• 16.08.2011, 18:15:30
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WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Cordoba hat in der Wirtschaft keinen Platz - von Esther Mitterstieler

Konjunkturzahlen bieten keinen Grund für Jubel

Wien (OTS) - Es ist wieder einmal erstaunlich, wie schön man sich
die Welt reden kann. Quer durch Europa zieht sich eine tiefe Spur der
Wachstumsschwäche, aber Österreich hat sich gut behauptet. Österreich
wächst und Deutschland steckt fest? Da wurde in Onlineforen einiges
in altgewohnter Cordoba-Manier etwas verwegen interpretiert. Nur
blöd, dass sich das eingebremste deutsche Wachstum bald auch in
Österreich zeigen wird. Weil wir uns nämlich unser schönes Wachstum
ohne Deutschland abschminken können. Unser Wachstum fahren wir
schließlich im traditionellen Windschatten der deutschen Wirtschaft
ein. Also: kein Grund zum Jubeln. Österreich ist im zweiten Quartal
um ein Prozent gewachsen, im ersten Quartal waren es 0,8 Prozent. Im
Jahresabstand hat sich das Wachstum aber von 4,2 Prozent auf 3,7
Prozent abgeschwächt. In Deutschland ist das BIP-Wachstum von 1,3
Prozent im ersten auf 0,1 Prozent im zweiten Quartal geschrumpft.
Auch sonst schaut es bescheiden aus. In Bulgarien gab es ein Plus von
0,1 Prozent, in Spanien, Großbritannien, Tschechien, Litauen und
Rumänien waren es gerade einmal 0,2 Prozent, und Frankreich
stagniert. Insgesamt erwarten Ökonomen im zweiten Halbjahr noch
bescheidenere Aussichten.

Was für Österreich positiv ist: Die Institute halten an den Prognosen
von drei Prozent Wachstum im Gesamtjahr fest, bauen dabei aber vor
allem auf die Ergebnisse aus dem ersten Halbjahr. Kein Wunder, dass
sich auch Topmanager zurückhaltend geben. Noch ist die Auftragslage
gut, so der Grundtenor. Aber die Unsicherheit auf den Märkten drückt
die Stimmung gewaltig. Gleichzeitig sinken die Investitionen und die
Exporte. Was das für die exportgetriebene österreichische Wirtschaft
bedeutet, braucht wohl nicht erst beschrieben werden. Aber irgendwie
scheint die Hoffnung so trügerisch, dass wir uns vielleicht doch von
der großen weiten Welt abkoppeln können. Jetzt ist gefragt, den
Knäuel aufzulösen, in dem wir uns befinden. Der IWF mahnt zu Recht:
Wir sollen uns nicht zu Tode sparen. Malen Sie sich einmal aus, was
passiert, wenn wir alle nur noch sparen, dann müssen nicht nur
Griechenland, Irland oder Italien Insolvenz anmelden, dann sind
Deutschland und Österreich an der Reihe. Dann hätten wir die aus der
Not entstandene Schicksalsgemeinschaft.

Aber Geldpolitik allein kann die Schuldenkrise nicht lösen. Die
Haushalte müssen also konsolidieren. Mit einem klug aufgesetzten Mix
von Eurobonds könnte dieser Weg gelingen. Verschenkt werden darf
dabei aber gar nichts.

Rückfragehinweis:
Wirtschaftsblatt Verlag AG
Tel.: Tel.: 01/60117 / 300
mailto:redaktion@wirtschaftsblatt.at

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