- 27.04.2011, 09:04:21
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Elterninitiative gemeinsame Schule10bis14
Entwicklungspsychologie widerspricht Trennung 10-jähriger Kinder im Schulsystem
Wien (OTS) - Eltern haben, wenn es um die Schule geht, keine
Lobby. Inge Karazman-Morawetz und Rudolf Karazman, Eltern eines
Sohnes und Andrea Baidinger, Mutter einer Tochter, sind die Gründer
der unabhängigen Initiative "Eltern für eine gemeinsame Schule aller
zehn- bis 14-jährigen Kinder". Diese Initiative gibt Eltern im Sinne
der Kinder eine Stimme. Das Ziel der Initiative: Bis 2017 soll eine
gemeinsame Schule für Kinder zwischen zehn und 14 Jahren in
Österreich etabliert sein. Die Initiative unterstützt das
Bildungsvolksbegehren "Österreich darf nicht sitzen bleiben" und
setzt sich für die "Gemeinsame Schule aller zehn- bis 14-jährigen"
ein.
Ein Blick auf die Entwicklungspsychologie zeigt: Das
österreichische Schulsystem zerstört bei Kindern zwischen zehn und 14
Jahren wertvolle Anlagen und Talente. Es orientiert sich an dem
sogenannten Musterschüler aus dem 19. Jahrhundert, ignoriert Stärken
und Schwächen, vor allem aber Entwicklungsunterschiede. Wer dem
starren und vollkommenen Einheitsbreisystem nicht entspricht, wird
als Verlierer abgestempelt, hat kaum mehr Chancen, in eine höhere
Schule umzusteigen.
Selektion Zehnjähriger völlig ungerechtfertigt
Die Selektion der Zehnjährigen ist völlig ungerechtfertigt und
muss endlich ein Ende haben, ist sich das Gründungstrio einig. Rudolf
Karazman ist überzeugt: "Die Entwicklungspsychologie von Kindern und
Jugendlichen und die Erfahrungen von erfolgreichen Erwachsenen
widerspricht in allen Bereichen einer Trennung von Zehnjährigen. Es
ist unerklärlich, warum an diesem unfairen Schulsystem so verkrampft
festgehalten wird." Andrea Baidinger tritt vor allem für mehr
Mitspracherecht ein: "Die Politik hat Eltern erfolgreich in zwei
ideologische Lager gespalten. Aber Eltern haben ebenso Erfahrung mit
Kindern, sie haben ein Recht darauf, in der Schulsystem-Diskussion zu
Wort zu kommen und vor allem ernst genommen zu werden."
Österreichisches Schulsystem grenzt aus
Inge Karazman-Morawetz: "Eine grundlegende Reform ist dringend
notwendig. Eine Drei im Zeugnis eines neun Jahre alten Kindes kann
entscheidend dafür sein, dass wichtige Berufs- und
Entwicklungschancen blockiert sind. Die Mehrheit der Kinder zwischen
zehn und 14 ist durch das derzeitige Bildungssystem vom bestmöglichen
Bildungsweg ausgeschlossen. Es darf nicht sein, dass in der Mitte der
kindlichen und besonders rasanten Entwicklungszeit über Bildungswege
und Chancen in der Zukunft entschieden wird." Kinder entwickeln sich
gerade in diesen Jahren unterschiedlich schnell. Die einheitlichen
Vorgaben von Lerntempo und Anforderungen in der Schule ignorieren
Individuen. Es wird keine Rücksicht auf Kinder genommen, die
gefördert werden müssen und es fehlt an individuellen Förderungen.
Schwächen werden verstärkt, Stärken verkümmern. "Unser Schulsystem
produziert Bildungsferne. Das ist pädagogischer Bankrott, was in
Österreich betrieben wird", wettert Karazman.
Lernen beeinflusst die Gehirnentwicklung
Die Neun- bis Zwölfjährigen befinden sich in der von der Pädagogik
als mittleres Schulalter bezeichneten Phase. "Neben den körperlichen
Veränderungen vollzieht sich in der kognitiven Entwicklung ebenfalls
ein Übergang: vom empirischen Denken zum theoretischen Denken.
Kategorisierungen, die Einteilung von Ober- und Unterklassen, sind im
Denken möglich, ebenso Abstrahierungen, das heißt Wahrnehmungen und
Denken lösen sich von der konkreten Anschauungsgrundlage", beschreibt
die deutsche Pädagogin Helga Joswig. Grundlegende Fertigkeiten wie
Lesen, Schreiben und Rechnen sowie notwendige Konzepte und
Denkschemata für das Alltagsleben sind ausgebildet. Entscheidend für
die Qualität der Gehirnentwicklung sind die Bedingungen, unter denen
das Kind "lernt" bzw. das Gehirn sich entfaltet.
Mit der Fächerspezialisierung in der Schule entwickeln sich
zunehmend auch Neigungen und Interessen. Ihr Fähigkeitskonzept ist
schon relativ stabil ausgebildet. In der sozialen Entwicklung beginnt
der Prozess der Ablösung vom Elternhaus. Es gewinnen Freizeitgruppen
mit Gleichaltrigen an Bedeutung. Bezüglich der Lernmotivation ist
häufig ein ambivalentes Verhalten zu beobachten: einerseits
stabilisieren sich Interessen. Andererseits ist ein "Haltungsverfall"
zu verzeichnen, der sich besonders gegenüber schulischen
Lernanforderungen zeigt. Aufgehoben wird diese Diskrepanz erst in den
nächsten Entwicklungsphasen, wenn Schulabschlüsse und Übergänge in
das Berufsleben Bedeutung erlangen.
Ein großer Teil der weiteren Gehirnentwicklung bei Kindern besteht
dann darin, die für ihre Lebenswelt nicht relevanten Synapsen
abzubauen und die benötigten Bahnen zwischen Neuronen zu
intensivieren. Ab dem 10. Lebensjahr gewinnt dann das Prinzip des
"Use it or lose it" (Benutze es oder verliere es) eine überragende
Bedeutung: Das Gehirn wird optimiert, d.h. diejenigen Synapsen, die
häufig gebraucht werden, bleiben erhalten; die anderen werden
eliminiert. Ab dem zehnten Lebensjahr fällt das Lernen schwerer -
umso wichtiger ist ein motivierendes Umfeld. Je vielfältiger und
breiter die in der Kindheit ausgeprägte Struktur des Gehirns ist,
umso mehr Bereiche gibt es, in denen der Jugendliche oder Erwachsene
Fortschritte machen kann. Die Gehirnentwicklung wird entscheidend
durch das Lernen geprägt und beeinflusst.
Internationale Vorbilder für hohes Leistungsniveau
Kinder profitieren von einer gemeinsamen Entwicklung, das belegt
eine Vielzahl an Studien. Internationale Vorbilder der gemeinsamen
Schule zeigen darüber hinaus eine wesentlich niedrigere
Drop-out-Quote und wesentlich bessere Leistungen der Schüler. Gerade
das hervorragende Abschneiden Polens im PISA-Test gründet auf einer
Schulpflicht bis 18 Jahre.
Unterstützung für "Österreich darf nicht sitzen bleiben"
Die Initiative unterstützt das Bildungsvolksbegehren "Österreich
darf nicht sitzen bleiben" und setzt sich für die "Gemeinsame Schule
aller zehn- bis 14-jährigen" ein. Die gemeinsame Schule soll von
bestmöglicher Qualität sein, über ausreichend Personal und die dafür
nötigen Budgetmittel verfügen. Die Lehr- und Fachkräfte müssen
Arbeitsbedingungen vorfinden, unter denen sie ihre Aufgaben erfüllen
können. Österreich kann sich Bildung leisten, eine gemeinsame Schule
kostet nicht mehr. Das Ergebnis werden aber erfolgreiche Erwachsene
sein, die alle für sie geeigneten Lern- und Bildungsmöglichkeiten
nützen konnten.
Weitere Infos unter: www.schule10bis14.at
Rückfragehinweis:
Pressestelle Unabhängige Elterninitiative Schule10bis14
Andrea Baidinger, Telefon 0699 100 76 145
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