• 23.02.2012, 09:30:47
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Gerichtsschließungen: Rechtsanwaltskammer NÖ fordert Erweiterung der Kompetenzen der Anwälte - BILD

RAK NÖ-Präsident Dr. Michael Schwarz

Wien / St. Pölten (OTS) - RAK NÖ-Präsident Dr. Michael Schwarz
warnt vor massiven negativen Auswirkungen durch die Schließung einer
Vielzahl von Bezirksgerichten: "Es geht nicht nur um mehr zeitlichen
und finanziellen Aufwand für die Bürger. Es droht eine Ausdünnung der
Rechtsinfrastruktur in den ländlichen Regionen Niederösterreichs und
auch Arbeitsplätze sind durch die Abwanderung von
Rechtsanwaltskanzleien bedroht. Dem muss gegengesteuert werden."

Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich fordert daher vom
Justizministerium Sofortmaßnahmen, um die bei Gerichtsschließungen
absehbaren strukturellen Defizite abzufedern: "In Zukunft müssen auch
Rechtsanwälte Beglaubigungen von Kopien oder Unterschriften
durchführen dürfen und die Berechtigung erhalten, als
Gerichtskommissär tätig zu sein. Mit dieser einfachen Änderung könnte
die Versorgung der Bevölkerung verbessert werden, ohne dass es für
die öffentliche Hand Mehrkosten gibt", so Schwarz.

Derzeit wird - auf Basis eines Konzepts von Justizministerin
Beatrix Karl - die Schließung von insgesamt 73 Bezirksgerichten in
Österreich, davon 17 der 32 noch bestehenden Bezirksgerichte in
Niederösterreich, breit diskutiert. Der Präsident der
Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Dr. Michael Schwarz, weist auf
die Konsequenzen solcher Massenschließungen hin, die nicht nur jeden
Bürger, sondern auch Rechtsanwälte und andere beratende Berufe im
Einzugsgebiet der betroffenen Gerichtsstandorte treffen. Schwarz
fordert daher, die gesetzlich definierten Tätigkeitsbereiche und
Serviceleistungen von Rechtsanwälten auszuweiten, um so die negativen
Effekte der geplanten Gerichtsschließungen für die Bevölkerung
möglichst gering zu halten.

Unzumutbar lange und teure Anfahrtszeiten zu Gerichten drohen

Die Schließung eines Gerichtsstandortes würde bedeuten, dass die
Bürger längere Anfahrtszeiten und auch höhere Fahrtkosten in Kauf
nehmen müssen. Ein konkretes Beispiel: Bei Schließung des
Bezirksgerichtes in Scheibbs müssten die Bürger aus Hollenstein/Ybbs
nun in das ca. 90 km entfernte Bezirksgericht nach Melk fahren. Für
die Hinfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist mit bis zu drei
Stunden zu rechnen.

"Unsere Gesamt-Erhebung für Niederösterreich zeigt, dass der
zeitliche Aufwand, um in das nächste Gericht zu gelangen, in vielen
Regionen nicht zumutbar ist. Es müssen daher unbedingt Alternativen
geschaffen werden, die es den Bürgern ermöglichen, rasch und
unkompliziert zu ihrem Recht zu kommen. Die Anwälte sind jedenfalls
bereit, neue Aufgaben in der Rechtspflege und im Bürgerservice zu
übernehmen, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen
werden", so Schwarz.

Beglaubigungen etc. - Anwälte sind bereit, als Dienstleister
einzuspringen. Qualifizierte Arbeitsplätze am Land müssen weiter
gesichert werden.

Die Rechtsanwaltskammer schlägt vor, dass im Falle von
großflächigen Gerichtsschließungen umgehend die Kompetenzen der
Rechtsanwälte erweitert werden, um die Rechtsversorgung der
Bevölkerung sicherzustellen.

Schwarz: "Die Kompetenzen der Anwälte sollten rasch erweitert
werden, z. B. indem auch Anwälte die Befugnis erhalten,
Beglaubigungen vorzunehmen und als Gerichtskommissäre tätig zu sein.
Anwälte gibt es in fast jedem Ort und die neue Regelung würde der
Bevölkerung in den ländlichen Regionen - nicht nur in
Niederösterreich sondern österreichweit - sehr helfen." Das sieht
auch die österreichische Bevölkerung so: Die große Mehrheit -
nämlich 8 von 10 Österreichern (79%) - ist dafür, dass Beglaubigungen
auch von Rechtsanwälten vorgenommen werden sollten. Das ergab die
repräsentative, österreichweite Umfrage "Die Österreicher, ihre
Anwälte und das Vertrauen in Gerichte, Justiz und Rechtssystem", die
im Auftrag der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich von
meinungsraum.at im Mai 2011 durchgeführt wurde.

Derzeit sind Anwälte rechtlich nicht befugt, Abschriften oder
Unterschriften zu beglaubigen. Das ist bislang den Gerichten sowie
Notaren vorbehalten. "Die Übernahme von einfachen Beglaubigungen und
anderen Rechtspflege-Aufgaben durch Anwälte könnte viele Probleme
verhindern und die Versorgung der Bevölkerung sogar ausbauen, ohne
dass für die öffentliche Hand Mehrkosten entstehen", so Schwarz.

Ebenso die Tätigkeit als Gerichtskommissär, der im Auftrag des
Gerichtes bestimmte Amtshandlungen - insbesondere in
Verlassenschafts-, Pflegschafts- und Verkaufsangelegenheiten
-vornehmen kann, wäre laut Schwarz für Anwälte denkbar: "Auch in
diesem Fall würden sowohl die Bürger als auch Anwälte profitieren und
die öffentliche Hand entlastet werden."

Zusätzlich würden die Vorschläge der Rechtsanwaltskammer auch
verhindern, dass mit den Gerichtsschließungen die Existenz von
dutzenden Anwaltskanzleien und qualifizierten Arbeitsplätzen in
ländlichen Regionen aufs Spiel gesetzt werden. "Mit so einfachen
Maßnahmen könnten allein in Niederösterreich hunderte Arbeitsplätze
gesichert werden", so Schwarz.

Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich ist jederzeit bereit,
über die praktische Umsetzung dieser Vorschläge mit dem
Justizministerium in Verhandlung zu treten.

Rechtsanwaltskammer Niederösterreich

Die Rechtsanwaltskammer Niederösterreich ist eine Organisation der
Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft und erfüllt als Körperschaft
öffentlichen Rechts auch öffentlich-rechtliche Aufgaben und
Funktionen. Der Präsident, die Vizepräsidenten, die Mitglieder des
Ausschusses und die Mitglieder des Disziplinarrates werden in
geheimer Wahl von der Vollversammlung direkt gewählt. Die Funktionen
werden ehrenamtlich ausgeübt. Die Administration der
Rechtsanwaltskammer Niederösterreich wird über die Kammerkanzlei in
St. Pölten geführt.

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM / Originalbild-Service
sowie im OTS-Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
Rechtsanwaltskammer Niederösterreich, Pressestelle
Jürgen H. Gangoly, gangoly@skills.at, 01/505 26 25 13

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | SKI

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