• 07.11.2011, 19:41:09
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Theophil Hansen: "Bauen für Politik und Gesellschaft" Veranstaltung im Parlament zum 120. Todestag des Architekten

Wien (PK) - Vor 120 Jahren, im Februar 1891, starb der Architekt des
Parlamentsgebäudes Theophil Hansen. Dieses historische Datum nahm
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer zum Anlass, um gemeinsam mit
der Zentralvereinigung der ArchitektInnen und der Österreichisch-
Dänischen Gesellschaft zu einer Veranstaltung ins Hohe Haus zu laden.
Unter dem Titel "Bauen für Politik und Gesellschaft" würdigten
Politik und Architektur einen der bedeutendsten Architekten seiner
Zeit. Beleuchtet wurde dabei nicht nur die Bauphilosophie Hansens,
der sich als Schöpfer von Gesamtkunstwerken verstand, sondern auch
sein Umfeld und die kulturellen Ansprüche seiner Auftraggeber. Mit
verschiedenen Beispielen internationaler Parlamentsarchitektur
spannte Architekturwissenschaftler Christian Kühn den Bogen bis in
die Gegenwart.

Nationalratspräsidentin Barbara Prammer wies in ihren
Eröffnungsworten auf die privilegierte Situation hin, ihren
Arbeitsplatz in einem "Gesamtkunstwerk" zu haben. Selbst nach Jahren
entdecke man im Parlamentsgebäude Details, die einem zuvor nicht
bewusst aufgefallen seien, meinte sie. Auch BesucherInnen staunten
immer wieder über die Pracht der Säulenhalle und anderer
Räumlichkeiten.

Prammer verwies aber auch auf den schlechten Bauzustand des Hauses,
der eine Generalsanierung unbedingt notwendig macht. In den letzten
130 Jahren sei nicht viel geschehen, gab sie zu bedenken. Die
Entscheidung über das Ausmaß der Sanierung wird ihr zufolge
voraussichtlich Anfang 2014 fallen.

Maria Auböck, Vizepräsidentin der Zentralvereinigung der
ArchitektInnen, äußerte die Hoffnung, dass mit der heutigen
Veranstaltung das Bewusstsein für den "ungewöhnlichen und
interessanten Architekten" Theophil Hansen geschärft werde, auch wenn
dieser nicht von allen ArchitektInnen geschätzt werde. Hansen habe
nicht nur in Wien, sondern auch in Griechenland, Dänemark, der
Slowakei, in Niederösterreich und am Traunsee gebaut und sei mit
seiner klaren Sprache für seine Zeit modern gewesen, skizzierte sie.
Die bevorstehende Generalsanierung wertete Auböck als spannende
architektonische und raumbildnerische Aufgabe.

Architekturhistorikerin Mara Reissberger ging in ihrem Vortrag
"Wohnen im Gesamtkunstwerk: Theophil Hansens Zins-Palais" vor allem
auf die von Hansen errichteten bzw. ausgestalteten Ringstraßenbauten
für private Auftraggeber ein. Er habe mit seinen repräsentativen
Zins-Palais den Anspruch seiner Kunden - Industrielle und Bankiers -
auf besondere Exklusivität erfüllt und gleichzeitig ökonomischen
Anforderungen durch vermietbare Räumlichkeiten ober und unter der Bel
Etage Rechnung getragen, schilderte sie. Um den Status der Bauherrn
zu unterstreichen, hob sich die Bel Etage dabei nicht nur vom äußeren
Erscheinungsbild deutlich von den übrigen Stockwerken ab, die
Räumlichkeiten waren auch besonders prächtig ausgestaltet.

Moderiert wurde die Veranstaltung im Parlament von
Architekturpublizistin Franziska Leeb. Im Vorfeld der Vorträge hatten
die BesucherInnen Gelegenheit, das Parlamentsgebäude im Rahmen einer
Spezialführung von einer besonderen Seite kennenzulernen.

Theophil Hansen

Theophil Hansen wurde am 13. Juli 1813 in Kopenhagen geboren. Dort
studierte er Architektur an der Königlichen Bauakademie und ging 1838
mit einem dänischen Reisestipendium für acht Jahre nach Athen, wo er
den griechischen Baustil eingehend studierte, an verschiedenen
Bauprojekten mitwirkte und sich auch mit byzantinischen Kunstformen
befasste. Den Erfahrungen aus dieser Zeit verdankt das
österreichische Parlamentsgebäude seinen charakteristischen Stil.

1846 übersiedelte Hansen nach Wien, wo er zunächst als Assistent des
Architekten Ludwig Förster arbeitete, ehe er 1852 sein eigenes Büro
eröffnete. Sein erster großer Auftrag war der Bau des Arsenal. Auch
die Entwürfe für die protestantische Kirche auf dem Matzleinsdorfer
Friedhof, die griechische Kirche am Fleischmarkt, das Gebäude des
Wiener Musikvereins, die neue Börse, das Palais Epstein und viele
weitere Gebäude in der Bundeshauptstadt stammen aus seiner Hand. 1866
erhielt Hansen die österreichische Staatsbürgerschaft.

Das Parlamentsgebäude, errichtet in den Jahren 1874 bis 1883,
betrachtete Hansen als sein Lebenswerk. Neben dem Entwurf für das
Gebäude konzipierte er auch die gesamte Ausstattung selbst,
angefangen von der Gestaltung der Wände über den figuralen Schmuck
bis hin zum Mobiliar. Dabei achtete er selbst auf kleinste Details
wie Türschnallen und auf eine harmonische Abstimmung der
verschiedenen Elemente.

Im Großen sah Hansen zwei deckungsgleiche Gebäudeflügel vor, die
jeweils einer der beiden Kammern des damaligen Reichsrats, dem
Abgeordnetenhaus und dem Herrenhaus, zugeordnet waren. Die
Mittelachse des Gebäudes mit der Säulenhalle im Zentrum war dabei als
"neutraler Grund" gedacht, auf dem sich die Vertreter der beiden
Häuser treffen konnten. Hier sollte auch der Kaiser, nach britischem
Vorbild, alljährlich die Parlamentssession mit einer feierlichen Rede
eröffnen, dazu kam es aber nie.

Gemäß Hansens Konzept wurde das Abgeordnetenhaus mit römischen
Figuren, symbolhaft für das Politisch-Praktische, das Herrenhaus mit
griechischen Statuen, Symbol für das Grundsätzlich- Philosophische,
ausgestattet. Nicht durchgedrungen ist der Architekt mit seinen
Plänen, die Fassade des Parlamentsgebäudes farbig zu gestalten und
die acht Quadrigen auf dem Dach zu vergolden.

Hansen unterrichtete ab 1868 auch an der Akademie der Bildenden
Künste und erhielt als einer der geschätztesten Architekten seiner
Zeit eine Reihe von Auszeichnungen. So wurde er 1883 zum Ehrenbürger
der Stadt Wien ernannt. Nahezu erblindet und nach längerem Leiden
verstarb Hansen im Alter von 77 Jahren am 17. Februar 1891 in Wien.
Er liegt in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof begraben.
(Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie - etwas
zeitverzögert - auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at)
im Fotoalbum.

Eine Aussendung der Parlamentskorrespondenz
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