• 10.06.2011, 12:51:37
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Maier kritisiert: Höheres Schmerzensgeld für verpatzen Urlaub als für Menschen, die unschuldig in Haft waren

Reform des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes und europaweit einheitlicher Rechtsrahmen für staatliche Justizopfer nötig

Wien (OTS/SK) - Des Themas der strafrechtlichen Entschädigung, die
in Österreich absolut unzureichend ist, nahm sich am Freitag
SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Johann Maier an. "Für einen verpatzten
Urlaub erhält man mehr Schmerzensgeld als für eine Haft infolge einer
Verurteilung trotz Unschuld, selbst wenn es in einem
Wiederaufnahmeverfahren einen Freispruch gibt. Das schockiert",
erläuterte Maier. Die Rechte von Opfern, die unschuldig in Haft
genommen und verurteilt wurden, würden zu wenig thematisiert. Es sei
daher dringend eine Reform des Strafrechtlichen
Entschädigungsgesetzes nötig. Der SPÖ-Abgeordnete fordert auch einen
europaweit einheitlichen Rechtsrahmen, zumindest mit Mindeststandards
für staatliche Justizopfer. ****

In Holland etwa gibt es kein Strafrechtliches Entschädigungsgesetz.
In Großbritannien wiederum wurde Alfons Mensdorff-Pouilly die enorme
Summe von 430.000 Euro für eine Woche U-Haft zugestanden. In
Österreich gäbe es für Mensdorff-Pouilly höchstens 50 Euro pro Tag
U-Haft. "Sichergestellt werden muss nicht nur ein unbeschränkter
Rechtszugang und ein Rechtsanspruch auf Entschädigung, sondern auch,
dass rasch eine finanziell angemessene und wirksame Entschädigung
gewährt wird", betonte Maier. Auch im Zusammenhang mit den
Europäischen Haftbefehl ist ein einheitlicher Rechtsrahmen für
Haftentschädigung erforderlich, da sich ein zu Unrecht in Haft
genommene Personen die Frage stellt, welcher Staat tatsächlich für
Entschädigungsansprüche aufzukommen hat. Zwar wurde von der
EU-Kommission die Überarbeitung der Richtlinie über die Entschädigung
der Opfer von Straftaten angekündigt, die staatlichen Justizopfer
sind darin allerdings nicht berücksichtigt.

In Österreich haben Menschen, die freigesprochen wurden und sich
unschuldig in Haft, etwa auch U-Haft, befanden, nicht nur Anspruch
auf Schadenersatz, zum Beispiel Verdienstentgang, sondern auch auf
Schmerzensgeld. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 erfolgte eine
Änderung des Strafrechtlichen Entschädigungsgesetzes. Es wurde die
Höhe des Schmerzensgeldes auf 20-50 Euro pro Tag Freiheitsentzug
beschränkt. Begründet wird diese Festsetzung in den Erläuterungen mit
der deutschen Praxis, in der sich ein Betrag von 20 Euro pro Tag
eingespielt habe. Tatsächlich wurde in Deutschland aber generell ein
Betrag von 20 Euro für zu Unrecht erlittene Haft festgesetzt.

Im Vergleich dazu: Laut OLG Wien ist bei einem völlig verpatzten
Urlaub ein Schmerzensgeld-Tagessatz von 100-120 Euro gerechtfertigt.
Wenn der Mangel groß war und ebenso das Verschulden des
Reiseveranstalters und wenn ein hoher Reisepreis bezahlt wurde, kann
man mit 120 Euro rechnen. "Ich halte das persönlich und
rechtspolitisch für absolut verfehlt, dass verpatzter Urlaub
hinsichtlich der Schmerzensgeldansprüche höher bewertet wird als
gestohlene Lebenszeit in einem Gefängnis", sagte Maier.

Abschließend betonte Maier, dass sich die Situation bezüglich der
Verfahrenseinstellungen nach gesetzmäßig angeordneter U-Haft
gebessert habe. Gab es 2003 270 Verfahrenseinstellungen, so gab es
noch 2010 lediglich 33 Verfahrenseinstellungen. Bei den Freisprüchen
gab es 2010 283 Personen. Aber nur 197 Personen haben einen Antrag
auf Haftentschädigung gestellt. Hier versucht Maier vom
Justizministerium Auskunft über die Gründe für die Differenz zu
erfahren. (Schluss) up/mb

Rückfragehinweis:
SPÖ-Bundesorganisation, Pressedienst, Löwelstraße 18, 1014 Wien,
Tel.: 01/53427-275
http://www.spoe.at/online/page.php?P=100493

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