• 04.06.2013, 13:34:25
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145 Jahre WGKK (2): ein Überblick über die historischen Wurzeln

Selbstverwaltung untrennbar mit der WGKK-Geschichte verbunden

Utl.: Selbstverwaltung untrennbar mit der WGKK-Geschichte verbunden =

Wien (OTS) - Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) ist die älteste
Gebietskrankenkasse Österreichs. Ihre Wurzeln reichen bis in das Jahr
1868 zurück, als die "Allgemeine Arbeiter-Kranken- und
Invalidenkasse" gegründet wurde. Aus diesem Grund wurde am Dienstag
in der WGKK-Zentrale das 145-jährige Jubiläum begangen.

Auslöser für die Entstehung der Krankenkasse war die
Unzufriedenheit der Arbeiter mit der Absicherung nach Unfällen oder
im Krankheitsfall. Denn bevor die Kasse gegründet wurde, waren die
Arbeiter in den genannten Fällen meist auf sich allein gestellt. Da
das Einkommen für medizinische Behandlung nicht reichte, blieb oft
nichts anderes übrig, als zu betteln oder - bei Zuwanderern - in die
Heimat zurückzukehren.

Auch als das erste arbeits- und sozialrechtliche Gesetz, die
Gewerbeordnung von 1859, in Kraft trat, war die Versorgung nach
Unfällen und während Krankheiten nur lückenhaft geregelt. Zudem
beklagten die Arbeiter, dass die Unternehmer die in die sogenannten
Fabrikskrankenkassen eingezahlten Beiträge unterschlagen haben.

Die Wende kam schließlich 1867, als Kaiser Franz Josef Grundrechte
wie Vereins-, Versammlungs- und Redefreiheit gewährte und ein neues,
liberales Vereinsgesetz eingeführt wurde. Einige Arbeiter aus
Gumpendorf und Neubau gründeten den ersten Arbeiterbildungsverein.
Dort sollten Interessierte Zugang zur Bildung erhalten. In dem Verein
wurde aber auch die Forderung nach selbstverwalteten Krankenkassen
aufgegriffen.

Selbstverwaltung wurde gesetzlich anerkannt

Im Frühjahr 1868 fanden sich einige Vereinsmitglieder zusammen, um
die Statuten einer allgemeinen Arbeiterkrankenkasse zu entwerfen. Mit
der so geschaffenen "Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und
Invalidenkasse" wurde ein Institut ins Leben gerufen, das den
Wünschen und Bedürfnissen der Arbeiter Rechnung trug. Der
Versicherungsbeitrag kostete wöchentlich so viel wie eine
durchschnittliche Mahlzeit in einem Wiener Gasthaus. Als
Gegenleistung bekamen die Arbeiter eine Unterstützung, die im
Krankheitsfall zum Überleben ausreichte. Für etwas mehr Geld bekam
man auch freie ärztliche Versorgung und Medikamente. Vertrauen
schaffte die neue Selbstverwaltung: Die Versicherten wählten ihre
Funktionäre selbst. In den 1870er-Jahren wurde das Institut in
"Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse" umbenannt, da
die Invalidenabteilung nicht genügend Erfolg hatte.

Im Laufe der nächsten Jahre wurden unzählige Krankenkassen
gegründet. 1888 verabschiedete man das Krankenversicherungsgesetz für
Arbeiter - Vereinskassen und Selbstverwaltung wurden Teil des
staatlichen Systems. Gegen Ende der 1920er-Jahre wurde beschlossen,
die Kassen zu fusionieren. Im Zuge dieser Regelung schlossen sich die
Wiener Bezirkskrankenkasse und die Allgemeine Arbeiter-Kranken- und
Unterstützungskasse 1927 zur selbstverwalteten Wiener
Gebietskrankenkasse zusammen.

Zäsur im Austrofaschismus

1934 kam es zu einer Zäsur: Das austrofaschistische Regime unter
Engelbert Dollfuß zerschlug die Selbstverwaltung. Es wurden Verwalter
von der Regierung eingesetzt, die die Krankenkassen leiteten. Wenige
Jahre später und nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland wurde die
WGKK zur "Allgemeinen Ortskrankenkasse Wien" umgestaltet. Die
Verwaltung stand im Zeichen des autoritären "Führerprinzips". Das
bewährte System der Selbstverwalteten Krankenkassen wurde erst 1947
wiederhergestellt.

Das Prinzip der Selbstverwaltung hat sich bis heute bewährt.
Gemeinsam mit der Dezentralisierung in Form von neun
Gebietskrankenkassen ist die soziale Krankenversicherung auch für die
Zukunft gut aufgestellt.

Buch zum Thema "145 Jahre WGKK"

Zum Thema "145 Jahre WGKK" erscheint im Juni 2013 auch ein Buch
mit dem Titel "Die Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Invalidenkasse in
Wien 1868 - 1880. Die Wurzeln der Wiener Gebietskrankenkasse:
Entstehung, Umfeld und Erfolge." Herausgegeben wird das Buch vom
ÖGB-Verlag.

Im Folgenden die wichtigsten Daten auf einen Blick:

1868: Mitglieder des Wiener Arbeiterbildungsvereins gründen
die "Allgemeine Arbeiter-Kranken- und Invalidenkasse"

1869 - 1872: Schnelles Wachstum der Kasse

1873: Börsenkrach und Wirtschaftskrise

1874 - 1880: Konsolidierung der Wiener Arbeiterkasse, Fortsetzung
des Erfolgskurses

1888: Krankenversicherungsgesetz, Vereinskassen und
Selbstverwaltung werden Teil des staatlichen Systems

1927: Fusion der Bezirkskrankenkasse Wien mit der Allgemeinen
Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskasse zur Wiener
Gebietskrankenkasse

1934: Zerschlagung der Selbstverwaltung während des Austrofaschismus

1938: Anschluss an Hitlerdeutschland, Verwaltung stand im Zeichen
des "Führerprinzips"

1947: Wiederherstellung der Selbstverwaltung

1955: Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

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