- 06.11.2012, 18:15:31
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Eine dritte Partei für die USA - von Hans Weitmayr
Der Präsident wird den nächsten faulen Budgetkompromiss abnicken
Utl.: Der Präsident wird den nächsten faulen Budgetkompromiss
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Wien (OTS) - Wenn Sie diese Zeitung in Händen halten, ist die
wichtigste Wahl des Jahres geschlagen. Der Wahlausgang war zum
Zeitpunkt, als die Druckmaschinen anliefen, vollkommen ungewiss. Was
jedoch feststand und feststeht, ist die größte Herausforderung, die
der kommenden US-Präsidentschaft ins Haus steht: die Überwindung des
sogenannten "Fiscal Cliff". Unter diesem von Fed-Chef Ben Bernanke
geschaffenen Terminus versteht man die Kluft, die sich aufgrund
steigender Steuern und rückläufiger staatlicher Investitionen ergibt.
Ein solcher Automatismus würde per Jahreswechsel in Kraft treten,
sollten sich die beiden Kongressparteien nicht auf ein Budget einigen
und in den USA aller Wahrscheinlichkeit nach eine Rezession auslösen
(siehe Artikel Seite 11). Dazu vorweg: Ein Inkrafttreten dieses
Automatismus erscheint unwahrscheinlich. Letzten Endes wäre die
Klientel beider Parteien zu sehr von einem Auslaufen steuerlicher
Vergünstigungen einerseits und staatlicher Gelder andererseits,
betroffen. Das Problem: Es wird, wie die Male zuvor, zu einer
Heftklammernlösung kommen, die das Budget zwar für ein Jahr retten
wird. Gleichzeitig wird aber das laufende Defizit der USA und damit
der Schuldenstand weiter steigen. Eine sinnvolle Neugestaltung der
Ausgaben ist de facto unmöglich, eine entschlossene
Wirtschaftspolitik ebenso.
Nichts davon ist die Schuld des in der Nacht auf heute gewählten
Präsidenten. Das Problem steckt im politischen Duopol. Warum sollte
eine der beiden Parteien nachgeben, wenn jede sich sicher ist, dass
die jeweils andere das Land in den Abgrund führt? Warum
Zugeständnisse machen, wenn als einzige Belohnung die Enttäuschung
der eigenen Wählerschaft bei gleichzeitiger Stärkung des einzigen
politischen Gegners winkt?
Nur eine dritte Partei, zu der frustrierte Wähler beider Lager
strömen könnten, wäre imstande, dieses Patt aufzulösen. Für
Demokraten und Republikaner wäre dann endlich Handlungsbedarf
gegeben. Dass eine erstarkte dritte Partei nicht über Nacht zur
Auflösung politischer Erstarrung führt, sieht man zwar am Beispiel
Österreich - dass die Wahrscheinlichkeit von Rissbildungen innerhalb
erstarrter Systeme höher ist, wenn es politische Alternativen gibt,
hat aber die schwarz-blaue Regierung bewiesen - egal wie deren Bilanz
letzten Endes ausgefallen ist. Im gegenwärtigen Zustand wird der
US-Präsident allerdings nicht mehr tun können, als einen neuerlichen
faulen Kompromiss abzunicken - um dann sehenden Auges in den nächsten
Budget-Notstand zu torkeln.
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