Empörung über "Gegenanzeige" von IKG Präsident Deutsch. Ausweg: Umstieg auf symbolische Beschneidung.
Utl.: Empörung über "Gegenanzeige" von IKG Präsident Deutsch.
Ausweg: Umstieg auf symbolische Beschneidung. =
Wien (OTS) - Auch Juden brechen nun ihr Schweigen und kritisieren
Beschneidung an nicht einwilligungsfähigen Babys als barbarischen
Akt. Wissenschaftshistoriker Jerome Segal, Assistenzprofessor an der
Pariser Sorbonne, derzeit in Wien lehrend, übt nun massive Kritik an
der Haltung der israelitischen Kultusgemeinde. "Ich bin empört über
Oskar Deutschs Gegenanzeige", sagt Segal. Ein Missbrauchs- sowie ein
Beschneidungsopfer haben ja vergangene Woche einen Mohel
(Beschneider) angezeigt, der angibt, über 1000 Buben beschnitten zu
haben. "Es muss doch möglich sein, barbarische religiöse Rituale
kritisieren zu dürfen." Segals drei Söhne sind nicht beschnitten,
auch er selbst ist es nicht - obwohl er Mitglied der israelitischen
Kultusgemeinde ist. "Ich halte Beschneidung an nicht
einwilligungsfähigen Babys und Kindern für grausam. Es ist eine
starke Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit. Österreich
hat die Kinderrechtskonvention ratifiziert", so Segal weiter. "Aus
Art.19 gehe klar hervor, dass Kindern keine körperliche Gewalt
zugefügt werden darf".
"Todesstrafe wurde ebenfalls abgeschafft" Piercing ist erst ab 14
und Tätowierung ab 16 erlaubt (mit Zustimmmung der Eltern). "Eine
Operation wie die Zirkumzision, mit derart unwiderruflichen Folgen
und möglichen negativen Konsequenzen auf das Sexualleben, sollte vom
Gesetzgeber erst mit 16 oder 18 Jahren zugelassen werden", sagt der
Universitätsdozent. Segal ist bekennender Atheist und lehnt
Religionsprivilegien ab, vor allem wenn im Namen der Religion Gewalt
legitimiert wird. "In der Thora stehen auf Ehebruch und auf
Homosexualität die Todesstrafe, das wird zum Glück schon lange nicht
mehr angewendet", so Segal. In Israel gibt es seit über einem
Jahrzehnt Antibeschneidungsaktivisten, die sich für das "Brit Shalom"
Ritual einsetzen - das bedeutet, dass die Beschneidung nur noch
symbolisch durchgeführt wird. Auch www.jewsagainstcircumcision.org,
eine Gruppe liberaler amerikanischer Juden, ist gegen Beschneidung.
"We are a group of educated and enlightened Jews who realize that the
barbaric, primitive, torturous, and mutilating practice of
circumcision has no place in modern Judaism." steht auf deren
Homepage.
Empörender Angriff auf Meinungsfreiheit
Segal kennt auch noch andere Mitglieder der IKG (Israelitische
Kultus Gemeinde), die ebenfalls gegen Beschneidung sind, sich jedoch
nicht trauen, das öffentlich zu sagen. "Der soziale Druck innerhalb
der Gemeinde ist einfach zu groß, sie fürchten Repressalien. Etwa,
dass ihren Söhnen der Besuch einer jüdischen Schule verwehrt wird",
so Segal. Im November fanden die IKG Wahlen statt. "Leider wagte es
keine der kandidierende Fraktionen, dieses tabuisierte Thema
anzugehen. "In der WINA, der Monatszeitschrift der IKG, stand groß zu
lesen, dass Beschneidung nicht zu hinterfragen sei", ärgert sich
Segal. "Dass IKG Präsident Deutsch nun diese Gegenanzeige zur
Einschüchterung tätigt, ist für mich ein massiver Angriff auf die
Meinungsfreiheit. Dabei könnte Deutsch der jüdischen Gemeinschaft
einen Dienst erweisen, wenn er sich für eine symbolischen
Beschneidung bei Minderjährigen einsetzen würde" so Segal
abschließend.
Video: Jerome Segal im Gespräch mit Teresa Arrieta: "Als Jude sage
ich, Beschneidung ist ein barbarischer Akt":
www.youtube.com/watch?v=i8gRNBvCDpU
www.kirchen-privilegien.at
www.beschneidungsdebatte.info
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