• 10.06.2011, 14:10:19
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Neuer WHO-Bericht: Weltweit 1 Milliarde behinderte Menschen

"Jeder 7. Mensch hat eine Behinderung. Das sind viel mehr als bisher angenommen", so Rupert Roniger, Geschäftsführer von 'Licht für die Welt'.

Wien (OTS) - 15 Prozent aller Menschen haben eine Behinderung.
Somit ist jeder 7. Mensch weltweit von Behinderung betroffen. Bisher
ist man von 10 % ausgegangen. Armut ist die Hauptursache für diese
unglaubliche Zahl. Große Defizite für Menschen mit Behinderungen gibt
es in den Bereichen Rehabilitation, medizinische Versorgung und
Zugang zum Arbeitsmarkt. Und auch in Österreich bedingen einander
Armut und Behinderung! Österreich hinkt vor allem bei
Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen und der Bildung
für alle Kinder in Regelschulen nach.

Gestern um 9 Uhr Ortszeit haben Weltgesundheitsorganisation (WHO)
und Weltbank in New York den ersten globalen Bericht zu Behinderung
veröffentlicht. Seit den 1970er Jahren haben Betroffene, Vertreter
und Organisationen auf die neuen Zahlen gewartet, die die bisherigen
Schätzungen dramatisch übertreffen: Jeder 7. Mensch weltweit,
insgesamt mehr als 1 Milliarde Menschen, ist behindert (15 Prozent
der Bevölkerung). Bisher wurde angenommen, dass rund 10 Prozent eine
Behinderung haben. Diese Zahl ist so stark gestiegen, weil die
Menschen immer älter werden und sich daher auch chronische
Krankheiten häufen. Die Zahl ist aber auch gestiegen, weil es immer
mehr arme Menschen gibt. Am stärksten von Behinderungen betroffen
sind demnach Menschen in Entwicklungsländern und dort vor allem
Frauen.

Rehabilitationsprojekte von 'Licht für die Welt'
"1 Milliarde Menschen ist behindert - das sind viel mehr als bisher
angenommen. Und einem Großteil der Menschen mit Behinderungen werden
immer noch grundlegende Menschenrechte vorenthalten. Das können wir
nicht länger hinnehmen und deshalb werden wir gemeinsam mit den
Regierungen unserer Partnerländer und anderen Fachorganisationen
nichts unversucht lassen, um auch behinderten Menschen Zugang zu
Gesundheit und Bildung zu ermöglichen", erklärt Mag. Rupert Roniger,
Geschäftsführer von 'Licht für die Welt'.

Arm macht behindert
Armut und Behinderung sind weltweit ein Kreislauf: Der Großteil aller
Menschen mit Behinderungen lebt in Entwicklungsländern. Kinder und
Frauen sind am stärksten betroffen. In Afrika sind 6,4 % aller Kinder
unter 14 Jahren behindert. Das sind wesentlich mehr als in den
Ländern mit hohem Einkommen (2,8 %). Kinder mit Behinderungen haben
weit geringeren Zugang zu Schulbildung als nichtbehinderte Kinder.
Grundsätzlich gilt: Die ärmsten Länder sind am stärksten von
Behinderung betroffen. Beispiele sind: Burkina Faso, Mosambik,
Somalia, Mali. Entwicklungszusammenarbeit kann einen großen Beitrag
leisten, um in den Armutsgebieten unserer Erde Menschen mit
Behinderungen Zugang zu Gesundheit, Bildung, Rehabilitation und
Technologie zu ermöglichen und bestehende Barrieren abzubauen.

Millenniumsentwicklungsziele: Armut halbieren bis 2015
Dies ist auch für die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), dem
größten Entwicklungsprogramm der UNO, wesentlich. Ohne die
Einbeziehung und Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in
allen Zielen, Programmen und Aktionsplänen der MDGs können diese
nicht erreicht werden. Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 und
Bildung für alle - das sind die ersten beiden MDGs.

1. Weltbericht zu Behinderung
Die World Health Assembly hat die WHO im Jahr 2005 beauftragt, einen
World Report on Disability zu erstellen. Dieser Bericht wurde
gemeinsam von der WHO mit der Weltbank erstellt. Insgesamt waren über
370 Personen aus 74 Ländern beteiligt, darunter auch Johannes Trimmel
von 'Licht für die Welt' sowie viele Menschen mit Behinderungen.

Mag. Helene Jarmer, Behindertensprecherin der Grünen und
Präsidentin des Gehörlosenbundes, unterstreicht die Bedeutung des
ersten Weltberichts zu Behinderung: "Oft heißt es, dass Menschen mit
Behinderungen eine kleine, vernachlässigbare Randgruppe sind. Der
Weltbericht zeigt, dass das überhaupt nicht stimmt. Im Gegenteil:
Jeder 7. Mensch hat eine Behinderung. Die Zahlen und Empfehlungen aus
dem neuen Bericht sind so wichtig, weil sie eine Grundlage für die
Planung und Durchführung von staatlichen Programmen zu Behinderung
bilden."

Österreich und Behinderung im Weltbericht
Armut ist auch in Österreich eine Hauptursache für Behinderung. Dr.
Reinhard Pichler, Gesamtleiter des Krankenhauses der Barmherzigen
Brüder, kennt die Situation aus seinem Berufsalltag: "Arme Menschen
gehen später zum Arzt, die Heilung dauert länger und kann daher auch
chronisch werden." Dr. Franz-Joseph Huainigg, Behindertensprecher der
ÖVP, erklärt, in welchen Bereichen Österreich den größten
Aufholbedarf hat: "In Österreich wird Behinderung oft mit Krankheit
verwechselt. Behinderte Menschen sind nicht krank, können aber krank
werden. Es muss daher sichergestellt werden, dass Menschen mit
Behinderungen entsprechend ihrer Bedürfnisse behandelt werden, was
bisher leider noch nicht in allen Spitälern der Fall ist. Auch im
Bereich Bildung gibt es noch viel zu tun: 50 Prozent der Kinder mit
Behinderungen kommen nach wie vor in Sonderschulen. Dabei sollten ab
sofort alle behinderten Kinder in Regelschulen integriert werden.
Inklusive Schulbildung ist bei uns aber leider noch ein Fremdwort."

Statement Bundesministerium für Gesundheit
Gesundheitsminister Alois Stöger zum aktuellen Weltbericht:
"Behinderung ist von der Gesellschaft und vom Gesundheitssystem ernst
zu nehmen. In vielen Ländern werden Krankheiten nicht behandelt, was
in letzter Konsequenz zu einer Behinderung führen kann. In Österreich
sind wir durch unser solidarisches Gesundheitssystem in der Lage,
Erkrankungen in hoher Qualität zu behandeln. Trotzdem darf man sich
nicht ausruhen. Ich habe daher den Unfallversicherungsschutz auch auf
Menschen mit Behinderung, die in Tageswerkstätten arbeiten,
ausgedehnt."

Lösungen: Akzeptanz und Inklusion
Die zwei wichtigsten Empfehlungen des World Reports on Disability
lauten: Zugang zu medizinischer Versorgung und Schulbildung schaffen
sowie Menschen mit Behinderungen in das Gemeindeleben
gleichberechtigt einbeziehen. Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
in Wien zeigt, was damit gemeint ist: Seit mehr als 10 Jahren
betreibt das Wiener Krankenhaus die einzige Gehörlosenambulanz
Ostösterreichs, in der jeder Mitarbeiter in Gebärdensprache
kommunizieren kann und die Patienten umfassend betreut werden.

Andrea Scherney, Sportdirektorin des Österreichischen
Behindertensportverbandes, erklärt, welche Rolle Sport spielen kann:
"Was im alltäglichen Leben schwerfällt, ist im Sport oft
selbstverständlich und spielerisch leicht - nämlich, dass alle
gleichberechtigt oder sogar als Team antreten, egal ob behindert oder
nicht!"
Helene Jarmer: "Hauptziel ist, dass Menschen mit Behinderungen zur
Normalität gehören und gleich behandelt werden, wie alle anderen."

Rückfragehinweis:

LICHT FÜR DIE WELT
   Margit Draxl
   Pressesprecherin
   Tel.: +43/676/487 000 7 bzw. +43/1/810 1300-59
   mailto:m.draxl@licht-fuer-die-welt.at
   www.licht-fuer-die-welt.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | CBM

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