• 09.07.2013, 10:00:33
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Sensationsfund auf Wiens ältestem Jüdischen Friedhof Seegasse

20 historische Grabsteine bei Restaurierungsarbeiten entdeckt

Utl.: 20 historische Grabsteine bei Restaurierungsarbeiten entdeckt =

Wien (OTS) - Bei den laufenden Sanierungsarbeiten am Jüdischen
Friedhof Seegasse wurden kürzlich 20 neue Grabsteine sowie zahlreiche
Fragmente entdeckt. Die Steine wurden 1943 von jüdischen
Gemeindemitgliedern unter der Erde in zwei bis drei Schichten
übereinander vergraben, um sie vor Zerstörung durch die Nazis zu
retten.

"Der Friedhof in der Seegasse erzählt ein Stück Wiener Geschichte
im Zeitraffer. Er datiert aus dem 16. Jahrhundert und ist damit Wiens
älteste jüdische Ruhestätte. Mit der Restaurierung des Friedhofs St.
Marx, der Sanierung des Friedhofswärterhäuschens am Währinger
Friedhof und der Sanierung von 43 jüdischen Ehrengräbern am
Zentralfriedhof ist dies ein weiteres Mosaik im Gesamtbild der
umfassenden Wiener Erinnerungskultur", so Wiens Kulturstadtrat
Andreas Mailath-Pokorny.

Auch IKG-Präsident Ossi Deutsch betont die Bedeutung der
Ruhestätte: "Die neuen Funde Jahrhunderte alter Grabsteine am
Jüdischen Friedhof Seegasse bringen das tragische, wechselhafte
Schicksal der jüdische Gemeinde Wiens und die Zerstörung in der
NS-Zeit eindrucksvoll in Erinnerung. Es ist äußerst positiv, dass
sich die Stadt Wien heute der traurigen Vergangenheit stellt und sich
der Restaurierung des Friedhofes angenommen hat. Nach der möglichst
weitgehenden Wiederherstellung des ursprünglichen Bildes dieses
Friedhofes könnte er ähnlich dem Jüdischen Friedhof in Prag als
kulturelles Juwel Wiens fungieren", so Deutsch.

Die nun erfolgten Funde der vergrabenen, übereinander gestapelten
und sorgsam jeweils durch eine Erdschicht getrennten Steine, lassen
darauf schließen, dass es noch zahlreiche weitere verborgene Steine
geben könnte. Dies wird in den kommenden Monaten geprüft.

Seit 2004 arbeitet die Stadt im Einvernehmen mit dem
Bundesdenkmalamt an der Sanierung und Wiederherstellung des Jüdischen
Friedhofs in der Seegasse am Alsergrund. Bisher wurden rund 75 Steine
restauriert, über 50 wurden bereits an ihren ursprünglichen Platz auf
den Friedhof verbracht. Damit ist die Seegasse weltweit der einzige
jüdische Friedhof, der wieder in den Zustand von vor dem Zweiten
Weltkrieg zurückversetzt werden kann.

Ztl.: Ein (noch) unbekanntes Kulturjuwel

Die Ruhestätte ist von der Straße aus gesehen nicht sichtbar, sie
wird über das Seniorenwohnheim Rossau betreten, in dessen Innenhof
sie sich befindet. Der Zugang ist tagsüber immer gegeben. Das von
einer Mauer umschlossene Friedhofsareal beträgt ca. 2000 m2.
Insgesamt handelt es sich bisher um über 350 erhaltene Grabdenkmäler,
von denen 108 (teilweise nur fragmentarisch vorhanden) an der Mauer
befestigt sind.

Der Friedhof wird in den nächsten Jahren vollständig restauriert.
Auch die Steine können ihrem ursprünglichen Bestimmungsort zugeordnet
werden, da ein genauer Plan aus dem Jahr 1917 als Grundlage für die
Rekonstruktion vorliegt.

Ztl.: Ein gültiger Vertrag anno 1670 wird 1978 erneuert

Als die Wiener Juden 1670 unter Leopold I. aus der Stadt
vertrieben wurden, erlegte der Kaufmann Koppel Fränkel 4000 Gulden
für die Zusicherung des Magistrats, dass der Friedhof "auf ewige
Zeiten" erhalten bleibe. Ab 1696 ist der Bankier Samuel Oppenheimer
als Eigentümer des Friedhofs bekannt, der ihn instand setzen und eine
Steinmauer errichten ließ. Der Friedhof wurde daraufhin bis 1784
belegt. Im Zuge der josephinischen Reformen musste der Friedhof zwar
stillgelegt werden, sein Fortbestand war aber garantiert.

Als die Gemeinde Wien 1978 das Spitalsareal (dieses war während
des Zweiten Weltkriegs Kriegslazarett) erwarb, verpflichtete sie sich
auch, den Friedhof zu restaurieren. Der aus dem Jahr 1670 stammende
und noch immer gültige Vertrag über die "Unantastbarkeit für alle
Zeiten" des Friedhofes, wurde unter Bürgermeister Leopold Gratz 1978
neu festgeschrieben, wobei die Stadt auch die Betreuung und
Instandsetzung der Gräber übernahm.

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