• 12.09.2013, 19:11:35
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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Riesen-Lkw rollen auch für unseren Konsumwahn" (Von Johannes Kübeck)

Ausgabe vom 13.09.2013

Utl.: Ausgabe vom 13.09.2013 =

Graz (OTS/Vorausmeldung) - Zweieinhalb Wochen vor der
Nationalratswahl geschieht nichts mehr aus Zufall. Es gibt keinen
aktuellen Anlass, sich über die zulassung der riesigen Gigaliner für
Österreichs Autobahnen zu erregen, sondern nur wahltaktische
Spielchen von Parteien. In diesem Fall geht es um eine höchst
durchsichtige Unterstützung des Wiener Boulevards für die wegen der
Plakataffäre in Bedrängnis geratene SPÖ.

Dabei wäre das Thema Gigaliner durchaus geeignet für einen
ernsthaften Diskurs und es ist schade, dass der Wahlkampf derlei
verhindert. Noch größere Lkw zuzulassen, damit zum Beispiel
Paradeiser schneller und billiger - und vielleicht umweltfreundlicher
- von Holland nach Griechenland gelangen, ist etwas, das die Menschen
wirklich interessiert und kein abgehobenes Orchideenthema.

Noch mehr Verkehr im transitgeplagten Österreich zu verhindern, ist
ein durchaus rechtschaffenes Anliegen, das allerdings nicht
eindimensional behandelt werden sollte. So wäre es fast unredlich,
dabei die Ursachen des überhandnehmenden Lkw-Verkehrs zu vertuschen.
Die Industrie, der handel und die Frächter schicken die Lastzüge
nicht zum Spaß über den Kontinent, sondern im Interesse der
Konsumenten. Natürlich wollen sie dabei - oft auch auf Kosten von
Arbeitnehmern und Umwelt - möglichst gut verdienen. Aber erst das
Verhalten von uns Konsumenten macht den Gütertransport - und seine
Folge, den Stau, zum Geschäft.

So viel Ehrlichkeit ist bei einem zivilisierten Diskurs angebracht.
Auch wenn unser Wunsch, alles und jedes jederzeit zu haben, durch die
Werbung der Konsumgüterindustrie ferngesteuert sein mag, hindert uns
niemand daran, mündige und kritische Konsumenten zu sein. Und: Nicht
nur der Konsumwahn verursacht den täglichen Verkehrswahn, sondern
auch dessen Gegenseite, die unnötigen Verpackungen, füllen die Lkw.

Zur Ehrlichkeit bei diesem Thema gehört auch eine andere unangenehme
Wahrheit. Der Ruf der Wirtschaft nach den Gigalinern ist in diesem
Umfeld auch eine Reaktion auf das Versagen der Regierungen beim
Ausbau der Bahn. Sowohl die EU als auch ihre Mitgliedsländer haben
die verkehrspolitische Bedeutung der Öffnung Osteuropas komplett
verschlafen. Und die Bürger und Wähler sind stumm geblieben.

Ob die Bahn in Europa je wieder Marktanteile gewinnen kann, ist
ungewiss. Das aber bedeutet im Umkehrschluss ganz einfach noch mehr
Chaos auf den Straßen - mit Gigalinern und auch ohne sie. ****

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PKZ

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