• 19.06.2012, 09:45:11
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Die großen sozialen Herausforderungen: Armut und Pflege im Alter

Fachenquete aus Anlass des 65-jährigen Gründungsjubiläums der Volkshilfe

Die großen sozialen Herausforderungen: Armut und Pflege im Alter

Wien (OTS) - Aus Anlass ihres 65-jährigen Gründungsjubiläums
organisierte die Volkshilfe Wien am 18. Juni 2012 eine Fachenquete
unter dem Titel "Vom Wohlfahrtsverein zur sozialen
Dienstleistungsorganisation" im Dachgeschoss des Wiener Ringturms. Im
Zentrum der Redebeiträge und einer Podiumsdiskussion standen die
Darstellung der gegenwärtigen Entwicklung sowie die künftigen
Herausforderungen für Sozialorganisationen im öffentlichen und
privaten Sektor. Einhelliger Tenor: Die - auch in Österreich
zunehmende - Armut wie auch die demografische Entwicklung hin zu
einer steigenden Lebenserwartung erfordern neue Konzepte hinsichtlich
Verteilung von Vermögen, Treffsicherheit der Sozialleistungen und
Professionalisierung der sozialen Dienstleistungen.

Dr. Günter Geyer, Vorstandsvorsitzender des Wiener Städtische
Versicherungsvereins, betonte in seiner Begrüßung die langjährige
Verbundenheit mit der Volkshilfe. Soziales Engagement sei dem
Unternehmen ein Anliegen, MitarbeiterInnen bekommen jährlich einen
zusätzlichen freien Tag für ehrenamtliche Arbeit im Sozialbereich.

Geänderte Anforderungen

Prof.in Erika Stubenvoll, Vorsitzende der Volkshilfe Wien,
erinnerte in einem kurzen Rückblick an die Vorgängervereine
"Societas" und "Sozialistische Arbeiterhilfe", auf die am 21. März
1947 die Gründungsversammlung des "Wiener Landesfürsorge- und
Wohlfahrtsvereins Volkshilfe" folgte. "Ging es in den Anfangsjahren
der Volkshilfe um die Linderung der Not nach den Weltkriegen - mit
Ausspeisungen, Erholungsfahrten für kriegstraumatisierte Kinder, der
Versorgung von Heimkehrern, der Errichtung von Kinderheimen, der
Erwachsenenbetreuung und Krankenfürsorge, der Betreuung einsamer und
alter Menschen und vielem mehr - so stehen wir heute vor ganz neuen
Herausforderungen", erklärte Stubenvoll: Nicht zuletzt die globale
Finanz- und Wirtschaftskrise konfrontiere die heutige Gesellschaft
mit "erneuter Massenarmut, mit steigender Arbeitslosigkeit und dem
Phänomen der ,working poor, Menschen, die trotz Arbeit zu wenig zum
Leben haben". Die demografische Entwicklung erfordere ebenso neue
Konzepte für ein würdevolles Leben im Alter. Nicht zuletzt "gilt
unsere Sorge all jenen, die durch Behinderung, Krankheit, Scheidung
oder andere Schicksalsschläge den Boden unter den Füßen verlieren und
alleine nicht mehr zurecht kommen können", so Stubenvoll.

Die Volkshilfe Wien bietet mit ihren mehr als 1.300
MitarbeiterInnen heute eine Vielzahl an professionellen
Unterstützunsangeboten an und repräsentiert eine der größten sozialen
Dienstleistungsorganisationen und die Nummer 1 im Bereich Pflege und
Betreuung in Wien. "Gleichzeitig ist uns aber bewusst, dass wir auch
in die Zukunft denken müssen, um weiterhin eine verlässliche und
effiziente Anlaufstelle für Menschen zu sein, die Unterstützung
brauchen", betont die Vorsitzende: "Dazu bedarf es kontinuierlicher
Professionalisierung, des bedarfsentsprechenden Ausbaus unserer
Leistungen wie auch der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen
für ein sicheres Einkommen und flächendeckende soziale
Dienstleistungen für alle Menschen."

Für Wiens Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag.a Sonja Wehsely
ist die Volkshilfe Wien "ein wichtiger Partner in der Stadt: im
Pflegebereich, in der Wohnungslosenhilfe, im Flüchtlingsbereich". Mit
dem Aufbau des Sozialstaates wurde in den vergangenen Jahrzehnten
nicht nur die Lebenssituation der Menschen verbessert, sondern auch
der soziale Friede gesichert. Die Volkshilfe habe sich dabei immer
"als avantgardistisch erwiesen - im Beobachten von Entwicklungen,
Professionalisieren und Vordenken". Sozialleistungen könnten nicht
nur additiv entwickelt werden, sondern es sei auch in Zukunft der
Wandel im Arbeits-, Privat- und gesellschaftlichen Leben zu
berücksichtigen. Umso wichtiger sei es, "die Herausforderungen der
Zukunft genau zu überlegen", so Wehsely.

Sensibilität für langlebige Gesellschaft entwickeln

Auf das Europäische Jahr des aktiven Alterns und der Solidarität
zwischen den Generationen 2012 bezog sich die Wiener
SeniorInnenbeauftragte Dr.in Angelika Rosenberger-Spitzy: "Wir müssen
Sensibilität für eine langlebige Gesellschaft entwickeln!" Den
Vorurteilen, dass Altern als Bedrohung und älteren Menschen als
Belastung der jüngeren Generationen angesehen werden, müsse
entgegengewirkt werden - durch ein Ermöglichen der Teilnahme am
gesellschaftlichen Leben, durch Beschäftigungsmöglichkeiten wie auch
Freiwilligentätigkeit für ältere Menschen. Zahlreiche Maßnahmen auf
nationaler und internationaler Ebene würden sich diesen Themen
annehmen. Der österreichische Lenkungsausschuss dazu verfolge die
Schwerpunkte aktiv Altern und Arbeitsmarkt, Partizipation, Altern in
Gesundheit und Würde sowie Generationenpolitik und Solidarität.

Im Speziellen auf das Thema "Psychische Erkrankungen im Alter"
bezog sich Chefarzt Primarius Dr. Georg Psota, Leiter der
Psychosozialen Dienste Wien. Da die Lebenserwartung steige und daher
auch mit einer steigenden Zahl an DemenzpatientInnen zu rechnen sei,
müsse eine entwickelte Gesellschaft "Angebote für ältere Menschen auf
diese demografische Veränderung abstimmen - von der Prävention bis
zur Behandlung und Rehabilitation, in allen Bereichen der Medizin und
daher auch in der Psychiatrie".

Professionalisierung in Pflege und Betreuung

Den praktischen Herausforderungen im Bereich Pflege und Betreuung
widmete sich die Pflegedienstleiterin der Volkshilfe Wien, Sonja
Leonhardsberger: "Geänderte Rahmenbedingungen erfordern
Professionalisierung auf allen Ebenen." In der allgemeinen
Wahrnehmung sind Pflege und Betreuung Begriffe, die eher mit
Fürsorge, Wohlfahrt und Obhut in Verbindung gebracht werden. Dahinter
stünden aber professionelle Konzepte wie jenes des Ambient Assisted
Living, die Menschen eine Leben in Würde im eigenen Zuhause so lange
wie möglich eröffnen ebenso, wie die entsprechende Aus- und
Weiterbildung der MitarbeiterInnen und die Nutzung moderner
Informationstechnologie für Organisation und Administration.

Armut als Verteilungsproblem

"Armut ist kein Naturereignis, sie wird von Menschen gemacht" ist
Mag.a Verena Fabris von der Volkshilfe Österreich/Armutskonferenz
überzeugt. Folglich hänge Armutsbekämpfung mit gerechter Verteilung
von Vermögen zusammen. "Armut ist teuer", sagt Fabris mit Verweis auf
die Folgekosten wie höhere Sozialleistungen bei gleichzeitig
geringerer Steuerleistung. Die Forderung nach einer gerechteren
Gesellschaft komme daher allen zugute.

SRin Mag.a Renate Christ, Leiterin der Magistratsabteilung 40
Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, kann "ebenso wie Verena
Fabris keine Jubelzahlen berichten". Zwar sei es durch zahlreiche
arbeitsintegrative Maßnahmen gelungen, die Zahl der VollbezieherInnen
der Mindestsicherung zu reduzieren, gleichzeitig sei aber der Bedarf
an Ergänzungsleistungen massiv angestiegen. Ursachen seien der
Rückgang an Vollbeschäftigung hin zu Teilzeitarbeit und atypischen
Beschäftigungsverhältnissen. "Working poor" würden ohne zusätzliche
Sozialleistungen zu wenig zum Leben haben. Das Ziel der sozialen
Arbeit in Wien sei, durch viele Zusatzangebote einen ganzheitlichen
Beitrag zu Gerechtigkeit, Menschenwürde und sozialem Ausgleich zu
schaffen.

Wie die "Gesichter der Armut" aussehen, berichtete Ljuba Borojevic
von der Sozialberatung der Volkshilfe Wien am Beispiel typischer
Fallgeschichten. Sie konstatiert generell einen "rapiden Anstieg der
hilfesuchenden Menschen" und immer komplexer werdende
Problemsituationen. "Wichtig ist, so zu beraten und zu helfen, dass
aus momentanen Notlagen nicht manifeste Armut wird", beschreibt sie
die Praxis.

"Hurra, wir leben immer länger?"

Die von Dr.in Elisabeth Vitouch moderierte anschließende
Podiumsdiskussion drehte sich um das Thema "Hurra, wir leben immer
länger?".

"Armut im reichen Österreich ist bittere Realität", betonte Mag.
(FH) Erich Fenninger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe
Österreich: "Über eine halbe Million Menschen in Österreich leben in
Armut. Das ist ein neuer Höchststand. Die Aufgabe der Volkshilfe ist
es, Menschen zu unterstützen und soziale Härten auszugleichen. Nur
gemeinsam ist eine solidarische Gesellschaft möglich."

Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, erklärte:
"Durch den Fonds Soziales Wien wird sichergestellt, dass Pflege und
Betreuung für alle Wienerinnen und Wiener leistbar und einfach
zugänglich ist. Grundsätzlich ist Wien mit dem Geriatriekonzept
bestens für die Zukunft gerüstet, und mit der Einführung des
Pflegefonds ist auch der finanzielle Mehraufwand mittelfristig
gedeckt. Aktuell sprechen wir mit dem Bund über die langfristige
Pflegefinanzierung."

"Seit beinahe 65 Jahren tritt die Volkshilfe Wien gegen Armut und
soziale Ausgrenzung ein und kämpft für eine gerechtere Verteilung der
Lebenschancen", resümierte DSA Walter Kiss, Landessekretär und
Geschäftsführer der Volkshilfe Wien: "Mit einem vielfältigen Angebot
an professionellen sozialen Dienstleistungen und Einrichtungen sind
wir eine zentrale Anlaufstelle für Menschen, die Unterstützung
brauchen. Trotz all unserer Bemühungen darf die Politik aber nicht
aus ihrer Verantwortung genommen werden."

Dr. Herbert P. Kornfeld, Geschäftsführer der Volkshilfe Wien,
verwies auf große Erfolge: "Die Volkshilfe Wien ist heute einer der
modernsten Sozialdienstleister und die Nummer 1 im Bereich Pflege und
Betreuung in Wien. Wir wollen auch in Zukunft diesen Erfolgsweg
gehen, Entwicklungen beobachten, neue Ideen aufgreifen und zugunsten
unserer KlientInnen umsetzen. Denn eine Prämisse wird immer
voranstehen: Im Mittelpunkt der Mensch!"

Fotos und Lebensläufe der aktiven TeilnehmerInnen können in der
Pressestelle der Volkshilfe Wien angefordert werden.

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
Volkshilfe Wien
Mag.a (FH) Christine Penz
Tel.: 0043 1 360 64-79
mailto:penz@volkshilfe-wien.at
www.volkshilfe-wien.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | VHW

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