• 08.08.2013, 19:55:32
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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Erklärungsversuch für den Flop einer guten Idee" (Von Thomas Götz)

Ausgabe vom 09.08.2013

Utl.: Ausgabe vom 09.08.2013 =

Graz (OTS/Vorausmeldung) - Die Green-Card, also die
Arbeitsbewilligung für Ausländer in den USA, ist ein begehrtes Gut.
Als besonderen Gunsterweis versteigern die US-Botschaften alljährlich
einige davon - eine beliebte Chancen-Lotterie.

Österreich hat vor zwei Jahren Ähnliches auf den Markt gebracht in
der Hoffnung, 8000 Menschen würden jährlich danach greifen: die
Rot-Weiß-Rot-Card. Zugegriffen hat nicht ganz ein Viertel. Warum?

Der Sozialminister weist auf die 12.000 EU-Ausländer hin, die in
dieser Zeit zu uns kamen. Die brauchen keine Rot-Weiß-Rot-Card, weil
in der EU Freizügigkeit herrscht. So scheint ihm denn alles in
Ordnung.

Die ÖVP findet, Österreich verlange zu hohe Einkommen als Bedingung
für den Erwerb der Karte und gebe ausländischen Universitätsabgängern
zu kurz Zeit, Arbeit zu finden.

All diese Begründungen reichen freilich nicht aus, den Flop zu
erklären. Die EU gab es vor zwei Jahren, als die Card eingeführt
wurde, ebenso wie die Zuwanderung von dort. Die von der ÖVP
kritisierten Hürden sind nur minimal höher als die nun
vorgeschlagenen. Sie allein können die riesige Diskrepanz zwischen
den erhofften Zahlen und der dürftigen Wirklichkeit nicht
ausgleichen.

Andere Erklärungen für den Misserfolg sind weniger schmeichelhaft. Da
ist einmal das Faktum, dass Österreich sehr spät draufgekommen ist,
dass wir gut ausgebildeten Zuwanderern den Weg ins Land ebnen müssen,
wenn wir denn wollen, dass sie kommen.

Die Zeit nutzten diverse Regierungen vielmehr dazu, die Abschottung
voranzutreiben. Möglichst lange sollten nach der Osterweiterung der
EU Übergangsbestimmungen die Liberalisierung des Arbeitsmarkts
verzögern. Sonst, so warnte die Gewerkschaft in seltener Einigkeit
mit der FPÖ, sonst würden Horden billiger Arbeitskräfte unser Land
überrennen. Als die Frist verstrichen war, bleib nicht nur die Flut
der billigen Arbeitskräfte aus. Auch die hochqualifizierten
Arbeitskräfte hatten sich schon anderswo verdingt.

Andere Erklärungen sind kaum schmeichelhafter. Ist am Ende der
Arbeitsmarkt Österreich gar weniger attraktiv für dynamische junge
Leute als gedacht? Oder hat die zögerliche Nachfrage nach der Karte
etwa mit der Grundstimmung im Land zu tun? Es ist bekanntlich nicht
leicht, als Fremder mit dem Akzent eines armen Landes bei uns zu
leben.

Österreich ist ein Einwanderungsland, aber wahrhaben will das
niemand. Die Bewusstseinsspaltung wird sich nicht aufrechterhalten
lassen. Die Dissonanzen sind zu schrill.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PKZ

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