- 01.07.2011, 08:45:30
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Wiens Kinder- und Jugendanwaltschaft kritisiert Behörden: "Wegschauen, statt Lösungen finden"
Fallbeispiel Kinder- und Jugendrechte: Seit Jahren leidet ein 9-jähriger Bub an Schlafstörungen, verursacht durch ständige Lärmbelästigungen eines Nachbarlokals
Wien (OTS) - Ort des Geschehens: ein Altbauhaus im 7. Wiener
Gemeindebezirk. Im Erdgeschoß ein Lokal, in dem seit Jahren bis in
die frühen Morgenstunden Karten gespielt wird. Dabei werden die
Karten so heftig auf den Tisch geschlagen, dass im ganzen Haus
massive Klopfgeräusche zu hören sind. "Die sind vergleichbar mit
einem ständig tropfenden Wasserhahn", berichtet eine Bewohnerin und
Mutter von zwei Kindern. Seit mehreren Jahren leidet ihr älterer,
9-jähriger Sohn an Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen,
verursacht durch die ständige Lärmbelästigung. Da die Polizei bei den
nächtlichen Ruhestörungen aber nichts unternehmen kann, weil diese
Art von Lärm in die Zuständigkeit der Gewerbebehörde fällt, wandte
sich die Mutter schließlich ans Bezirksgericht. Es folgten
Verhandlungen, Untersuchungen durch den Amtsarzt und Lärmmessungen:
"Eine technische Show", kritisiert Wiens Kinder- und Jugendanwalt
Anton Schmid. Denn die Messung ergab, wie auch von der Mutter und
anderen leidtragenden Bewohnern erwartet, dass die Lautstärke unter
dem erlaubten Wert von der Gewerbebehörde liegt. Die Schlafstörungen
wollte der Amtsarzt auf "die negative Einstellung" dem Lokal
gegenüber zurückführen. Bei einer Verhandlung diesen Juni wurde dann
schließlich zugegeben, dass selbst leise Klopfgeräusche bis spät in
die Nacht eine massive Belästigung darstellen und Schlafstörungen zu
Schäden des vegetativen Nervensystems führen können. Das Fazit: Der
Besitzer sei dafür verantwortlich, dass sich seine Gäste ruhig
verhalten und beim Kartenspielen nicht die Emotionen überwiegen. Eine
nachhaltige Lösung blieb aus.
"Es ist völlig inakzeptabel, dass seitens des Lokalbesitzers und der
Behörden keine Rücksicht auf die Situation der Kinder genommen wird",
empört sich Schmid. Denn sowohl nach der UN-Kinderrechtskonvention,
dem österreichischen Bundesverfassungsgesetz Kinderrechte als auch
nach dem Wiener Jugendschutzgesetz haben Kinder ein Recht darauf,
ihre Nachtruhe störungsfrei zu erleben. "Es ist schlicht und einfach
verboten, junge Menschen in ihrer gesunden Entwicklung zu behindern:
Ausgiebige Möglichkeit zum Schlaf ist für die Entwicklung von Kindern
und Jugendlichen enorm wichtig!", stellt Schmid klar. Es sei absolut
unverständlich, dass es in diesem Fall bis dato zu keiner
langfristigen Lösung im Sinne der Kinder gekommen ist. Dem Appell der
Mutter, die Sperrstunde von zwei Uhr Früh auf 22.00 zu verlegen,
wurde nicht ansatzweise nachgekommen. "Dieser Fall zeigt erneut, dass
das Wohl von Kindern und Jugendlichen in Österreich an zweiter Stelle
steht. Denn sonst hätten sich die Behörden schon längst um eine
rasche Lösung bemüht", so Wiens Jugendanwalt Anton Schmid.
Auszug aus dem Bundesverfassungsgesetz Kinderrechte:
Artikel 1: Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge,
die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung
und Entfaltung.....
Obwohl die Kinder- und Jugendrechte seit kurzem in die
Bundesverfassung aufgenommen wurden, wird allein am obgenannten Fall
deutlich, dass hier in der Praxis noch ein weiter Weg zur Umsetzung
der Kinderrechte vor uns liegt.
Rückfragehinweis:
Kinder- & Jugendanwaltschaft Wien
Herr Dr. Anton Schmid
Tel.: (++43-1) 70 77 000
mailto:post@jugendanwalt.wien.gv.at
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