Eurokrise: Austritt Österreichs aus der EU für Strache eine Möglichkeit
EU-Kommissar Hahn wirft FPÖ-Chef in ATV-Diskussionssendung "Paranoia" vor
Wien (OTS) - In der ATV-Diskussionssendung "Am Punkt Europa" hat FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache wieder schweres Geschütz gegen die EU und den Euro aufgefahren. Die europäische Gemeinschaftswährung sei gescheitert und die EU habe sich auch durch den Euro von einem "Friedensprojekt zu einem Unfriedensprojekt" entwickelt. Auf die Frage von Moderator Meinrad Knapp, ob das bedeute, Österreich solle aus der Europäischen Union austreten, antwortete Strache: "Ich sage, dass das am Ende eine Konsequenz sein kann, wenn wir weiter eine autoritäre Entwicklung in der Europäischen Union erleben, wo die Souveränität der einzelnen Staaten weiter abgebaut werden soll und wo man offenbar vorhat, ein zentralistisches bundesstaatliches Gebilde zu bauen." In diesem Zusammenhang forderte er erneut mehr direkte Demokratie.
Der österreichische EU-Kommissar für Regionalpolitik Johannes Hahn erwiderte in "Am Punkt Europa", dass Österreich wesentlich schlechter dastünde, wäre das Land nicht 1995 der EU beigetreten. Es sei zwar eine hypothetische Frage, aber "wir hätten wahrscheinlich mehr Arbeitslose, es hätte ständig Attacken auf den Schilling gegeben, wie wir es in den 90er-Jahren ja zwei Mal erlebt haben, wir hätten sicher nicht dieses Wirtschaftswachstum, diese Arbeitsplatzsicherheit, die wir letztlich auch ganz stark durch unsere Aktivitäten in den neuen Mitgliedsländern haben."
Der Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister sieht es ähnlich. Dies gelte auch für Österreichs Beitritt zum Euro-Raum: " Es ist eindeutig, dass die, die den Euro ursprünglich nicht wollten, wie Deutschland und Österreich, die Gewinner des Euro sind, und die Länder in Südeuropa, die den Euro unbedingt wollten, die Verlierer sind." Trotz der gegenwärtigen Probleme gebe es zur EU und dem Euro keine Alternative. Straches Wunsch nach "weniger EU" und einer Rückkehr zu nationalen Währungen nannte Schulmeister "erbärmlich rückständig." Zur aktuellen Debatte über die Zukunft Griechenlands sagte der Wirtschaftsforscher in "Am Punkt Europa": "Wenn man ein Land aus der Währungsunion ausschließt oder Bankrott gehen lässt, dann sind Kettenreaktionen die Folge, die niemand abschätzen kann. Wir haben nach 30 Jahren Finanzkapitalismus unglaubliche Kartenhäuser aufgebaut. Man muss Griechenland mit allen Mitteln in der Eurozone halten, weil sonst auch z.B. die österreichischen Unternehmer unglaublichen Schaden nehmen werden." Das sei "volkswirtschaftlich ein Unsinn" - so der Konter Straches.
Einig waren sich Schulmeister und Strache hingegen darin, dass die Sparpolitik der EU den Krisenländern massiv schade. Auch der stellvertretende Klubobmann der Grünen Werner Kogler vertrat in "Am Punkt Europa" diese Ansicht: "Was dort angerichtet wurde, ist völlig absurd. Einem, der - wenn auch teilweise selbstverschuldet - einen Unfall hat und ein Bein verliert, eine Therapie aufzuerlegen, dass er das zweite amputiert kriegt, und dann soll er aufstehen und den olympischen Rekord laufen, das ist pervers und abstrus. Ich geniere mich für dieses Europa in dieser Phase." Statt rigoroser Sparpolitik forderte Kogler Investitionen: "Das kommt ja eh doppelt und dreifach zurück, wenn man vernünftig investiert, etwa gerade in die Zukunftsbranchen der erneuerbaren Energien."
Kogler, Schulmeister und Strache forderten zudem endlich Eingriffe in die Finanzmärkte, die die Krise verschuldet hätten und nun teilweise von ihr profitierten. Hahn erwiderte, dass die Kommission sehr wohl auf mehr Regulierung dränge, viele Maßnahmen seien "seit eineinhalb, zwei Jahren als Vorschlag der Kommission da, das Parlament hat sich damit befasst, aber es hängt im Rat." Es werde gerne "übersehen, dass hier 27 Staats- und Regierungschefs an einem Tisch sitzen mit höchst unterschiedlichen Vorstellungen."
FPÖ-Chef Strache wiederholte in der Diskussion seinen Vorwurf, dass in vielen hohen europäischen Ämtern ehemalige Mitarbeiter des Investmenthauses Goldman Sachs säßen und dementsprechend wenig gegen die Finanzmärkte unternommen würde. EU-Kommissar Hahn antwortete darauf: "Man kann natürlich eine europaweite oder globale Paranoia haben."
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