- 22.08.2013, 13:30:31
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Tiroler Bauern um 165 Jahre zurückgeworfen!
Obsteig (OTS) - Politik und Rechtsstaat in Österreich haben mit der
unbegründeten Abänderung des Begriffs Gemeinschaftseigentum in
atypisches Eigentum der politischen Gemeinde 245 Tiroler
Agrargemeinschaften in sogenannte Gemeindeguts-Agrargemeinschaften
umgewandelt. Diese Agrargemeinschaften und damit ca. 15.000
Mitglieder und Miteigentümer dieser 245 sogenannten
Gemeindegut-Agrargemeinschaften werden neuerdings mit einer
100%-Abgabe auf Substanzerträge belegt.
6.700 TirolerInnen haben sich in Form einer Bürgerinitiative an das
Parlament gewandt. Die Unterstützer fordern in ihrem Antrag die
Novellierung des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 nach (VfGH)
VfSlg. 9336/1982. Unverständlicherweise wurden alle bisherigen
Ersuchen, Bitten und Forderungen der betroffenen Bürger um rechtlich
fundierte, wissenschaftliche Aufarbeitung und Klärung der Tiroler
Eigentumsentwicklung seit 1847 von Politik, Behörden und der
österr. Rechtssprechung kategorisch abgelehnt.
Das Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft würdigte die
Anliegen der 6.700 TirolerInnen lediglich in einer knappen
Stellungnahme. Die Kernfrage, warum eine wissenschaftlich fundierte
historische Aufarbeitung kategorisch abgelehnt wird, wurde wie immer
unbeantwortet gelassen.
Die Stellungnahme des Bundesministeriums kann aus Sicht der
betroffenen Agrargemeinschaften auf zwei Kernaussagen reduziert
werden:
- Die agrargemeinschaftlichen Grundstücke dieser 245
Agrargemeinschaften seien trotz grundbücherlicher Zuordnung zu den
Agrargemeinschaften eigentlich immer Eigentum der Gemeinden gewesen
und geblieben. Die anders lautenden Urkunden der Bauern werden nicht
geprüft, weil in den Regulierungsbescheiden festgestellt wurde: die
agrargemeinschaftlichen Liegenschaften sind agrargemeinschaftliche
Grundstücke gemäß § 36 Abs. 2 lit. d TFLG 1952 und stehen im Eigentum
der Agrargemeinschaft. Unverständlich für die betroffenen Bauern ist,
dass der erste Halbsatz rechtlich bindend sein soll, während die
eigentliche Kernaussage im zweiten Halbsatz rechtlich nicht bindend
sei. Mit dem zweiten Halbsatz sei sowieso nur "nacktes Recht"
übertragen, nicht aber echtes Eigentum, behauptet die zuständige
Agrarbehörde.
- An sich seien die Agrargemeinschaften Tirols selber schuld, weil
sie auf ihren agrargemeinschaftlichen Grundstücken gegen Entgelt
gewerbliche Betriebe, Wohnbauten, Handymasten u.a. errichten ließen,
weil sie gegen Entgelt Lifte und Schiabfahrten errichten ließen und
weil sie von den politischen Gemeinden ebenfalls Entgelt genommen
haben für infrastrukturelle Einrichtungen usw. .
"Nach Auffassung des BMLFUW bieten die derzeit geltenden Bestimmungen
des TFLG 1996, in Zusammenhalt mit der mittlerweile vorhandenen
Judikatur der Gerichtshöfe, ausreichend Grundlage für die
Entscheidungen der Agrarbehörden", so der Schlusssatz der
Ressortstellungnahme. In der Tiroler Praxis heißt das, die
Agrarbehörde versucht unter Androhung hoher Geldstrafen (Beugestrafen
für die jeweiligen Obleute) das angebliche Substanzrecht (100%
Steuer) der politischen Gemeinde durchzusetzen und wundert sich über
den nicht abnehmenden Widerstand der Bauern. Zumal die widerständigen
Bauern sich auf öffentliche Aussagen namhafter Rechtswissenschaftler
berufen können.
Beispielhafte Aufzählung:
Tirol:
Em. o. Univ.-Prof. Dr. Peter Pernthaler:
"Im Jahre 1982 hat sich der Verfassungsgerichtshof auf den
offenkundig falschen Rechtsstandpunkt gestellt."
Em.o.Univ.-Prof. Dr.Dr.hc Fritz Raber:
"Der Verfassungsgerichtshof hat 1982 den falschen Rechtssatz
aufgestellt, dass Gemeindegut notwendig Eigentum einer Ortsgemeinde
gewesen sei."
Wien:
ao.Univ.-Prof.Dr. Gerald Kohl:
"1847 entstand gemeinsam genutztes Privateigentum."
em. O. Univ.-Prof. Dr. Theodor Öhlinger:
"Rund 160 Jahre nach der durchgreifenden Neuordnung des
Forsteigentums in Tirol ist der Streit um die Wälder neuerlich
entbrannt."
Vorarlberg:
em.o.Univ.-Prof. Dr. Josef Kühne
"Ich spreche deshalb nur von einem Verkenntnis."
derselbe:
"Atypisches Gemeindegut existiert nicht, das kann man nicht finden,
sondern nur erfinden."
Tirols Kulturgeschichte, besonders der vergangenen beiden
Jahrhunderte, sollte daher dringend aus historischer und rechtlicher
Sicht wissenschaftlich aufbereitet werden, um Klarheit und
Grundlagen für einen dauerhaften Rechtsfrieden im Tiroler Agrarstreit
zu schaffen.
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