• 21.06.2011, 14:38:50
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Wittgenstein-Preise 2011 an den Ozeanographen Gerhard Herndl und an den Zellbiologen Jan-Michael Peters

Acht Spitzen-NachwuchsforscherInnen neu in das prestigeträchtige START-Programm aufgenommen.

Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz Töchterle mit den beiden diesjährigen Wittgenstein-Preisträgern Gerhard Herndl (Universität Wien) und Jan-Michael Peters (IMP) sowie mit FWF-Präsidenten Christoph Kratky (v.l.n.r.) anlässlich der heutigen Pressekonferenz im BMWF

Wien (OTS) - Wissenschafts- und Forschungsminister Karlheinz
Töchterle gab heute im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit
FWF-Präsident Christoph Kratky die diesjährigen
Wittgenstein-Preisträger und acht neu in das START-Programm
aufgenommenen NachwuchswissenschafterInnen bekannt. Insgesamt werden
in den kommenden fünf bzw. sechs Jahren den zehn ForscherInnen rund
12,6 Mio. EUR für ihre wissenschaftlichen Arbeiten zur Verfügung
stehen.

"Die im besten Sinne des Wortes ausgezeichneten
WissenschafterInnen stehen für 'Spitzenforschung - Made in Austria'
und stellen eindrucksvoll unter Beweis, wie breit unsere heimische
Forschung aufgestellt ist. Ich gratuliere allen Ausgezeichneten sehr
herzlich und freue mich auf die kommende hochkarätige Forschung, die
wir heute ermöglichen", so Wissenschafts- und Forschungsminister
Karlheinz Töchterle. Gerade im Bereich der Förderung von exzellenten
NachwuchswissenschafterInnen löse der START-Preis einen Hebel für
wissenschaftliche Erfolge aus, "die die Attraktivität des
Forschungsstandortes Österreich ausmachen."

"WissenschafterInnen beziehen ihre Motivation einerseits aus der
Möglichkeit ihren selbstgewählten Forschungsinteressen nachgehen zu
können, anderseits aus der Anerkennung durch die Öffentlichkeit und
die wissenschaftliche Community. Das START-Programm und der
Wittgenstein-Preis kombinieren diese beiden Aspekte auf idealtypische
Weise", führt Christoph Kratky, Präsident des Wissenschaftsfonds,
aus.

Bereits zum 16. Mal wurden heuer die START- und
Wittgenstein-Auszeichnungen vergeben und der Kreis der im Rahmen
dieser Programme prämierten WissenschafterInnen wurde um zehn
Personen erweitert. Die Wittgenstein-Preise 2011 gehen an Gerhard
Herndl, Professor für Meeresbiologie an der Universität Wien und
Jan-Michael Peters, Senior Scientist und Scientific Deputy Director
am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien.

Gerhard Herndl, geboren 1956 in St. Pölten, promovierte im Jahr
1982 im Fach Zoologie an der Universität Wien und wurde 1983
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zoologie der
Universität Wien, wo er nach Erlangung der Venia docendi für das Fach
Ökologie im Jahr 1992 ab 1994 bis 1997 Assistenzprofessor war. Diese
"1. Wiener Zeit" wurde durch einen zweijährigen Forschungsaufenthalt
in den Jahren 1988 und 1989 unterbrochen, als Gerhard Herndl PostDoc
am Scripps Institute of Oceanography, University of California at San
Diego war. Im Jahr 1997 wurde Gerhard Herndl zum Leiter des
Departments für Biologische Ozeanographie am Königlich
Niederländischen Institut für Meeresforschung bestellt. Diese
Funktion hatte er 11 Jahre lang inne. Knapp zwei Jahre nach seiner
Übersiedlung wurde Gerhard Herndl im Jahr 1999 zum Professor für
Biologische Ozeanographie an der Universität Groningen ernannt. Auf
seine Zeit in den Niederlanden folgte 2008 mit dem Ruf als Professor
für Meeresbiologie die Rückkehr an seine Alma mater, an die
Universität Wien. Er wurde somit Nachfolger seines Mentors Jörg Ott;
seit Jänner 2009 ist Gerhard Herndl darüber hinaus 'Adjunct Senior
Scientist' am Königlich Niederländischen Institut für Meeresforschung
(nicht zuletzt, um weiter Zugang zu erstklassiger Infrastruktur zur
Erforschung der Tiefsee zu haben).

Seit Beginn seiner wissenschaftlichen Arbeit hat sich Gerhard
Herndl mit Fragen mikrobieller Meeresökologie beschäftigt und in
diesen mehr als 25 Jahren essenzielle Beiträge zu einem besseren
Verständnis mikrobieller Vorgänge und Zusammenhänge in den Weltmeeren
geleistet. Seine Forschungsergebnisse haben dazu geführt, dass
Lehrbücher neu bzw. umgeschrieben werden mussten. Obwohl Gerhard
Herndl sich mit sehr spezifisch anmutenden Fragestellungen der
Meeresbiologie beschäftigt, wird schnell klar, dass Prozesse wie die
Stoffwechselaktivität von Tiefsee-Mikroorganismen und deren Rolle in
den Stoffkreisläufen von essenzieller Bedeutung für das Verstehen der
größten Ökosysteme auf der Erde sind, zumal die Tiefsee ca. 80% des
gesamten Wasservolumens der Ozeane darstellt.

Die Rolle der Mikroorganismen in der Tiefsee besser zu verstehen
ist nicht nur ein Gebot der Gegenwart - Stichworte "Fukushima" und
"Deepwater Horizon" - sondern trägt dazu bei, die Bedeutung des
Ökosystems "Meer" für das System "Erde" genauer einschätzen zu
können. Gerhard Herndls ganzheitlicher Ansatz mikrobielle
Meeresökologie zu betreiben, führt dazu, dass in seiner Forschung
Komplexitätsgrade erreicht werden, die sich nur mittels einer Fülle
methodischer Zugänge und unterschiedlichster Fragestellungen
bewältigen lassen. So gesehen ist es ein Glücksfall, dass es gelungen
ist, Gerhard Herndl und sein gesamtes Team nach Österreich zu holen,
um das Wissen, die Erfahrung und das Know how in Bereichen wie
Biogeochemie und mikrobieller Ozeanographie um Aspekte der
Biotechnologie zu erweitern. "Wir wissen heute mehr über die
Oberfläche des Mondes als über die Tiefsee. Daran möchte ich etwas
ändern", sagt Gerhard Herndl. Und: "Der Wittgenstein-Preis soll dazu
beitragen, die unbekannten, dunklen Tiefen der Weltmeere und ihre
zentrale Rolle für die biogeochemischen Flüsse und Kreisläufe der
sich im Wandel befindlichen Ozeane und ihre Bedeutung für das
Weltklima besser zu verstehen", gibt Gerhard Herndl die Perspektive
für seine weitere Forschung vor.

Jan-Michael Peters, geboren 1962 in Heide, Schleswig-Holstein,
studierte ab 1982 Biologie an der Universität Kiel und wechselte
während des Diplomstudiums an die Universität Heidelberg (Diplom
1988), wo er bereits drei Jahre später, 1991, sein Dokotoratsstudium
abschloss. Es folgten zwei PostDoc-Jahre an der Universität
Heidelberg und daran anschließend zwei weitere Jahre an der Harvard
Medical School. Im Jahr 1996 verließ Jan-Michael Peters die USA und
wurde Group Leader am Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in
Wien, dem er seitdem angehört. Im Jahr 2002 avancierte Jan-Michael
Peters zum Senior Scientist am IMP, seit 2011 ist er dessen
stellvertretender wissenschaftlicher Direktor.

Jan-Michael Peters Forschung zielt auf das Verstehen der
Chromosomenverteilung bei der menschlichen Zellteilung ab. Bei allen
Zellteilungen, die in jedem Augenblick des Lebens im menschlichen
Körper stattfinden, wird das Genom in Form von 46 Chromosomen an die
sich bildenden Tochterzellen weiter gegeben. Dieser Vorgang
gewährleistet Gesundheit und die Aufrechterhaltung der Identität,
bzw. erzeugt durch die Kombination mütterlicher und väterlicher
Genome bei der Befruchtung einer Eizelle ein neues Individuum.
Umgekehrt kann die Veränderung des Genoms, zum Beispiel in
Tumorzellen, zu fatalen Erkrankungen führen. Die Arbeiten von
Jan-Michael Peters haben wesentlich zum Verständnis der molekularen
Mechanismen beigetragen, durch die das Genom von einer Zellgeneration
zur nächsten vererbt wird. Insbesondere haben Peters und sein Team
die Funktion von Proteinkomplexen aufgeklärt, die sicherstellen, dass
bei jeder Zellteilung die sich bildenden Tochterzellen die korrekte
Anzahl an Chromosomen und damit eine vollständige Kopie des Genoms
erhalten. Diese Erkenntnisse sind von zentraler Bedeutung für die
zellbiologische Grundlagenforschung und für das Verständnis von
Erkrankungen, die auf Fehlverteilung von Chromosomen beruhen.

Der Wittgenstein-Preis ist Österreichs höchstdotierter und
prestigeträchtigster Wissenschaftspreis, der seit 1996 durch den FWF
vergeben wird. Wittgenstein-PreisträgerInnen stehen für
wissenschaftliche Forschungsarbeiten bis zu 1,5 Mio. EUR für die
Dauer von fünf Jahren zur Verfügung. Der Wittgenstein-Preis ist ein
so genannter "Dry prize", das heißt, die Gelder stehen ausschließlich
für die intendierte Forschung und hier insbesondere für die
Anstellung junger WissenschafterInnen zur Verfügung.

Der Entscheidungsvorschlag - basierend auf Fachgutachten
ausländischer ExpertInnen - wurde von der Internationalen START- und
Wittgenstein-Jury zusammengestellt. Die Jury setzt sich aus
renommierten WissenschafterInnen aus dem Ausland zusammen, um eine
bestmögliche Objektivierung der Entscheidung sicherzustellen. Die
Jury tagte Ende letzter Woche unter der Vorsitzführung von Sheila
Jasanoff, Professorin an der Kennedy School of Government, Harvard
University.

Neben dem Wittgenstein-Preis wurden acht
Spitzen-NachwuchsforscherInnen aus 56 Bewerbungen in das
START-Programm aufgenommen. Die START-Auszeichnung ist die
höchstdotierte und anerkannteste Förderung für
NachwuchsforscherInnen, die aufgrund ihrer bisher geleisteten
wissenschaftlichen Arbeit die Chance erhalten sollen, in den nächsten
sechs Jahren finanziell weitgehend abgesichert, ihre
Forschungsarbeiten zu planen und eine eigene Arbeitsgruppe auf- bzw.
auszubauen. Nach drei Jahren haben sie sich einer Zwischenevaluierung
zu stellen. Die START-Projekte sind mit jeweils bis zu 1,2 Mio. EUR
dotiert.

Die neu in das START-Programm aufgenommenen WissenschafterInnen -
in alphabetischer Reihenfolge - sind:

Peter BALAZS
"Frames und Lineare Operatoren für
Akustische Modellierung und Parameter-Schätzung"
Institut für Schallforschung, ÖAW, Wien
peter.balazs@oeaw.ac.at

Agata CIABATTONI
"Nichtklassische Beweise: Theorie, Automatisierung, Anwendung"
Institut für Computersprachen
TU Wien
agata@logic.at

Sebastian DIEHL
"Dissipative und getriebene Vielteilchen-Quantensysteme"
Institut für Theoretische Physik
Universität Innsbruck
sebastian.diehl@uibk.ac.at

Alwin KöHLER
"Die Rolle der Kernporen für die Regulation der Genexpression"
Department für Medizinische Biochemie,
Medizinische Universität Wien
alwin.koehler@mfpl.ac.at

Thomas MüLLER
"Graphen-basierte Photonik"
Institut für Photonik
TU Wien
thomas.mueller@tuwien.ac.at

Peter RABL
"Quantendynamik von opto- und nanomechanischen Systemen"
Institut für Quantenoptik und Quanteninformation, ÖAW, Innsbruck
peter.rabl@uibk.ac.at

Michael SIXT
"Zytoskelettvermittelte Krafterzeugung und Kraftübertragung bei
wandernden Leukozyten", IST Austria
sixt@ist.ac.at

Philip WALTHER
"PhoQuSi - Photonische Quantensimulation"
Institut für Quantenoptik und Quanteninformation, Universität Wien
philip.walther@univie.ac.at

Sowohl das START-Programm als auch der Wittgenstein-Preis sind für
alle wissenschaftlichen Disziplinen offen. Die beiden Programme
werden seit 1996 durchgeführt.

Bild(er) zu dieser Aussendung finden Sie im AOM/Original Bild
Service, sowie im OTS Bildarchiv unter http://bild.ots.at

Rückfragehinweis:
FWF, Stefan Bernhardt
Tel.: +43 1 5056740 DW 8111
Mobil: +43 664 8588797
stefan.bernhardt@fwf.ac.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | FWF

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