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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Die Regierung in Athen wird auf Crashkurs bleiben" (Von Gerd Höhler)

Ausgabe vom 18.06.2013

Graz (OTS/Vorausmeldung) - Die schwere Koalitionskrise in Athen
ist entschärft - vorerst jedenfalls. In einem Spitzentreffen verständigten sich die Chefs der drei Koalitionsparteien darauf, das Bündnis fortzusetzen. Vergangene Woche hatte die Entscheidung des Premiers Antonis Samaras, im Alleingang den staatlichen Rundfunk zu schließen und 2700 Mitarbeiter zu entlassen, für Turbulenzen in der erst ein Jahr alten Koalition gesorgt. Seine Partner erhoben Einspruch gegen die Schließung und drohten mit dem Rückzug aus der Regierung. Dass der Bruch abgewendet werden konnte, ist vor allem Konstantinos Menoudakis zu verdanken, dem Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichts. Er gab noch während des Krisengipfels die Entscheidung des Staatsrats bekannt, dass die Regierung zwar grundsätzlich das Recht habe, ERT zu schließen. Der Sendebetrieb müsse aber so lange weitergehen, bis eine neue öffentlich-rechtliche Anstalt geschaffen sei. Damit können alle Beteiligten leben: Samaras, der ohnehin die Bildung einer neuen kleineren Anstalt angekündigt hatte, und die beiden anderen Koalitionäre, die den Sender von Grund auf reformieren möchten, aber bei laufendem Sendebetrieb.

Aber damit sind längst nicht alle Probleme gelöst. Die Affäre war aus Sicht der beiden linken Partner der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Sie werfen Samaras vor, dass er sie nicht ausreichend konsultiert. Heute wollen die drei Parteichefs erneut zusammentreffen. Dann soll es um die Zusammenarbeit in der Regierung gehen, möglicherweise auch um Änderungen im Koalitionsvertrag und eine Kabinettsumbildung. Samaras müsse verstehen, dass er eine Koalition führt und keine Einparteienregierung, sagt nicht nur Koalitionspartner und Pasok-Chef Evangelos Venizelos.

Tatsächlich trifft Samaras viele Entscheidungen im Alleingang. Andererseits sind aber auch die Koalitionspartner Venizelos und Fotis Kouvelis in der Vergangenheit bewusst auf Distanz zur Koalition geblieben. Weder übernahmen sie selbst Regierungsämter, noch schickten sie Spitzenpolitiker ihrer Parteien ins Kabinett. Dass sie nun über mangelnden Einfluss klagen, wirkt deshalb etwas merkwürdig.

Selbst wenn es gelingen sollte, für einen öffentlich-rechtlichen Sender eine tragfähige Lösung zu finden, bleibt viel Konfliktstoff in der Koalition. Die Linksparteien tragen den Sparkurs nur zähneknirschend mit. Für Reibungen sorgt vor allem die Vorgabe der Troika, wonach Athen bis Ende 2014 rund 15.000 Staatsdiener entlassen muss, 4000 bis zum Jahresende. ****

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