• 20.03.2013, 18:15:31
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Die gefährliche Ruhe der Aktienmärkte - von Hans Weitmayr

Die geringe Größe Zyperns ist gleichzeitig ein relevantes Risiko

Utl.: Die geringe Größe Zyperns ist gleichzeitig ein relevantes
Risiko =

Wien (OTS) - Europas Aktienmärkte halten trotz Zypern-Chaos die
Stellung, allen voran der deutsche DAX, der nahe der
8000-Punkte-Marke notiert. Offenbar, so ist an vielen Stellen zu
lesen, ließen die Komplikationen rund um den Euro-Teil der
Mittelmeerinsel die Märkte kalt. Wenig Grund zur Sorge also.
Problematisch ist aber, dass die Widerstandskraft der Aktien vor
allem technische Gründe hat.

Institutionellen Anlegern fehlen die Investment-Alternativen,
Notenbank-Liquidität will dennoch angelegt werden, die Bewertungen
der Aktien sind ebenfalls günstig. Vertrauen in das Krisenmanagement
der Euroländer spielt hier kaum eine Rolle. Fast unbemerkt hat sich
aber in einem anderen Marktsegment Unbehagen eingeschlichen - und
zwar in dem für Staatsanleihen. Dort sind die Renditen auf
Peripherie-Papiere in den vergangenen Tagen gestiegen. Die Aufschläge
für spanische Bonds mit zehn Jahren Laufzeit liegen wieder nahe fünf
Prozent.

Beschwichtiger wie der Präsident der OeNB, Ewald Nowotny, weisen
gerne auf die geringe Größe der zypriotischen Volkswirtschaft hin.
Genau diese Größe stellt aber auch ein Risiko dar. Denn den deutschen
Steuerzahlern ist schlicht nicht zu vermitteln, dass sie die
Zyprioten retten sollen, ohne dass diese auch bereit sind,
finanzielle Opfer zu bringen. Damit steigt die Verlockung für
Kanzlerin Angela Merkel, angesichts der anstehenden Wahlen ein
Vabanquespiel zu wagen: Also die Pleite und den EU-Austritt des
ökonomischen Winzlings Zyperns zu riskieren, da sie wie Nowotny davon
ausgeht, dass man auf 0,2 Prozent der Euro-Wirtschaft ohne gröbere
Blessuren verzichten kann. Bei diesem Punkt sei daran erinnert, dass
Griechenland gerade zwei Prozent der Euro-Wirtschaft bestreitet.
Welche Wellen die Probleme dieser Mini-Volkswirtschaft geschlagen
haben, wissen wir.

Investoren außerhalb Europas interessiert die Größe Zyperns nicht.
Sie interessiert nur, ob ein Präzedenzfall geschaffen wird. Sei das
nun ein Präzedenzfall für Zugriffe auf Spareinlagen oder einer für
einen Ausschluss anderer Euroländer aus der Währungszone. Das
bedeutet nicht, dass ein Austritt Zyperns aus dem Euro in eine
Katastrophe münden muss. Es bedeutet nur, dass die Euroländer und die
EZB auf einen solchen Schritt vorbereitet sein müssen - sie also
entsprechende Maßnahmen wie eine sofortige, umfassende Hilfe für die
griechischen Banken bereits vor einem solchen Schritt ausgearbeitet
und zum Vollzug vorbereitet haben. Die Hoffnung auf ein solches
Szenario ist dünn. Ebenso dünn wie die Hoffnung darauf, dass Merkel
ihre Kanzlerschaft für eine Volkswirtschaft von der Größe der
Steiermark riskiert.

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