• 29.06.2011, 13:45:55
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Internationale Enquete "Digitale Dividende": Österreich kann von ausländischen Erfahrungen lernen - BILD

Schweden hat die Versteigerung der Digitalen Dividende als bisher einziges Land zur Zufriedenheit aller Branchen gelöst, berichtet Sally Ibrahim von der schwedischen Post- und Telekommunikationsbehörde im Rahmen der Internationalen Enquete "Digitale Dividende" in Wien.

Wien (OTS) - Experten zeigen auf: Politik soll
Interferenzproblematik und finanzielle Kompensation in den
Rahmenbedingungen zur LTE-Lizenzversteigerung regeln, um Chaos zu
vermeiden. Betroffene Branchen fordern eine Clearingstelle für
Störungen und einen Zukunftsfonds zur Abgeltung finanzieller
Ansprüche. Österreich hat noch genügend Zeit und Handlungsspielraum.

Rechtzeitig vor der Versteigerung der durch die Einführung von
DVB-T freigewordenen oberen Digitalen Dividende (Frequenzen 790-863
MHz) an den Mobilfunk im kommenden Jahr versucht die Allianz für
Rundfunkqualität und Kulturvielfalt mit ihrer heutigen international
ausgerichteten Enquete den damit einhergehenden Regelungsbedarf für
betroffene Branchen, aber auch die Endverbraucher zu thematisieren.

"Ziel unseres Expertenforums ist es, vom Ausland zu lernen",
betont Michael Wagenhofer, Vorsitzender der Allianz und
Geschäftsführer der Österreichische Rundfunksender GmbH & Co KG
(ORS). "Wo - wie in Deutschland - bei der Ausschüttung der Digitalen
Dividende die Fragen der Störproblematik und der finanziellen
Kompensation im Vorfeld der Lizenzenvergabe unberücksichtigt
geblieben sind, ist es zu großen Problemen und Rechtsstreitigkeiten
gekommen", so Wagenhofer. "In Österreich kann man durch zeitgerechte
Festlegung entsprechender Rahmenbedingungen ähnliche
Rechtsunsicherheiten für die betroffenen Branchen und für die
Endverbraucher vermeiden."

Die Allianz für Rundfunkqualität und Kulturvielfalt fordert daher
die Einrichtung einer Clearingstelle, bei der auftretende Störfälle
(Interferenzen zwischen LTE und Rundfunk durch Nutzung des gleichen
Frequenzbandes) gemeldet werden können und die dann gemeldeten
Störungen nachgehen und diese beheben muss.

Das zweite rechtliche Kernthema rund um die Vergabe der Digitalen
Dividende ist für Wagenhofer die finanzielle Kompensation von
Drahtlos-Technologieanwendern und Kabelnetzbetreibern für
erforderliche technische Umrüstungen bzw. für mögliche
Schadenersatzansprüche von Konsumenten an den Elektrohandel, die
durch Einbehalten und Zweckbindung eines Teiles des
Versteigerungserlöses in einem eigenen Fonds dotiert werden könnten.
"Die Rahmenbedingungen dafür können in der bevorstehenden Novelle zum
Telekommunikationsgesetz geregelt werden", meint Michael Wagenhofer.

"In Schweden war die Vergabe der Digitalen Dividende an die
Verpflichtung der Mobilfunkbetreiber gekoppelt, keine Interferenzen
mit dem für den Empfang von terrestrischen Fernsehen genutzten
Frequenzband 470-790 MHz zuzulassen", berichtet Sally Ibrahim, die
als Frequenzmanagerin der schwedischen Post und Telecom Agency PTS
den Versteigerungsprozess in ihrer Heimat begleitete, in ihrer
Keynote. Darüber hinaus wurden die Lizenznehmer der Digitalen
Dividende in Schweden angehalten, durch rechtzeitige Bekanntgabe von
LTE Rollout-Plänen Störfälle zu vermeiden und gemeinsam eine
Organisation für koordinierte Interferenz-Reports einzurichten.

Mathias Fehr, Präsident des deutschen Berufsverbandes für Anwender
drahtloser Produktionstechnologien (APWPT), hat in seinem
Erfahrungsbericht zur deutschen Versteigerung und zur
Entschädigungsdiskussion vor dem Hintergrund der Weltfunkkonferenz
2012, am Beispiel England veranschaulicht, wie man mit dem Problem
der finanziellen Kompensation einer betroffenen Branche auch umgehen
kann: "In UK hat man sich drei Jahre vor Olympia in London darauf
verständigt, dass den Mikrofonanwendern der Kreativwirtschaft für
technische Umrüstungen ein Rechtsanspruch auf bis zu 55 %
Refinanzierung zusteht", so Fehr. In Deutschland hat man diese
Problematik vor der Auktion nicht gelöst und muss sich jetzt mit
Rechtsstreitigkeiten und mit zähen Entschädigungsverhandlungen herum
schlagen.

Nach dem Rollout von rund 1.000 LTE-Basisstationen in der
Peripherie sind alleine sechs Störmeldungen bekannt geworden, so dass
davon auszugehen ist, dass die Interferenz-Problematik im dicht
besiedelten urbanen Raum um ein Vielfaches darüber liegen wird. "Es
ist daher eine Verdrehung der technischen Tatsachen, wenn die
Mobilfunkbetreiber behaupten, dass sich Mobilfunk und
Drahtlostechnologien nicht stören, obwohl sie im selben
Frequenzspektrum angesiedelt sind, so Fehr."

Für Tobias Schmid, Bereichsleiter Medienpolitik RTL Television
GmbH und Vizepräsident des Verbandes Privater Rundfunk- und
Telemedien (VPRT) "entspricht die derzeitige Rundfunkregulierung
nicht der digitalen und konvergenten Medienwelt von heute und stellt
eine drohende Destablisierung des dualen Systems in Deutschland dar."

In Europa gibt es mit der Digitalen Agenda tendenziell eine
Präferenz für den Mobilfunk, weil sich dessen Wachstumsstrategie bei
mobilem Breitband auf Frequenzen begründet. Dem Rundfunk hingegen
wurde im Hinblick auf seine gesellschaftspolitischen Aufgaben bei der
Diskussion um die Digitale Dividende bislang zu wenig Aufmerksamkeit
geschenkt.

Schmid sieht hier den Rundfunk insbesondere im Hinblick auf die
Entwicklung geeigneter Geschäftsmodelle gefordert." Programmvielfalt
und verbesserte Qualität (HDTV), Medienkonvergenz (Over-Top-Services)
und eine Multi-Screen-Ausrichtung werden sich nur über die
Erschließung neuer Umsatzquellen auf Basis Pay-TV generieren lassen.
Erst mit Etablierung dieser ökonomischen Werttreiber wird der
Rundfunk bei der Zuteilung von Infrastrukturvoraussetzungen anders
wahrgenommen werden.

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM/Original Bild
Service, sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
Büro der Allianz für Rundfunkqualität und Kulturvielfalt
Silke Ploder
Tel.: +43 1 234 75 75-20
mailto:silke.ploder@trummerundteam.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NEF

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