- 12.07.2012, 12:41:14
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Bestmögliche Rahmenbedingungen für gehörlose Studierende - GESTU wird fortgesetzt
Minister Töchterle, Vizerektor Prechtl sowie Lehrende und (ehemalige) Studierende der TU Wien informieren über "Gehörlos erfolgreich studieren an Universitäten in Wien"

Wien (OTS) - Gehörlose Studierende bekommen auch künftig
bestmögliche Rahmenbedingungen: Das Projekt "GESTU - Gehörlos
erfolgreich studieren an Universitäten in Wien" wurde gemeinsam mit
dem Verein Österreichischer Gehörloser Studierender adaptiert, eine
Fortsetzung ist in Planung. Das gaben heute Wissenschafts- und
Forschungsminister Dr. Karlheinz Töchterle, Dr. Adalbert Prechtl,
Vizerektor für Lehre an der TU Wien, Mag. Marlene Fuhrmann-Ehn, stv.
Projektleiterin GESTU und TU-Behindertenbeauftragte, Mag. Barbara
Hager, ehemalige Studierende und am GESTU-Aufbau beteiligt sowie
Alexander Karla-Hager, Studierender der Wirtschaftsinformatik an der
TU Wien und Vorstandsmitglied im Verein Österreichischer Gehörloser
Studierender (VÖGS), in einem gemeinsamen Pressegespräch bekannt.
"Gehörlose Studierende sollen möglichst barrierefrei studieren können
- dazu leistet GESTU einen wesentlichen Beitrag", so Minister
Töchterle.
2010 startete das Projekt "GESTU - Gehörlos erfolgreich studieren an
der TU Wien" als Modellversuch. Damit wurde es gehörlosen
Studierenden ermöglicht, unter entsprechenden Rahmenbedingungen an
Universitäten in Wien zu studieren. Ziel ist es, durch verschiedene
Maßnahmen die Barrieren für gehörlose Studierende abzubauen. Dazu
zählen u.a. die Einrichtung einer Servicestelle zur Koordinierung der
Gebärdensprachdolmetscher/innen und Tutoren/innen sowie die
notwendige technische Ausstattung der Lehrveranstaltungen. Das als
Modellversuch (konzipiert für vier Semester) gestartete Projekt wurde
nun gemeinsam mit dem Verein Österreichischer Gehörloser Studierender
adaptiert und soll fortgesetzt werden. Das Wissenschafts- und
Forschungsministerium finanzierte das Projekt bisher mit rund 550.000
Euro. Die Eigenleistungen der TU Wien für Personal, Räume und
Infrastruktur betragen bisher rund 150.000 Euro. Seitens des
Ministeriums wird eine Zwischenfinanzierung in der Höhe von rund
225.000 Euro bis zum Beginn der nächsten
Leistungsvereinbarungsperiode (Anfang 2013) zur Verfügung gestellt.
Für den Zeitraum der nächsten Leistungsvereinbarungsperiode (2013 -
2015) wird die Finanzierung vom BMWF zugesichert.
Der Modellversuch GESTU hat sich an der TU Wien räumlich und
personell etabliert. Derzeit werden 13 gehörlose Studierende an
Wiener Hochschulen betreut; sie studieren an der TU Wien
(Wirtschaftsinformatik), der Uni Wien (Geschichte,
Literaturwissenschaft, Molekularbiologie, Pädagogik, Psychologie,
Soziologie, Sportwissenschaften, Sprachwissenschaften), an der FH
Campus Wien und an der Pädagogischen Hochschule Wien. Bisher haben
zwei Studierende im Rahmen von GESTU ein Studium absolviert; eine
Studierende hat die Fachhochschule für Sozialarbeit mit Diplom
abgeschlossen, eine Studierende hat das Bachelorstudium der
Geschichte abgeschlossen und im Sommersemester 2012 ihr Masterstudium
begonnen. Eine weitere gehörlose Studierende hat ihre Diplomarbeit im
Sommersemester 2012 an der Pädagogischen Hochschule Wien
abgeschlossen, im September folgt die Diplomprüfung.
"Durch den Modellversuch GESTU wurde für die betreuten Studierenden
eine wesentliche Verbesserung im Studienablauf erreicht. Um diesen
Erfolg weitertragen und neue Studierende unterstützen zu können, ist
die ausreichende Projektfinanzierung die wesentlichste
Voraussetzung", erklärt Vizerektor Adalbert Prechtl.
Mag. Marlene Fuhrmann-Ehn, stv. Projektleiterin GESTU und
TU-Behindertenbeauftragte hält fest, "dass es für das Gelingen der
praktischen Umsetzung notwendig ist, dass alle österreichischen
Universitäten und Fachhochschulen Unterstützungsmaßnahmen für
gehörlose Studierende im Speziellen und für behinderte Studierende
generell als gesellschaftlichen, aber auch wissenschaftlichen Wert
erkennen, und sich aktiv an der Umsetzung beteiligen".
Mag. Barbara Hager, ehemalige Studierende und am GESTU-Aufbau
beteiligt, meint: "Es ist eine Bereicherung, dass GESTU verwirklicht
wurde und fortgesetzt wird. Ohne GESTU würde ein Studium für
gehörlose Studierende extrem lang andauern - 20 Jahre -
beziehungsweise wurden Gehörlose entmutigt, mit dem Studium überhaupt
zu beginnen." Die Österreichische Gebärdensprache ist seit 2005 im
österreichischen Bundesverfassungsgesetz als eigenständige Sprache
anerkannt. Sie wurde damit offiziell als Erstsprache und
Bildungssprache der Gehörlosen bestätigt. Deutsch als Lautsprache ist
für Gehörlose die Zweitsprache, die wie eine Fremdsprache erlernt
wird.
"Früher gab es für Gehörlose im tertiären Bildungsweg nicht wenige
Schwierigkeiten. Zu meiner Studienzeit vor GESTU erlebte ich viele
Hürden in der Kommunikation und mit der finanziellen Förderung", so
Hager weiter. "Daher musste ich knapp über zehn Jahre als
Einzelkämpferin an der Universität mein Psychologie-Studium
durchsetzen. In anderen Ländern wie in Schweden und in den USA war
schon damals ein volles Service für gehörlose Studierende
selbstverständlich." Eigene Institutionen für die Erforschung der
Gebärdensprachen und der Gehörlosenkultur (Deaf Studies) waren
eingerichtet, wobei der Unterricht von gehörlosen
Universität-Professor/innen abgehalten wurde. Die Projektteams "study
now" und "erfolgreich studieren" haben mit dem VÖGS seit 2005 eine
Initiative gesetzt und letztlich mit dem BMWF und der TU Wien die
Bausteine für GESTU entwickelt. Was in Wien im Vergleich zu anderen
Ländern noch fehle sei eine eigene Institution für die Erforschung
der Gebärdensprache, der Gehörlosenkultur und
Gebärdensprach-Dolmetsch.
Alexander Karla-Hager, Studierender der Wirtschaftsinformatik an der
TU Wien: "Im Namen des VÖGS-Teams und aller gehörloser bzw.
schwerhöriger Studierenden bin ich sehr erfreut, dass die
GESTU-Servicestelle weiterhin erfolgreich fortgeführt wird und die
Finanzierung des BMWF abgesichert ist. GESTU zeigt, dass
barrierefreies Studieren an den Universitäten möglich ist. Die
Fortführung des Projektes GESTU ist für VÖGS ein sehr wichtiges
Anliegen, damit 13 gehörlose und schwerhörige Studierende ihr Studium
zeitgerecht, ohne großen, administrativen Aufwand, barrierefrei und
erfolgreich abschließen können." Ein weiteres Ziel des VÖGS sei die
fortlaufende Erhöhung der Zahl von gehörlosen und schwerhörigen
Akademiker/innen in Österreich. Dem VÖGS wäre es wichtig, dass GESTU
in Zukunft für immer implementiert, ja sogar je nach Bedarf weiter
ausgebaut und österreichweit institutionalisiert wird.
"Für mich als Studierenden an der TU Wien entlastet die Servicestelle
GESTU einen Doppelaufwand: Das Organisieren von Aufträgen an die
Gebärdensprachdolmetscher/innen wird für jede Lehrveranstaltung
abgedeckt. Damit kann ich maximal fünf Lehrveranstaltungen pro
Semester mit Übersetzung in die Österreichische Gebärdensprache
besuchen. (Studierende ohne Behinderung besuchen zirka acht
Lehrveranstaltungen pro Semester). Durch diese Maßnahme kann ich mich
voll auf mein Studium konzentrieren und die Lehrenden in den
Lehrveranstaltungen verstehen. Ich werde durch die Unterstützung von
GESTU erfolgreich an der TU Wien studieren", so Karla-Hager. "Während
des Studiums erlebe ich immer wieder einen Mangel an
Gebärdensprach-Dolmetscher/innen, besonders in meinem Studienfach.
Darum informiere ich die Öffentlichkeit, dass es einen hohen Bedarf
an Gebärdensprach-Dolmetscher/innen gibt."
Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at
Rückfragehinweis:
Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Minoritenplatz 5, 1014 Wien Pressesprecherin: Mag. Elisabeth Grabenweger Tel.: +43 1 531 20-9014 mailto: elisabeth.grabenweger@bmwf.gv.at www.bmwf.gv.at Technische Universität Wien Operngasse 11/011, 1040 Wien Bettina Neunteufl, MAS Leiterin Büro für Öffentlichkeitsarbeit Tel.: +43-1-58801-41025
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