• 19.08.2011, 13:30:31
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Offener Brief an Bundeskanzler Faymann, im Europäischen Rat beschlossene Reformen jetzt umzusetzen

Wien (OTS) - Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

in der als Europa-Abgeordneter gewonnenen Überzeugung, dass mehr
den je europäische und nationale Politik Hand in Hand gehen müssen,
und im Einvernehmen mit meiner Delegation im Europaparlament, richte
ich dieses Schreiben in ernster Besorgnis an Sie:

Vor wenigen Wochen, am 23. Juni 2011, haben Sie im Europäischen
Rat dem erstmals vorgelegten "Europäischen Semester" mit den darin
für Österreich ganz konkret angeführten Empfehlungen persönlich
zugestimmt und damit namens der Bundesregierung verpflichtet, diese
raschest umzusetzen. Deren Zielsetzungen entsprechen präzise der
geltenden "Europa 2020-Strategie", die von Nachhaltigkeit und
Generationenverantwortung bestimmt ist. Hier einzelne Kernthemen, die
für die unmittelbar bevorstehenden Entscheidungen höchst relevant
sind:

- Staatsschulden-Abbau bis 2013 schneller als geplant und
- Senken der Neuverschuldung 2012 und 2013 stärker als geplant.
- Schnellste Abschaffung der "Hacklerregelung" und
- Anhebung des gesetzlichen Pensionsalters für Frauen (derzeit 60
Jahre) auf jenes der Männer (65 Jahre).

Diese Ziele bestätigt auch der aktuelle OECD-Bericht vom März
2011, "Renten auf einen Blick" (zur Alterssicherung in 42 Industrie-
und Schwellenländern), der in Bezug auf Österreich klar und
unmissverständlich feststellt:

- Österreich liegt beim durchschnittlichen Berufsausstiegsalter
  (Männer mit 58,9 und Frauen mit 57,5) an vorletzter Stelle nach
  Luxemburg,
- ein höheres Pensionierungsalter = längeres Arbeiten ist
  unumgänglich,
- es muss eine automatische Anpassung an die höhere Lebenserwartung
  erfolgen,
- immer noch gibt es die Diskriminierung älterer Arbeitnehmer am
  Arbeitsmarkt und
- zu wenig Weiterbildungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer.

Zum Erstaunen vieler haben Sie sich seit der Beschlussfassung im
Europäischen Rat zur Umsetzung all dieser staatspolitisch
existenziellen Problemlösungen nicht konkret geäußert oder
angekündigt, wann Sie welche Maßnahmen zu setzen beabsichtigen, um
deren Realisierung bis Jahresende sicherzustellen.

Immerhin wird ja mit bereits Jahresbeginn 2012 in vollem Umfang am
nächsten (!) "Europäischen Semester" gearbeitet, welches auf die
nachweisbaren Konsequenzen jedes Mitgliedslandes Bezug nehmen wird -
was wohl für jene Staaten, die bis dahin ihre Ziele nicht erreicht
haben, zur öffentlichen Blamage werden könnte.

Aufgrund des offensichtlich zwingenden Handlungsbedarfes richte
ich daher folgende dringende Aufforderung an Sie Herr Bundeskanzler,
als den Hauptverantwortlichen der österreichischen Regierungsarbeit:

- Die auch von Ihnen auf europäischer Ebene voll akzeptierten Ziele
  und Vorschläge für sofortige Reformen in Österreich im
  Pensionssystem, im Gesundheitssystem, im Pflegesystem, etc. liegen
  auf dem Tisch!
- Weiters liegen sehr konkrete Vorschläge führender Institutionen,
  wie dem Seniorenrat und anderen Sozialpartnern vor - teils schon
  aus dem Vorjahr!
- Wann werden Sie endlich konkrete Maßnahmen seitens der
  Bundesregierung veranlassen? 
- Herr Bundeskanzler, worauf warten Sie noch?!
- Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben kein Verständnis
  für weitere Verzögerungen: Wir erwarten daher bis Herbstanfang
  einen genauen Maßnahmen- und Terminplan der von Ihnen geführten
  Bundesregierung.

Ich hoffe, Sie stimmen mit mir überein, dass die Zukunftssicherung
unserer sozialen Systeme absolute Priorität haben muss und zugleich
offensichtliche Einsparungspotentiale genützt werden müssen. Daher
dürfen Österreichs Bürgerinnen und Bürger sehr berechtigt rasche
Entscheidungen seitens der Bundesregierung für einen klaren
Reformkurs erwarten, um die in den letzten Jahrzehnten erreichte
soziale Sicherheit und unseren erfolgreich erarbeiteten Wohlstand
auch weiterhin zu gewährleisten.

Eine weltweit unruhige Finanz- und Wirtschaftslage wie heute, die
viele bisher ungelöste Probleme von Regierungen schonungslos
aufzeigt, ist sicher nicht die Zeit für Populismus. Es wäre wahrlich
verantwortungslos, jetzt nicht entschlossen zu handeln!

Und glauben Sie bitte: Die jungen und ältere Generationen werden
in Hinkunft nicht bereit sein, jene "Suppe auszulöffeln", die so
lange am Herd der Reformunfähigkeit bis zur Ungenießbarkeit
dahinköchelt! Handeln Sie jetzt und geben Sie den Menschen wieder
Zuversicht und positive Zukunftsaussichten!

In der Hoffnung, dass Sie den Österreicherinnen und Österreicher
demnächst den konkreten Maßnahmen- und Terminplan der Bundesregierung
zur raschen Umsetzung der übernommenen Verpflichtungen vorlegen, der
die notwendige Reformkraft im Interesse unserer Bevölkerung ebenso
wie im gemeinsamen europäischen Interesse beweist, verbleibe ich mit
besten Empfehlungen

MEP Heinz K. Becker

Rückfragehinweis:
MEP Heinz K. Becker
Mobil: +43 - 699 - 111 777 16
mailto:heinzk.becker@europarl.europa.eu

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