- 12.08.2013, 19:29:40
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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Die taktische Entsorgung eines Wahlkampfthemas" (Von Thomas Götz)
Ausgabe vom 13.08.2013
Utl.: Ausgabe vom 13.08.2013 =
Graz (OTS/Vorausmeldung) - Der heiß umfehdete Entwurf zum neuen
Lehrerdienstrecht geht nun ohne Einigung mit den Gewerkschaften und
ohne Ministerratsbeschluß in die Begutachtung. Man kann das wahlweise
als geschickten Schachzug oder als Notbremsung sehen.
Die Regierung neigt naturgemäß zur ersten Sichtweise. Man konnte
Entschlossenheit, ja Einigkeit zeigen, wo es keine gibt. Und man hat
knapp vor der Wahl gefährlichen Sprengstoff entsorgt. Das sieh aus
wie Tatkraft und Gestaltungswille, und das ist gut für die Wahl.
Wahrscheinlich war die Operation aber einfach eine Notbremsung. Der
Dauerkonflikt drohte, alle Beteiligten zu beschädigen. Die SPÖ konnte
die ÖVP zwar lustvoll als Zauderer und Reformverhinderer vorführen,
zugleich aber blieb auch an ihrer Ministerin etwas hängen. Claudia
Schmied war als Verhandlungsführerin am Scheitern ja beteiligt.
Für die ÖVP war die Notbremsung noch dringlicher. Lange hätte sie den
Spagat zwischen ihren Gewerkschaftern und jenen Teilen der Partei,
die sich weitreichende Reformen der Mittelschule vorstellen können,
ja wünschen, nicht mehr ausgehalten. Da ist Zeitgewinn schon fast ein
Sieg, zumindest aber keine Niederlage.
In Wahrheit hat sich die Zwickmühle für die ÖVP nur auf der Zeitachse
nach hinten verlagert, sie wird also nach der Wahl zuschnappen. Da
von einer inhaltlichen Einigung keine Spur zu bemerken ist, wird die
Partei sich im Herbst gegen ihre Gewerkschafter stellen müssen und
damit eine getreue Klientel verärgern. Oder sie spielt das alte Spiel
weiter und setzt sich damit dem Vorwurf aus, vor der Wahl nur
taktisch zugestimmt zu haben.
Der Vorgang hat noch einen Vorzug für die Regierung. Über dem Getöse
um Gehalt und Arbeitszeit gerät eine wichtige Frage aus dem Blick.
Wieso steht in dem Entwurf nicht drin, was Claudia Schmied gemeinsam
mit Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle verheißen hat? Dass
nämlich für die Festanstellung künftig der Master-Abschluss Bedingung
sein wird. Das nämlich steht im Entwurf nicht drin. Wird er Gesetz,
kann in Zukunft ein Lehrer, der seine Ausbildung an der Pädagogischen
Hochschule gemacht hat, in der Oberstufe eines Gymnasiums
unterrichten.
Die Begutachtung, die sonst eher eine Formsache ist, wird in diesem
Fall also zur eigentlichen Auseinandersetzung über Sinn und Unsinn
des Dienstrechts werden. Ob das besser ist als noch ein Dutzend
Verhandlungsrunden? Einen Vorteil hat es: Nach dem Urnengang kann das
Hirn wieder zugeschaltet werden.
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