Haslauer: Gerechtfertigte Ansprüche des Erben der 1941 enteigneten, deportierten und später ermordeten Eigentümerin
Salzburg (OTS) - Das um 1915 entstandene Gemälde "Litzlberg am
Attersee" von Gustav Klimt (Öl auf Leinwand, 110 x 110 cm) zählt zu
den bekanntesten und wohl auch wertvollsten Meisterwerken der
Sammlung des Museum der Moderne Salzburg. Gutachten haben allerdings
ergeben, dass die Ansprüche von Georges Jorisch, dem Enkel und
Alleinerben von Amalie Redlich, der ursprünglichen Eigentümerin des
Gemäldes, gerechtfertigt sind. Bei der konsequenten Beibehaltung der
Selbstbindung des Landes zur Anwendung der Bundeskriterien zur
Restitution von Kunstgegenständen ist das Gemälde aus dem vom Museum
der Moderne verwalteten Sammlungsbestand des Landes daher an Herrn
Jorisch als Erben zu restituieren. Das stellten Salzburgs
Museumsreferent LH-Stv. Dr. Wilfried Haslauer und der Direktor der
Museum der Moderne Rupertium Betriebsgesellschaft mbH, Toni Stooss,
fest. Bei einem Informationsgespräch heute, Donnerstag, 21. April,
wurde Georges Jorisch von Rechtsanwalt Univ.-Doz. Dr. Alfred J. Noll
vertreten.
Provenienzforschung ergibt klares Bild
Anhand der Provenienzforschung und des Rechtsgutachtens von
Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Berger ist nachvollziehbar, dass es sich
bei dem Gemälde "Litzlberg am Attersee" von Gustav Klimt um eines
jener Landschaftsgemälde handelt, die bis zu ihrer Deportation im
Jahr 1941 Amalie Redlich, geb. Zuckerkandl, gehörten. "Unter
Bezugnahme auf den Beschluss der Landesregierung vom 9. Dezember 2002
sind daher aus meiner Sicht die Voraussetzungen für die Übereignung
des Gemäldes an den rechtmäßigen Erben von Amalie Redlich erfüllt.
Daher werde ich der Salzburger Landesregierung die Übereignung dieses
Gemäldes an Georges Jorisch - den Nachweis seiner alleinigen
Erbenschaft nach Amalie Redlich vorausgesetzt - vorschlagen. Zudem
ist ein entsprechender Landtagsbeschluss zu fassen", so LH-Stv. Dr.
Haslauer.
Gutachten der Provenienzforscherinnen Mag. Ruth Pleyer und Dr.
Susanne Rolinek sowie Nachforschungen vom früheren Leiter des
Salzburger Landesarchives Hofrat Dr. Fritz Koller haben folgenden
Sachverhalt ergeben:
Amalie Redlich hat das Gemälde aus dem Nachlass ihres Bruders
Victor und ihrer Schwägerin Paula Zuckerkandl vor dem Jahr 1938
erworben. Amalie Redlich wurde im Oktober 1941 nach Polen deportiert
und ermordet. Die Wohnung der deportierten Amalie Redlich wurde von
der Gestapo geräumt, die Gestapo beschlagnahmte das Gemälde.
Nach 1941 wurde das Gemälde vom Salzburger Kunsthändler und Sammler
Friedrich Welz erworben, der im Jahr 1944 Gustav Klimts "Litzlberg am
Attersee" gegen ein Werk aus der Salzburger Landesgalerie
eintauschte, worauf Klimts Gemälde von der Landesgalerie Salzburg
inventarisiert wurde. Das Gemälde wurde aus dem Bestand der
ehemaligen Landesgalerie Salzburg 1942 - 1944 von der Salzburger
Residenzgalerie, als Nachfolgerin der Landesgalerie, 1952 übernommen
und im Jahr 1982 von den Salzburger Landessammlungen Moderne Galerie
und Graphische Sammlung Rupertinum (heute Museum der Moderne
Salzburg) inventarisiert.
Rechtliche Beurteilung
Die rechtliche Beurteilung durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Berger
und Dr. Wolfgang L. Berger LLM hat ergeben, dass das Gemälde nicht
unter die abgegoltenen Ansprüche gemäß der Vereinbarung von Gmunden
vom 12. Juni 2002 fällt, da Kunstgegenstände ausdrücklich von einem
Ersatz oder einer Abgeltung ausgenommen sind.
Es besteht zwar kein klagbarer Anspruch auf das Gemälde, aber es
liegt ein Akt der Selbstbindung der Salzburger Landesregierung vor,
der sich an den bundesgesetzlichen Grundlagen orientiert.
Relativ spät erst - dafür umso intensiver - wandte sich Gustav
Klimt der Landschaftsmalerei zu. Das Gemälde "Litzlberg am Attersee"
(um 1915, Öl auf Leinwand, 110 x 110 cm, Signiert rechts unten:
Gustav Klimt, Inv. Nr. BU 3824), auch "Unterach am Attersee" bzw.
"Attersee", um 1915 (Weidinger WV 221, Novotny/Dobai 192), entstand
wahrscheinlich im Sommer 1915 (in manchen Monografien wird auch das
Jahr 1914 angegeben) als eines der späten Landschaftsbilder, die sich
durch eine nahezu monochrome Farbgebung und flächige Gestaltung der
Szenerie auszeichnen. Die deutlich stilisierte Behandlung der
Landschaft ist noch den Prinzipien des Jugendstils verpflichtet -
einer Stilrichtung, deren bedeutendster österreichischer Vertreter
Gustav Klimt war. Die Malweise jedoch, mit nervösem Pinselduktus und
irisierender Bildoberfläche, zeigt sich in eigenständiger Verwertung
vom Pointillismus beeinflusst, weckt aber ebenso Assoziationen zur
Mosaikkunst, der sich der Künstler in seinen eigenen dekorativen
Arbeiten zugewandt hat.
Klimt, der mit zu den bedeutendsten Landschaftsmalern seiner Zeit
zählt, verbrachte die Som-mermonate seit 1900 fast jedes Jahr am
Attersee. Zahlreiche seiner insgesamt 54 Landschaftsgemälde fanden
bei diesen Aufenthalten ihre Inspiration und spiegeln die Sehnsucht
des reifen Künstlers nach Ruhe und Verinnerlichung wider.
"Litzlberg am Attersee" wurde bei der Klimt-Gedächtnisausstellung
in der Wiener Secession 1928 als "verkäuflich" bezeichnet. Der letzte
schriftliche Hinweis vor dem zweiten Weltkrieg auf das Ölgemälde ist
die Auflistung von Klimt-Werken in der Mappe "Gustav Klimt. Eine
Nachlese" (Einleitender Text von Max Eisler, Wien 1931), in der das
Bild als Besitz "aus dem Nachlass Dr. Victor Zuckerkandl, Wien" mit
Abbildung (Tafel 8) angegeben ist. Vor 1938 erwarb Amalie Redlich das
Gemälde.
Wie das rund zwei Jahre zuvor entstandene, gleich große
Landschaftsgemälde "Kirche in Cassone", 1913, zeigt "Litzlberg am
Attersee" eine unweit des unteren Bildrands gezogene horizontale
Wasserlinie, über der sich die eigentliche Landschaft wandartig
erhebt.
"Litzlberg am Attersee" hing anscheinend in der Wohnung von Amalie
Redlich auf dem Gelände des vom Architekten Josef Hoffmann erbauten
Sanatoriums Purkersdorf als Gegenstück zu dem rund zwei Jahre zuvor
entstandenen Klimt-Gemälde "Kirche in Cassone", auch "Cassone", 1913,
110 x 110 cm, Öl auf Leinwand (Weidinger WV 217, Novotny/Dobai 185,
hier auch "Landschaft mit Zypressen"), das wie "Litzlberg am
Attersee" ursprünglich aus dem Nachlass von Victor und Paula
Zuckerkandl stammt.
"Litzlberg am Attersee" befindet sich heute noch in einem von
Josef Hoffmann konzipierten originalen Metallrahmen, wie ihn auch
"Kirche in Cassone" aufgewiesen hat.
Rückfragehinweis:
Landespressebüro Salzburg - Medien- und Marketingzentrum
Mag. Karin Gföllner
Tel.: (0662) 80 42 / 24 33
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