- 21.08.2013, 18:15:31
- /
- OTS0217 OTW0217
WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Geiz ist alles andere als geil - von Günter Fritz
Sichere und gesunde Lebensmittel brauchen einen entsprechenden Preis
Utl.: Sichere und gesunde Lebensmittel brauchen einen entsprechenden
Preis =
Wien (OTS) - Der jüngste Skandal um tiefgekühlte Billigheidel- und
-himbeeren aus Osteuropa - siehe das gestrige und heutige
WirtschaftsBlatt - ist zwar vorläufig nur ein italienischer und hat
Österreich bis jetzt noch nicht erreicht. Dennoch ist er
symptomatisch für den Umgang Europas mit Lebensmitteln. Nicht nur,
dass die Kontrollsysteme trotz regelmäßig auftretender
gesundheitsgefährdender Schlampereien, Täuschungen oder Betrügereien
nach wie vor unzureichend und unübersichtlich sind und akuter
Handlungsbedarf der politisch Verantwortlichen besteht. Der Skandal
macht auch die tiefer gehende Grundproblematik deutlich. Die
Herangehensweise der Menschen an Nahrungsmittel ist offenbar vor
allem eine preisgetriebene. Denn was der Einzelne als Genuss
versteht, ist ebenso individuell unterschiedlich wie Geschmack an
sich. Sushi oder vegetarisches Essen mögen zwar bei Städtern en vogue
sein, für die Masse ist das Wiener Schnitzel - vorzugsweise vom
Schwein - nicht nur sonntags weiter das Lieblingsgericht. Wer viel
Fleisch isst, zeigt, dass er wohlhabend ist. Diese Einstellung hat
sich seit den mageren Nachkriegszeiten quer durch alle Länder im
öffentlichen Bewusstsein verfestigt.
Fleisch muss billig sein, damit sich dieses Statussymbol auch alle
leisten können; aber selbst Wohlhabendere schauen bei der Nahrung auf
den Preis. Wenn es um Kleidung, Auto oder Technik geht, werden oft
keine Kosten gescheut, beim Essen tun es auch Billigfleisch, -gemüse
oder -obst aus dem Supermarktregal. Ein Trend, der vom Handel mit
aggressiven Marketingaktionen auch immer wieder bewusst angeheizt
wird. Stichwort: Geiz ist geil. Für Lebensmittel darf dieses Motto
aber nicht gelten. Nicht umsonst betonen verantwortungsbewusste
Produzenten seit Jahren, dass sichere und gesunde Nahrungsmittel
einen entsprechenden Preis brauchen, um unter nachhaltigen,
artgerechten und arbeitsplatzsichernden Bedingungen hergestellt
werden zu können. Für Billigprodukte gilt das in der Regel nicht; da
geht es nur um die Kosten und darum, wie für Erzeuger und Händler
trotzdem noch eine Marge herausschaut. Dass vor dem Hintergrund immer
wieder unlautere oder kriminelle Machenschaften passieren, verwundert
eigentlich nicht. Für die Politik heißt es also, nicht nur die
Kontrollsysteme und Strafen zu verschärfen, sondern für einen
grundlegenden Bewusstseinswandel einzutreten.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PWB