- 12.07.2013, 11:35:46
- /
- OTS0074 OTW0074
EuGH-Urteil: Kunstschaffende setzen sich gegen Amazon durch
Enttäuschung über Urheberrechtsnovelle in Österreich
Utl.: Enttäuschung über Urheberrechtsnovelle in Österreich =
Wien (OTS) - Der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt in seiner
Entscheidung vom 11. Juli 2013, dass alle Händler die
Leerkassettenvergütung in Österreich zahlen müssen, auch wenn sie aus
dem Ausland liefern. Die Verwertungsgesellschaft austro mechana, die
für die Einhebung der Leerkassettenvergütung bzw. der
Urheberrechtsabgabe zuständig ist, hat sich damit gegen den
Internetversandhändler Amazon vor dem EuGH durchgesetzt. "Für
Österreichs Kunstschaffende ist das ein großer Erfolg. Das ist das
zweite EuGH-Urteil innerhalb weniger Tage, mit dem die Rechte der
Kunstschaffenden geschützt werden", bewertet der Autor und Musiker
Gerhard Ruiss, Mitinitiator von "Kunst hat Recht.", die Entscheidung.
Gleichzeitig zeigen sich heimische Künstlerinnen und Künstler über
die jüngste Entscheidung des Nationalrats enttäuscht, wichtige
Urheberrechtsfragen zu vertagen.
EuGH bestätigt Urheberrechtsabgabe - ein Etappensieg auf dem
Weg zur Festplattenabgabe
"Der EuGH bestätigt die Leerkassettenvergütung in Österreich. Das
sollte der heimischen Politik zu denken geben. Einmal mehr hat der
EuGH festgehalten, dass das Recht auf Privatkopie mit der Zahlung
eines gerechten Ausgleichs für die betroffenen Urheberinnen und
Urheber untrennbar verbunden ist. Denn das Urheberrecht ist ein
unveräußerliches Recht", so Gerhard Ruiss.
Vorausgegangen war der Entscheidung ein Gerichtsverfahren der
Verwertungsgesellschaft austro mechana gegen den
Internetversandhändler Amazon, der sich geweigert hatte, die
Leekassettenvergütung für nach Österreich gelieferte Speichermedien
zu zahlen. Amazon argumentierte, dass die Verwendung von 50 Prozent
dieser Mittel für soziale und kulturelle Zwecke nicht EU-konform
wäre. "Der Fonds für soziale und kulturelle Zwecke ist für die
österreichische Kunst- und Kultur-Szene unverzichtbar. Damit werden
junge Nachwuchstalente oder in Not geratene Kunstschaffende
unterstützt", so Mercedes Echerer, Schauspielerin und Co-Initiatorin
der Initiative "Kunst hat Recht.", über die Bedeutung dieser
Einrichtung. "Aufgrund der rückgängigen Einnahmen aus der
Leerkassettenvergütung trocknet dieser Fördertopf aber Schritt für
Schritt aus."
Auch dem Argument von Amazon, dass es kein funktionierendes System
zur Ausnahme von gewerblich oder nicht in Österreich verwendeten
Speichermedien gäbe, widerspricht der EuGH und stellt fest, dass die
österreichische Regelung EU-konform ist. "Unternehmen, Institutionen,
Krankenhäuser oder Behörden können sich entweder schon vor dem Kauf
von der Festplattenabgabe bzw. Leerkassettenvergütung freistellen
lassen oder sie nach dem Kauf zurückfordern", stellt Ruiss in diesem
Zusammenhang klar.
Der EuGH-Entscheidung gingen mehrere Urteile österreichischer und
deutscher Gerichtshöfe gegen deutsche Internethändler voraus, denen
zufolge auch Amazon als ausländischer Versandhändler für nach
Österreich gelieferte Medien zahlen muss. "Die Urheberrechtsabgabe
gilt einheitlich für alle Verkäufe in und nach Österreich - also wird
die Urheberrechtsabgabe auch beim Kauf in einem ausländischen
Online-Shop eingehoben. Die falsche Behauptung des Handels, dass bei
der rechtlichen Umsetzung der Festplattenabgabe Konsumentinnen und
Konsumenten ihre Computer und Festplatten lieber im Ausland bestellen
würden, ist damit in sich zusammengebrochen", so Ruiss.
Bundesregierung und Nationalrat ignorieren Anliegen der
Kunstschaffenden
Neben dem für Kunstschaffende erfreulichen EuGH-Urteil gibt es in
Österreich aber auch eine negative Entwicklung. Der Nationalrat hat
am 5. Juli 2013 die Urheberrechtsnovelle verabschiedet. Von den
Plänen einer "großen Urheberrechtsnovelle", die neben vielen
notwendigen Regelungen im Urheberrecht auch die Festplattenabgabe
vorgesehen hätte, ist lediglich die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur
Verlängerung der Schutzdauer von Musikaufnahmen übrig geblieben.
"Wir hätten uns von der Bundesregierung mehr erwartet", zeigt sich
Gerhard Ruiss enttäuscht. "Die Anliegen und Rechte der Künstlerinnen
und Künstler wurden einfach ignoriert und auf die lange Bank
geschoben. Wir sehen es als Aufgabe der neuen Bundesregierung, die
Umsetzung der Festplattenabgabe ernsthaft und rasch anzugehen. Denn
es geht hier auch um das international bedeutende Kulturland
Österreich."
"Die letzte große Urheberrechtsnovelle liegt bereits 17 Jahre
zurück. Seitdem hat sich sowohl technisch als auch gesellschaftlich
sehr viel verändert. Das Nutzungsverhalten hat sich den neuen
technologischen Entwicklungen angepasst. Daher war es und ist es
unser Anliegen, die Urheberrechtsabgabe auf externe Festplatten und
Computer so rasch wie möglich umzusetzen, um die Einkommensverluste
zu stoppen. Wir können nicht noch einmal 17 Jahre warten", gibt
Michael Kos, Bildhauer, Maler und Autor, zu bedenken.
Laut österreichischem Urheberrechtsgesetz darf jede Privatperson
urheberrechtlich geschützte Inhalte wie Musik, Filme, Literatur oder
Bilder zum eigenen oder privaten Gebrauch ohne konkrete Erlaubnis der
RechteinhaberInnen kopieren. Als Vergütung erhalten diese die
Einnahmen aus der Urheberrechtsabgabe, das sind die
Leerkassettenvergütung und die Reprografievergütung.
"Derzeit ist die Kopie zum privaten Gebrauch nur auf Leerkassetten
und DVDs rechtlich geregelt. Heute kopiert aber niemand mehr auf
diese Speichermedien. Für Kopien auf Festplatten erhalten
Urheberinnen und Urheber derzeit keine Abgeltung. Somit fällt für
tausende Kunstschaffende ein wichtiger Teil des Einkommens aus der
Privatkopie weg. Schon in den letzten Jahren ist den heimischen
Kunstschaffenden so ein Einkommensverlust von rund zehn Mio. Euro pro
Jahr entstanden. Die nächste Bundesregierung wird hoffentlich mehr
auf der Seite des Rechts und weniger auf der Seite der
Gratismentalität stehen", weist Schriftstellerin und Mitinitiatorin
von "Kunst hat Recht." Barbara Neuwirth auf die Dringlichkeit der
Ausweitung der Urheberrechtsabgabe auf Festplatten hin.
Kunst hat Recht. Initiative für das Recht auf geistiges
Eigentum
In der Initiative "Kunst hat Recht." haben sich etwa 2.700
Musikschaffende, AutorInnen, Filmschaffende, bildende KünstlerInnen
und FotografInnen zusammengeschlossen, um auf den massiven
Einkommensverlust durch die Missachtung des Urheberrechts im Internet
aufmerksam zu machen.
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | SKI