• 09.05.2013, 08:00:36
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  • OTS0007 OTW0007

Causa Amtsgeheimnis: Fiedler-Kritik an Regierungsentwurf

Analyse des Ex-Rechnungshofpräsidenten für Transparenzgesetz.at: "Mehr Schlupflöcher für Politik und Verwaltung als Rechte für Bürger"

Utl.: Analyse des Ex-Rechnungshofpräsidenten für
Transparenzgesetz.at: "Mehr Schlupflöcher für Politik und
Verwaltung als Rechte für Bürger" =

Wien (OTS) - Der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler
unterstützt die Initiative Transparenzgesetz.at und übt harte Kritik
am lückenhaften Regierungsentwurf zur Abschaffung des
Amtsgeheimnisses.

Fiedler ortet in dem Entwurf aus dem Bundeskanzleramt "mehr
Schlupflöcher für Politik und Verwaltung, als Rechte für die Bürger".
Es fehle der erkennbare Wille zu umfassender Transparenz.

Vor allem müsse eine Verfassungsbestimmung, die das Amtsgeheimnis
abschaffe und das Recht auf Information über die Geheimhaltung
stelle, gesamtheitlich für alle drei Ebenen des Staates gelten: Bund,
Länder und Gemeinden. Ein reines Rahmengesetz würde zur
Zersplitterung der Bürgerrechte durch unterschiedliche Landesgesetze
führen.

Konkret kritisiert Fiedler unter anderem:

- Der Regierungsentwurf enthalte nur Rahmenvorgaben, das Recht
würde durch unterschiedliche Länderregelungen zersplittert:
Informationsfreiheit muss ausschließlich Bundeskompetenz sein, sowohl
in Gesetzgebung als auch Vollziehung.

- Das Verfahren, mit dem der Bürger sein Recht durchsetzen können
sollte, würde mit dem Entwurf ebenfalls auf Bundesländer
zersplittert: Das Verfahren zur Rechtsdurchsetzung muss zentral in
einem Verfassungsgesetz für ganz Österreich geregelt sein.

- Bundesländer (zuständig auch für die Gemeinden) könnten mit dem
Entwurf ihre Geheimhaltungsinteressen selbst festlegen und sich damit
aussuchen welche Informationen sie weiterhin zurückhalten halten
könnten. Für Fiedler ein untragbarer Zustand: Die Ausnahmen von der
Informationspflicht müssen zentral und taxativ vom Bund in einem
Verfassungsgesetz festgelegt sein, um den Bürger nicht vor ein
Wirr-Warr von zersplitterten Länder-Ausnahmen und
Gemeinde-Geheimnissen zu stellen.

- Bei der Auflistung der Institutionen wurden wichtige Bereiche
entweder vergessen oder absichtlich ausgenommen: So fehlen unter
anderem das Kontrollamt der Stadt Wien oder Institutionen wie die
Gemeindeverbände, in denen sehr viele Entscheidungen getroffen
werden, die Bürger unmittelbar betreffen. (Ebenso die
Verwaltungsgerichte der Länder, die bereits gesetzlich eingerichtet
wurden, und die in Bälde ihre Arbeit aufnehmen werden.)

- Weiters sind vom Entwurf nur bundes- und landesgesetzlich
errichtete juristische Personen umfasst, das seien jedoch die
Wenigsten: Die Masse von ausgegliederten Organisationen von Bund,
Ländern und Gemeinden wie Stiftungen, Anstalten und Fonds müssten
ebenfalls den Informationsrechten der Bürger unterliegen.

- Öffentlich-rechtliche Körperschaften und Kammern fehlten in dem
Entwurf oder seien zu vage definiert: Diese müssten ebenfalls von der
Verfassungsbestimmung umfasst sein.

Kritik üben Fiedler und die Initiative für Informationsfreiheit
auch an der Formulierung des Textes: Er sei so vage formuliert, dass
er zu viel Interpretationsspielraum für Politik und Verwaltung ließe.
Selbst ein Jurist müsse den Gesetzestext "zweimal lesen, um ihn
einmal nicht zu verstehen". Bei der Informationsfreiheit handle es
sich jedoch um ein Grundrecht für Bürgerinnen und Bürger. Dieses muss
einfach, klar und unmissverständlich formuliert sein, damit jeder
Bürger seine Rechte kenne und gegenüber Behörden auch darauf pochen
könne. Andereseits werde dadurch auch für den einzelnen Beamten klar
geregelt, wie er sich zu verhalten habe.

Der Regierungsentwurf war vom Bundeskanzleramt erstellt worden und
wurde von Staatssekretär Josef Ostermayer präsentiert. Er ist
Gegenstand der Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP.

Mehr als 9.000 Menschen unterstützen bereits "Initiative für
Informationsfreiheit"

Die Initiative Transparenzgesetz.at wurde Ende Jänner vom
ehemaligen profil-Journalisten Josef Barth und dem
Anti-Korruptionsexperten Hubert Sickinger gegründet und wurde von
über 9.000 Menschen unterschrieben. Sie setzt sich für ein
Transparenzgesetz nach Hamburger Vorbild ein und fordert ein
umfassendes Informationsfreiheitsrecht für Österreich.

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