• 16.12.2010, 17:28:33
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WIENER ZEITUNG exklusiv: SNCF steigen bei WESTbahn ein

Französische Staatsbahnen kaufen 25 Prozent an der Bahngesellschaft von Haselsteiner und Wehinger

Wien (OTS) - Die Rail Holding AG von Hans-Peter Haselsteiner und
Ex-ÖBB-Vorstand Stephan Wehinger wird ab Dezember 2011 auf der
Westbahnstrecke zwischen Wien und Salzburg den ÖBB Konkurrenz machen.
Nun bekommen die privaten Zug-Betreiber einen mächtigen, allerdings
staatlichen Verbündeten: Die französischen Staatsbahnen SNCF steigen
in Kürze über eine Tochtergesellschaft mit 25 Prozent bei der Rail
Holding ein.

"Wir führen mit mehreren europäischen Bahngesellschaften Gespräche,
jene mit den SNCF sind am weitesten gediehen", sagte ein Sprecher des
Unternehmens zur WIENER ZEITUNG. "Wir suchen Partner, die unsere
Wachstumsabsichten beschleunigen können, und so ein etablierter
player am Markt ist für uns eine große Unterstützung."

Mit SNCF erhalten Wehinger und Haselsteiner nicht nur zusätzliche
Kapital, sondern auch einen gewieften Know-how-Geber im
Schienenverkehr. Für die ÖBB ist dies sicherlich eine ernsthafte
Herausforderung. ÖBB-Chef Christian Kern allerdings glaubt, dass der
Wettbewerb die ÖBB anspornen und verbessern wird - und kommuniziert
dies auch so im eigenen Unternehmen.

SNCF fährt - als Vorbereitung zur Liberalisierung des
Passagierverkehrs - eine aggressive Expansionsstrategie im Ausland,
unterstützt vom französischen Staat. Bis 2015 will der Bahn-Konzern
den Umsatz um 30 Prozent auf knapp 40 Milliarden Euro steigern. SNCF
betreiben die Hochgeschwindigkeitszüge TGV, mittlerweile nicht nur in
Frankreich, sondern bis nach London und in die Benelux-Länder.

Ganz so schnell wie beim TGV wird es auf der Westbahn nicht werden.
Stephan Wehinger, Geschäftsführer der privaten WESTbahn, hat vorerst
sieben Doppelstock-Triebzüge mit je sechs Wagen in der Schweiz
bestellt, Geschwindigkeit zirka 200 Stundenkilometer. Die Strecke
Wien - Salzburg soll in zweieinhalb Stunden gefahren werden. Und man
werde - so erklärte Wehinger kürzlich im ORF-Report - jeden Preis der
ÖBB halten. Möglicherweise reagieren die ÖBB auf den Markteintritt
der "WESTbahn" im Dezember 2011 mit Kampfpreisen.

Insgesamt soll das private Bahn-Unternehmen zwischen 220 und 250
Mitarbeiter haben. Investiert werden zirka 130 Millionen Euro. Mit
der Beteiligung der SNCF soll sich - so Insider - das finanzielle
Risiko von Haselsteiner, Wehinger und Grossnig deutlich reduzieren.
Die Franzosen sollen dem Vernehmen nach ein ordentliches Aufgeld für
die Beteiligung bezahlen.

Mit der kapitalstarken SNCF im Rücken fällt dem Unternehmen dann auch
die weitere Expansion leichter, etwa auf der Südbahnstrecke. Die
leidet derzeit noch unter Kapazitätsengpässen. Stephan Wehinger hat
daher kürzlich den Bau des Semmeringtunnels gefordert.

Die Rail Holding, deren Kapitalreserven derzeit bei knapp zehn
Millionen Euro liegen, gehört zu je 35 Prozent der Haselsteiner
Stiftung und der Stephan Wehinger GesmbH. Die restlichen 30 Prozent
liegen bei der Schweizer Augusta Holding. Sie sitzt in Zug, was
sowohl steuerlich als auch für den "Unternehmensgegenstand" passend
erscheint.

Wer hinter der Holding steckt, wird nicht offiziell gesagt,
Qualifizierte Mutmaßungen besagen, dass es sich dabei um den
Firmensanierer Erhard Grossnig handelt. Grossnig ist ein guter
Bekannter Haselsteiners, und sitzt auch im Aufsichtsrat der Rail
Holding. Der ist überhaupt prominent besetzt: Vorsitzender ist der
ehemalige Chef der Schweizer Bahnen, Benedikt Weibel. Weitere
Mitglieder sind Ottakringer-Chef Sigi Menz, Anton Gaal sowie der
konservative EU-Parlamentarier und Ex-Innenminister Ernst Strasser.

Wehinger äußerste sich zuletzt in Interviews überaus behutsam zur
ÖBB, kein böses Wort, keine harsche Kritik. Immerhin bekommt er nun
selbst einen Noch-Monopolisten als Gesellschafter.

Die französischen SNCF machen übrigens den französischen Markt
ziemlich zu. Lizenzen dort zu erhalten ist überaus schwierig, wobei
das Schienennetz in Frankreich vom Staat finanziert wird. In
Österreich muss dies großteils von den ÖBB geschultert werden, was
dem Unternehmen 2011 eine Schuldenlast von 20,6 Milliarden Euro
beschert - plus 2,2 Milliarden innerhalb eines Jahres.

Auch in Italien stehen die ÖBB vor einer ziemlich rigorosen
Abschottung durch die italienische Staatsbahn (FS). Nach dem
mittlerweile aufgehobenen Verbot für ÖBB-Züge, andere Städte als die
vorgesehene Endstation zu bedienen, soll nun der ÖBB-Ticketverkauf in
Italien verboten werden. Die ÖBB haben angekündigt, dies beim EuGH zu
bekämpfen.

Auch mit der WESTbahn kündigt sich ein Rechtsstreit an. Das private
Unternehmen will - analog zur Unterstützung der ÖBB - Förderungen aus
dem Verkehrsministerium erhalten. Haselsteiner begründet dies mit dem
Gleichbehandlungs-Grundsatz. Verkehrsministerin Doris Bures hat damit
wenig Freude

Eine Möglichkeit wäre nun für die ÖBB, den Personenverkehr auf der
Westbahnstrecke in eine eigenen Gesellschaft auszugliedern. Nach
Angaben der ÖBB ist die Westbahnstrecke positiv.

Rückfragehinweis:
Wiener Zeitung
Sekretariat
Tel.: +43 1 206 99-474
mailto:redaktion@wienerzeitung.at
www.wienerzeitung.at

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