• 05.12.2010, 19:44:40
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"Kleine Zeitung" Leitartikel: "Das Fernsehen als Zirkus mit Hochseilakt" (Von Christian Ude)

Ausgabe vom 6.12.2010

Graz (OTS/Vorausmeldung) - "Wetten, dass ...?" und die
Eigenverantwortlichkeit.

"Würden wir Menschen in einem Käfig zeigen, die aufeinander losgehen,
hätten wir mehr Zuseher als mit den ,Helden von morgen'", sagte
kürzlich ein ORF-Verantwortlicher hinter vorgehaltener Hand.

Das klingt brutal, trifft aber wohl leider zu. Hierzulande sind
"Risikoshows" im Vergleich zum anglo-amerikanischen TV-Markt jedoch
noch eine Randerscheinung.

Zum Unfall in der 192. "Wetten, dass ...?"-Sendung muss zudem
angemerkt werden, dass ein Volljähriger, der zudem ausgebildeter und
durchtrainierter Stuntman ist, auch eine Eigenverantwortung trägt,
wenn er eine Wette anbietet. Wie auch jeder sogenannte Prominente,
der sich in Schlangengruben und andere Dschungelabenteuer bei "Ich
bin ein Star - Holt mich hier raus!" begibt. Und Stefan Raab wird
bejubelt, wenn er sich eine blutige Nase holt.

"Muss es denn immer so hoch oder so weit sein, müssen es gleich fünf
Autos sein", wurde Gottschalk nach dem Abbruch der Show gefragt. Er
betont, dass Samuel Koch "gebrannt hat, hoch motiviert war und es
unbedingt wollte".

Man mag auch nicht an Gottschalks Worten zweifeln, dass "wir ihn vor
sich selbst geschützt hätten, wenn bei uns der Eindruck entstanden
wäre, er hätte sich mit seinem Wettangebot übernommen." So konnte er
immerhin überzeugt werden, einen Helm zu tragen.

Im Grunde ist der Dinosaurier des deutschsprachigen
Unterhaltungsfernsehens ja nichts anderes als ein Zirkus: Die
Eintrittskarte wird gelöst, weil man den Clown erleben und womöglich
über halsbrecherische Artisten staunen will. Wobei "Wetten, dass
...?" trotz seiner langen TV-Geschichte vom Durchschnittszuschauer
wohl nicht mit lebensgefährlichen Wetten assoziiert wird, sondern vor
allem mit witzigen, manchmal lächerlichen Vorschlägen und prominenter
Couch-Besetzung.

Wie geht's nun weiter? "Sagen wir künftig, wir wollen jede Gefahr
vermeiden? Dann sind wir bei einem Kindergeburtstag und blasen Kerzen
aus. In einer Situation, wo die Konkurrenz größer wird", soll
Gottschalk laut "Spiegel online" in einem internen Gespräch gegenüber
Mitarbeitern erklärt haben.

Das wird künftig der schwierige Spagat, den das ZDF in den Griff
bekommen muss - nicht langweilig sein, aber auch nicht
lebensgefährlich spektakulär.

Bleibt die Frage: Wäre die Show auch abgesagt worden, hätte sich
Samuel Koch bereits bei den Proben und nicht live im Fernsehen
lebensgefährlich verletzt? ****

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