

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

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