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UN-Tag für Folterüberlebende: Therapie ist Integration

Funktionierendes soziales Netz, verständnisvolle Beziehungen und gesellschaftliche Anerkennung entscheidend für Bewältigung des Traumas

Wien (OTS) - "0hne Unterstützung und Begleitung für Folterüberlebende kann es keine Integration in einem neuen Land geben", weist die Diakonie anlässlich des morgigen UN-Tages zur Unterstützung für Folterüberlebende auf die Bedeutung von "heilsamer Hilfe und heilsamen Verhältnissen" hin: "Therapie ist Integration". Martin Schenk, Stv. Direktor der Diakonie und selbst Psychologe, beschreibt die fatalen Auswirkungen von Folter und Verfolgung. Die Menschen haben ein Trauma erlebt, "einen Schlag gegen die Psyche, dem man nichts entgegensetzen kann". Es bleibe eine Wunde mit den Folgen sozialen Rückzugs, Ess- und Schlafstörungen, Suizidneigung, Erinnerungsverlust. Die Überlebenden verlieren den Boden unter den Füßen, den Stand in der Welt. Es ist nicht allein eine tiefe Erschütterung, es ist vielmehr ein völliges Wegbrechen. Es ist das Gefühl, verloren zu gehen, den Kontakt mit der umgebenden Welt zu verlieren."

Schenk weist darauf hin, dass "Therapie nicht wieder gut machen kann, was geschehen ist. Die Verwandten und Freunde, die unter schrecklichen Umständen getötet wurden, bleiben tot," so Schenk.

Therapie kann aber begleiten auf dem Weg der Trauer, um all das Verlorene und so zumindest den Blick auf die Zukunft im Exilland Österreich eröffnen. Dazu braucht es auch eine Reduktion der quälenden Existenzangst, Anerkennung von Qualifikationen und Arbeitsmöglichkeiten. "Ein funktionierendes soziales Netz, verständnisvolle Beziehungen und gesellschaftliche Anerkennung sind entscheidend für die Bewältigung des Traumas und für die Integration in eine neue Gesellschaft", betont Schenk.

Die politischen Rahmenbedingungen für Trauma-Therapie sind nicht heilsam, sondern oft "heillos"

"Flüchtlinge bräuchten aus der Perspektive der Psychotherapie in erster Linie Sicherheit und Schutz, sie bräuchten die Anerkennung und Verurteilung der Gewalt, die ihnen zugefügt wurde, und drittens bräuchten sie die Möglichkeit einer neuer Lebensperspektive, die Gestaltungsmöglichkeiten und sinnvolle Tätigkeit wesentlich einschließt," betont Verena Schlichtmeier, Leiterin von Ankyra in Innsbruck. Stattdessen erleben Flüchtlinge in Österreich vielfach wiederholt Unsicherheit, Abwehr und Ausgrenzung, die Unterstellung der Lüge. Das geschieht, wenn sie einen negativen Asylbescheiden erhalten, oder unter Lebensbedingungen leben müssen, die ihnen den Zugang zu Arbeit verwehren und ihre Selbstbestimmungsmöglichkeiten massiv beschränken. "Für unsere Arbeit in den Psychotherapieeinrichtungen heißt das, dass wir unter Rahmenbedingungen heilsam wirksam werden wollen, die nicht heilungsfördernd sind, sondern - ich möchte sagen - heillos," so Schlichtmeier.

Ankyra ist eine von zwei Psychotherapieeinrichtungen für Menschen mit Fluchtgeschichten des Diakonie Flüchtlingsdienstes. Seit 8 Jahren bieten wir in Tirol Frauen, Männern und Kindern, die nach Österreich geflüchtet sind und unter den Folgen von Gewalt und Flucht leiden, traumaspezifische, dolmetschunterstützte und kultursensible Psychotherapie, medizinische und psychiatrische Beratung. 2011 nutzten 218 AsylwerberInnen und Flüchtlinge aus 33 Herkunftsländern unsere Angebote.

Rückfragen & Kontakt:

Dr.in Roberta Rastl-Kircher
Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Diakonie Österreich
Tel.: 004314098001-14
roberta.rastl@diakonie.at

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