- 05.10.2011, 12:01:57
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Unfallchirurgen: Qualitätssicherung in der Unfallchirurgie - ist die Politik säumig?
Wien (OTS) - Vom 6. bis 8. Oktober findet in Salzburg die 47.
Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Unfallchirurgie
(ÖGU) unter dem Motto "Qualität für Behandelte und Behandler" statt.
"Wir bieten Platz für wissenschaftlichen Austausch und
standespolitische Grundsatzdiskussionen - frei nach Albert Einstein:
Wer noch nie Fehler gemacht hat, hat es noch nie mit etwas Neuem
versucht", so der Leiter der unfallchirurgischen Abteilung am AKH
Linz und amtierender ÖGU-Präsident Oskar Kwasny. "Wir behandeln
jährlich etwa 10% der österreichischen Bevölkerung. Diese Größe
sollten wir nützen. Aber für eine breit angelegte und wirksame
Qualitätsoffensive benötigen wir auch die geeigneten
Rahmenbedingungen", so Kwasny.
Vorbild deutsches Traumaregister
Das von deutschen Ärzten 1993 ins Leben gerufene Traumaregister
dient Österreichs Unfallchirurgen als Vorbild, wie mit vernetzter
Zusammenarbeit und laufender Datenauswertung die Behandlungsqualität
gehoben werden kann. Seit 2000 ist das Register auch international
offen und erfasste bis Ende 2010 fast 70.000 eingetragene Patienten.
In Summe beteiligen sich derzeit 367 Kliniken aus sieben Ländern an
diesem Projekt. "Dieses System trägt zur Qualitätssicherung bei und
legt den Grundstein für Qualitätssteigerungen bei der Versorgung von
Schwerverletzten.
Alle Institute, die in das Register einspeisen, erhalten
regelmässige Rückmeldungen und können mit den Daten Vergleiche
anstellen und voneinander lernen. So etwas brauchen wir dringend auch
in anderen Bereichen", so Präsident Kwasny.
Breitere osteoporothische Früherkennungssysteme notwendig
Im Bereich der Osteoporose registrieren Österreichs
Unfallchirurgen seit vielen Jahren einen Anstieg an
osteoporothischen Frakturen. Diese führen zu Immobilität und
Pflegebedürftigkeit, zu Schmerzen und verminderter Lebensqualität.
Auch steigt die Zahl derer, die keine Kenntnis über ihre
osteoporothische Veranlagung haben und über leichte
Präventionsmaßnahmen Frakturen und Verletzungen verhindern könnten.
Österreichs Unfallchirurgen rufen daher, in Anlehnung an die
Einführung der flächendeckenden Tetanus-Impfungen, zu einem breiten
fachübergreifenden Konsens zur rascheren Früherkennung der
Osteoporose auf. Denn lt. dem ersten österreichischen Osteoporose
Bericht sind in Österreich rd. 700.000 Menschen von Osteoporose
betroffen. Die Kosten für die jährliche Akutversorgung belaufen sich
auf fast 500 Mio. Euro.
"Die rechtzeitige Erkennung sollte gleich der Startschuss für
geeignete Maßnahmen wie Zufuhr von Vitamin D oder die weitere
osteologische Basisabklärung sein. Wir Unfallchirurgen brauchen daher
abgestimmte Vorsorgeprogramme und eine bessere Vernetzung mit anderen
Fachdisziplinen, um die Patienten entsprechend ihres Risikos optimal
zu versorgen", so Richard Maier, Bundesfachgruppenobmann der
Unfallchirurgen in der Ärztekammer.
Baustelle Kinder- und Gewaltschutzregister
Bereits vor zwei Jahren forderte die ÖGU die Einführung eines
Kinder- und Gewaltschutzregisters zur rechtzeitigen Früherkennung von
Gewalt und/oder Missbrauch an Kindern und Frauen. Dieses Register
würde Spitalsärzten dabei helfen, rasch abzuklären, ob ein Kind
bereits ein- oder mehrmals mit ähnlichen Verletzungen in einem
anderen österreichischen Spital behandelt wurde.
"Wir sehen verletzte Kinder als erste. Oft stimmt die
Unfallversion der Eltern nicht mit dem diagnostizierten
Verletzungsmuster zusammen. Dann schrillen unsere Alarmglocken, aber
wir stoßen an einen Grenzbereich. Wir sitzen seit zwei Jahren mit der
Politik und Experten zusammen, um für den Kinderschutz das Register
umzusetzen. Aber es muss einfach schneller gehen. Wir fordern die
zuständigen Politiker auf, rasch das System dieses Registers auf
Datenschutz zu klären, damit wir rascher zum Schutz der Kinder
eingreifen können", so Prof. Richard Kdolsky vom AKH Wien.
Hüft- und Knieregister als Tool für Qualitätssteigerung
Eine gemeinsame Arbeitsgruppe im ÖBIG zwischen Orthopäden und
Unfallchirurgen hat bereits ein Hüft- und Knieregister ausgearbeitet.
Eine Umsetzung ist dringend erforderlich. Jährlich werden in
Österreich rd. 30.000 künstliche Hüft- und Kniegelenke implantiert -
Tendenz steigend. Das am Tisch liegende Registersystem, mit einer
Produktdatenbank hinterlegt, erfasst alle relevanten Eingriffe in
standardisierter Form und wird durch die behandelnden Ärzte auch mit
Merkmalen aus Folgeoperationen gespeist. Es schafft daher Transparenz
und optimiert langfristig die Behandlungsqualität. "Mit einem
Register erkennen wir ganz rasch, welches Gelenk sich bewährt hat
oder welche Folgewirkungen manche Hüftgelenke bei Patienten haben.
Mängel können so langfristig reduziert und die Qualität der
Behandlung gehoben werden", so Richard Maier. Die österreichischen
Unfallchirurgen unterstützen jegliche Bestrebungen des
Bundesministeriums über Registersysteme die Qualität der Behandlung
zu verbessern und so die Patientensicherheit zu heben.
Interne Qualitätsstandards und Beschwerdemanagement
Viele Krankenhäuser haben heute so genannte CIRS Systeme (Critical
Incident Reporting System), die durch eine aktive Rückkoppelung von
Beinahe-Fehlern ein Lernen ermöglichen. Die Etablierung von Risk
Management ist gerade bei Akutabteilungen notwendig, da die Planung
schwieriger ist und daher besonders ein System fehleranfällig sein
kann. Ebenso gehört die Einrichtung von Beschwerdemanagements zum
Standard in der heimischen Unfallchirurgie.
"Das alles hat nichts mit Überwachung oder Kontrolle gegenüber der
Kollegenschaft zu tun, sondern dient dem Informationsaustausch und
dem Lernen von Fehlern im Sinne einer Qualitätsverbesserung, die ja
wiederum den Patienten zugute kommen. Ich sehe im stetigen Ausbau
dieser internen Systeme eine absolute win-win Situation", so Oskar
Kwasny.
Kommission zur Zukunft der Unfallchirurgie
Mit der Weiterentwicklung ihres Faches beschäftigen sich die
Unfallchirurgen in Form einer Zukunftskommission. Darin wird der
Fokus u.a. auf Qualitätssicherung und die notwendigen Anpassung an
neue gesetzliche und strukturelle Rahmenbedingungen gelegt, die
entscheidend für den Fortbestand des Faches und die Aufrechterhaltung
des hohen unfallchirurgischen Niveaus in Österreich sind. "In diesem
Sinne werden wir im Rahmen der Änderungen in der Ausbildungsordnung
auch darauf achten, schon in der Ausbildungsphase die richtigen
Weichen zur Qualitätssicherung zu stellen und beispielsweise auf ein
Rotationssystem hinarbeiten", so Prim. Thomas Neubauer vom
Waldviertelklinikum Horn.
"Ein abgestuftes Versorgungssystem braucht auch eine eigene
Zuordnung in der Ausbildung. Darüber hinaus muss im europäischen
Rahmen unbedingt die Kompatibilität und Konkurrenzfähigkeit unserer
jungen Kollegen gesichert werden, wobei man sich nicht scheuen darf,
Brücken zu anderen Fachgebieten zu schlagen. Auch muss es uns auf
längere Sicht gelingen, durch vernünftige Ausstiegsszenarien für
langjährig tätige Kollegen die Attraktivität unseres Faches zu
steigern, welches sicher zu einem der stressreichsten und körperlich
forderndsten Fachgebiete der Medizin gehört," so Neubauer
abschliessend.
Rückfragehinweis:
Kovar & Köppl Public Affairs Consulting
Mag. Martin Stradal, Tel.: 01/522 92 20 - 25
martin.stradal@publicaffairs.cc
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