Kabarettist Werner Schneyder, Buchhändlerin Petra Hartlieb und Schriftsteller Alfred Komarek plaudern bei Heinz Sichrovsky über Autoren und andere Dinge, die ihnen auf die Nerven gehen.

Wien (OTS) - Obwohl Heinz Sichrovsky offen zugibt, dass ihm die
Meinungen von Werner Schneyder "manchmal auf die Nerven gehen", heißt
er ihn als ersten Gast in seiner Bücherwelt mit Freuden willkommen.
Denn als Kabarettist ist er ihm lieber als Elfriede Jelinek - deren
Autorenqualitäten er wiederum vor die des scharfen Bernhard- und
Jelinek-Kritikers stellt. Den Autorenvergleich hält Schneyder
allerdings für unzulässig, denn er schreibe Glossen, Satiren,
Erzählungen, Gedichte und Kabarettnummern - Jelinek hingegen große
Romane und Theatertexte: "Auf schriftstellerischem Gebiet kommen wir
einander nie in die Quere."
Schneyders neues Buch "Manchmal gehen mir meine Meinungen auf die
Nerven. Aber ich habe keine anderen" würde er nicht unter
Literaturkritik subsumieren, dennoch war es ihm ein Anliegen, seinen
Standpunkt u.a. über Thomas Bernhard kundzumachen. Warum, wann und wo
sein Widerwille gegen Bernhard entstanden sei und sich im Laufe der
Jahre erhärtet habe? Seine dezidierte Meinung: Thomas Bernhard werde
sich in der Literaturgeschichte nicht halten. "Es gibt aber auch
Leute, die ich liebe", sagt Schneyder. Peter Handkes Art zu schreiben
liege ihm nicht. Aber: "Ich anerkenne den Rang dieses Mannes, jede
Zeile von ihm hat Niveau."
Werner Schneyder wurde im Jahr 1937 in Graz geboren. Er studierte
Publizistik und Kunstgeschichte und war schon während seiner Schul-
und Studienzeit als freier Journalist und Barsänger tätig.
Mittlerweile kennt man ihn als Kabarettisten, Autor, Schauspieler,
Regisseur und Sportkommentator. Obwohl er sich im Jahr 1994 von der
Kabarett-Bühne verabschiedete, beschloss er nach 12-jähriger Pause,
seine besten Soli, Szenen und Chansons aktualisiert wieder
aufzuführen. Das Ergebnis: sein Programm "Ich bin konservativ". Sein
literarisches OEuvre umfasst neben Kabarett-Texten auch Aphorismen,
Erzählungen, Satiren, Gedichte und eine Erich-Kästner-Biographie. Den
Tod seiner Frau verarbeitete er in dem Buch "Krebs - eine
Nacherzählung".
Dass "Buchdruck" mehrere Bedeutungen haben kann, beweist Heinz
Sichrovskys zweiter Gast - die Buchhändlerin Petra Hartlieb, die beim
Diogenes-Verlag eine überraschende Karriere als Kriminalautorin
begonnen hat. Sie schafft es doch tatsächlich, in ihrer 40
Quadratmeter großen Buchhandlung im 18. Wiener Gemeindebezirk
ungefähr 13.200 Bücher unter zu bringen.
Und weil sie Tag für Tag "so viele tolle Bücher" verkauft, habe sie
den Entschluss gefasst, selbst ans Werk zu gehen. Das Ergebnis: der
Wien-Berlin-Krimi "Auf der Strecke". Mit dem Journalisten
Claus-Ulrich Bielefeld schreibt sie über den erfolgsverwöhnten jungen
Autor Xaver Pucher, der im Schlafwagenabteil auf der Strecke zwischen
Wien und Berlin ermordet wird.
Bei "erLesen" erklärt sie zwar, weshalb das erste Opfer ein
Schriftsteller ist, aber nicht, wer das nächste sein wird. Eines
steht allerdings fest - es werden wohl noch einige
Bielefeld-Hartlieb-Krimis folgen. Das Konzept für den nächsten Fall
ist jedenfalls fertig. Weshalb ein Wien-Berlin-Krimi? "Je mehr ich
mich mit Berlin beschäftige, desto mehr sehe ich, dass sich Wiener
und Berliner ähnlich sind", erklärt sich Hartlieb die immer stärker
werdende Wien-Berlin-Affinität auch bei ihren Autoren-Kollegen.
Petra Hartlieb wurde im Jahr 1967 in München geboren, verbrachte
ihre Kindheit in Oberösterreich und studierte Psychologie und
Geschichte in Wien. Einige Jahre war sie für die Pressearbeit beim
Döcker-Verlag zuständig und später arbeitete sie als
Literaturkritikerin für den NDR, die Financial Times und Ö1. Aus
einer Laune heraus erwarb sie eines Tages ein kleines Buchgeschäft,
worauf die Familie von Hamburg nach Wien übersiedelte. Petra Hartlieb
- eine Frau, die den Buchmarkt nicht nur von einer Seite kennt.
Als dritten Gast begrüßt Heinz Sichrovsky den Schriftsteller Alfred
Komarek. Die Frage, weshalb er Polt wieder erweckt habe, beantwortet
der Meister mit einem Lächeln: "Ich hatte ihn ja gar nicht
umgebracht." Polt habe lange Zeit nach außen gedrängt, nach den
aktuellen zwölf Erzählungen aber sei es vorbei. "Ich habe ihn ins
zivile Leben entlassen, ich habe ihn mit Zwillingen versorgt. Er weiß
jetzt wie es weitergeht - auch ohne mich", so beschreibt Komarek das
"freundliche Loslassen" seiner Hauptfigur.
Hartlieb kann den Abschied zwar nachvollziehen, hofft aber, dass
diesbezüglich das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Denn in
ihrer Buchhandlung fragen die Kunden ultimativ nach weiteren
Polt-Krimis. Allerdings ist sie davon überzeugt, dass "dem Herrn
Komarek auch nach dem Polt etwas Tolles einfallen wird." Hartlieb und
Komarek - beide beim Diogenes-Verlag - von Konkurrenz aber keine
Spur.
Alfred Komarek wurde im Jahr 1945 in Bad Aussee geboren. Als Student
schrieb er Glossen und Reportagen für Zeitungen und bald darauf auch
Texte für das Radio. Mittlerweile sind aus seiner Feder Features,
Hörspiele, Essays, Feuilletons, Erzählungen und TV-Drehbücher
entsprungen. Für die Reihe "Universum" gestaltete er u.a. die
Dokumentationen "Wasserwege" und "Weinviertel". Alfred Komarek ist
Autor zahlreicher Bücher und nicht zuletzt für seine Krimireihe
"Polt" bekannt. Der freie Schriftsteller lebt in Wien, Bad Aussee und
Niederösterreich.
Als Gastrezensentin debütiert die stellvertretende Chefredakteurin
des Magazins "Das Biber" Ivana Cucujkic. Sie präsentiert die
Urfassung von "On the Road" von Jack Kerouac.
Sendezeiten:
Erstausstrahlung: Mittwoch, 20. April 2011 um 19:15-20:15 Uhr
Weitere Ausstrahlungen: Do, 21.4.2011 um 22:45-23:45 Uhr, Fr,
22.4.2011 um 16:05-17:05 Uhr, Sa, 23.4.2011 um 23:45-00:45 Uhr und
So, 24.4.2011 um 18:05-19:05 Uhr
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