Hochkarätig besetzte Diskussionsrunde über die Perspektiven der EU
Wien (OTS/PWK298) - Welchen Herausforderungen muss sich die
Europäische Union in den kommenden Jahren stellen? Haben wir die
Grenzen der europäischen Solidarität ausgereizt? Und wie kann man
populistischen oder ausgrenzenden Tendenzen entgegentreten?
Diese und viele weitere brisante Fragen rund um die Zukunft
Europas beleuchtet das neue Buch "Europa? Europa!", das heute,
Mittwoch, im Haus der Europäischen Union in Wien präsentiert wurde.
Herausgeber des Sammelbandes, in dem sich zehn hochrangige
Europaexperten mit Zukunftsperspektiven der EU befassen, sind
WKÖ-Präsident Christoph Leitl und Günter Verheugen, Mitglied und
Vizepräsident der Europäischen Kommission a.D. und Geschäftsführer
von European Experience.
Mit ihnen diskutierten am Mittwoch bei der Buchpräsentation der
deutsche Trendforscher Matthias Horx sowie Klaus Liebscher, Präsident
der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik und Gouverneur
der Österreichischen Nationalbank a.D., welche Problemfelder auf
unseren Kontinent zukommen. "Vor genau sechs Jahrzehnten schlug die
Geburtsstunde der europäischen Friedensidee", erinnerte Leitl; die
Rückschau sei daher die beste Gelegenheit, um in die Zukunft zu
blicken. Dort sieht der WKÖ-Präsident Europa in einem sich
verschärfenden globalen Wettbewerb, für den es sich zu rüsten gilt:
"Europa, du stehst im sportlichen Wettbewerb, du musst besser
trainieren, sonst laufen dir die anderen davon!" Europa verliere im
Vergleich an wirtschaftlicher Dynamik und brauche eine IQ-Strategie
(Innovation und Qualifikation) sowie eine neue, organisierte
Weiterentwicklung: Das "3-Konzentrische-Kreise-Modell", das ein
Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten erlaubt.
Unter dem Motto "Niemanden zu etwas zwingen, aber auch niemanden
an etwas hindern" solle ein Modell mit drei Angeboten geschaffen
werden, die den jeweiligen Auffassungen der an der Integration
beteiligten Länder bestmöglich entsprächen: von offener
Wirtschaftsgemeinschaft als Modell der reinen
Wirtschaftszusammenarbeit bis hin zum umfassenden Projekt der
integrationswilligsten Ländern, so Leitl.
"Die Debatte über den Zustand und die Perspektiven der
europäischen Einigung darf nicht erlahmen. Die europäische
Öffentlichkeit muss sich stärker einmischen. Die EU ist noch nicht
genug vorbereitet auf die Herausforderung der Zukunft. Das Buch
"Europa? Europa!" ist ein Aufruf zu mehr Verantwortung und mehr Mut
in europäischen Fragen", unterstrich Günter Verheugen. Den
derzeitigen Zustand der Europäischen Union betrachtet er teils
kritisch und bemängelt in erster Linie ihre Führungsschwäche: "Die
Staats- und Regierungschefs neigen dazu, Dinge unter sich auszumachen
und dabei den Gemeinschaftsgedanken außer Acht zu lassen. Dieser wird
dadurch jedoch geschwächt." Verheugen forderte zudem eine Stärkung
der EU-Kommission.
"Mit Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion, der Einführung
des Euro, den beiden Erweiterungsrunden der Europäischen Union und
der Weiterentwicklung der EU-Verträge wurden Meilensteine in der
europäischen Integration gesetzt, deren nachhaltig positive
Auswirkungen für den politischen wie auch ökonomischen Zusammenhalt
Europas von zentraler Bedeutung sind. Gerade in den schwierigen
Phasen der Finanz- und Wirtschaftskrise wurde dieser Zusammenhalt
durch zahlreiche Maßnahmen deutlich unter Beweis gestellt und wirkte
der Euro als Schutzschild und Stabilitätsanker", hielt Klaus
Liebscher fest.
Alle EU-Mitgliedstaaten müssten sich weiterhin auf die
strategischen Vorteile eines gemeinsamen Integrationsweges
konzentrieren, eingeleitete Reformen zielstrebig umsetzen und für
weitere Reformmaßnahmen unbedingt bereit sein, um ihren Schuldenstand
zu reduzieren und Wachstum und Produktivität der Europäischen Union
zu steigern, so Liebscher.
"Wir haben kein Europaproblem, sondern ein Problem, was eigentlich
die Rolle der Nationalstaaten sein soll. Denn die Regionalpolitik
funktioniert gut, aber derzeit haben wir den Nationalstaat als eine
Art Zwischenbarriere, die an vielen Stellen nicht funktioniert",
meinte Trendforscher Horx. "Meine Utopie ist es, dass der
Nationalstaat seine Machtkompetenzen ein stückweit abgeben kann und
damit auf eine positive Art und Weise verblasst". Aus der Sicht von
Horx wird das Europa der Zukunft "urbaner, weiblicher,
skandinavischer, globaler und lokaler, also glokaler". (PM)
Rückfragehinweis:
Wirtschaftskammer Österreich, Stabsabteilung EU-Koordination
MMag. Christian Mandl
Tel.: T:(+43) 0590 900-4316, F:(+43) 0590 900-224
mailto:eu@wko.at
http://wko.at/eu
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