• 17.10.2012, 14:59:02
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Mangelhafte Sachwaltertätigkeit - zu wenig Sachwalter?

Pressekonferenz: pro mente Wien und VertretungsNetz

Utl.: Pressekonferenz: pro mente Wien und VertretungsNetz=

Wien (OTS) - Immer wieder beschweren sich von Sachwalterschaft
Betroffene und ihre Angehörigen bei VertretungsNetz und pro mente
Wien. Sachwalterschaft ist noch immer eine Maßnahme, die Betroffene
in ihren Persönlichkeitsrechten massiv beschränkt. In Österreich wird
in 55% der Fälle der Sachwalter für "alle Angelegenheiten" bestellt.
Dies sollte aber eher die Ausnahme als die Regel sein.

In Wien sind es negative Rückmeldungen über Rechtsanwaltskanzleien
oder Notariate - manche Kanzleien führen mehrere hundert
Sachwalterschaften. Der im Gesetz verlangte persönliche Kontakt und
die individuelle Unterstützung, kommen so oft zu kurz.

Die meisten Richter sind froh, wenn sich irgendein Sachwalter
findet - die Qualität der Führung der Sachwalterschaft scheint eine
untergeordnete Rolle zu spielen.

Dieser Umstand kann sich dramatisch auf das Krankheitsgeschehen
von Menschen mit psychischen Erkrankungen auswirken. Dazu Dr. Georg
Psota, Obmann pro mente Wien: "Gerade Menschen mit psychischen
Problemen brauchen in akuten Krankheitsphasen Unterstützung in
bestimmten, aber nicht in allen Bereichen. Wir plädieren für einen
viel differenzierten Einsatz der Maßnahme Sachwalterschaft."

Wohnen, Gesundheit und Pflege im Blick?

Dr. Peter Schlaffer, Geschäftsführer von VertretungsNetz, sieht in
der Führung einer Sachwalterschaft eine komplexe Aufgabe, bei der es
neben finanziellen Belangen immer auch um Unterstützung bei der
Sicherstellung einer adäquaten Wohnsituation sowie einer
gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung geht. Schlaffer
betont: "Sachwalter aus Rechtsberufen kümmern sich oft nicht, oder zu
wenig um diese essentiellen Lebensfelder ihrer KlientInnen. Kanzleien
sind meist nicht auf die Vertretung von Menschen mit psychischen
Erkrankungen ausgerichtet."

Psota berichtet, dass von Sachwaltern aus Rechtsberufen das Geld
oftmals angespart wird, anstatt es Betroffenen zur Verfügung zu
stellen. Diese Vorgangsweise schließt die Betroffenen von der
Teilhabe an der Gesellschaft aus. Auch beauftragen Rechtsanwälte
immer wieder Dritte mit Sachwaltertätigkeiten - etwa für
Geldauszahlungen. KlientInnen müssen extra für diese Leistungen
zahlen. Sie können sich nur schwer dagegen wehren.
Ein Sachwalter hat sich - wo immer möglich - an den Wünschen und
Bedürfnissen der Betroffenen zu orientieren. Dies ist ein wichtiges
Qualitätsmerkmal für die Tätigkeit der Vereinssachwalter.

Verbesserungspotentiale

Schlaffer stellt ein Erfolgsmodell vor: "Unser
"Clearing-Angebot" an den Wiener Bezirksgerichten hilft
Sachwalterschaftsverfahren und Bestellungen zu vermeiden und trägt
dazu bei, Gerichte zu entlasten. Bei einem Drittel der Fälle ist es
so möglich, andere Unterstützungsformen als Sachwalterschaft zu
finden."

Für Schlaffer und Psota gibt es klare Verbesserungspotentiale, wie
einschlägige Seminarangebote für Richter und Rechtsberufler sowie
Angehörige, denn in Wien übernehmen Angehörige in knapp 42% die
Sachwalterschaft. Sie haben meist keine einschlägige Erfahrung und
daher ist Beratung und Schulung für diese Gruppe so wichtig.
VertretungsNetz bietet sie an.

Für beide bräuchte es mehr Sozialarbeit bei Behörden und
psychosozialen Einrichtungen. Der Ausbau von bestehenden
professionell geführten Projekten zur Geldverwaltung - wie dem
"Betreuten Konto" der Wiener Schuldnerberatung wird von beiden
begrüßt.

In einer Novellierung des Sachwalterrechts sehen Psota wie
Schlaffer eine Möglichkeit, Unterstützung anzubieten, ohne die
Geschäftsfähigkeit zu entziehen und damit die Impulse der UN
Konvention für Menschen mit Behinderungen umzusetzen. Der kürzlich im
parlamentarischen Menschenrechtsausschuss beschlossene Antrag zur
Novellierung des Sachwalterrechts ist ein Schritt in die richtige
Richtung.

Jedenfalls darf die Maßnahme Sachwalterschaft immer nur das
allerletzte Mittel sein. Für den Betroffenen darf sie keine
lebenslange Entrechtung in allen Angelegenheiten bedeuten.

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