• 26.11.2010, 11:18:53
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PR-Ethik-Rat rügt "Krone bunt"

Ungekennzeichnete 32-Seiten-Beilage vor der Wien-Wahl

Wien (OTS) - Der Sachverhalt

Am 19. September 2010 erschien in der "Krone bunt" die Beilage
"Eine Stadt zum Verlieben". Es handelt sich bei diesen in die Ausgabe
integrierten 32 Seiten mit der Pagina "Wirtschaftsstandort Wien", die
auf der Titelseite angekündigt wurde, um eine bezahlte Kooperation.
Folgende Unternehmen beteiligten sich daran: Erste Bank Group,
Austrian Airlines, A1 Telekom, Siemens, Vienna Insurance Group, PORR,
Flughafen Wien, Signa Holding, REWE Österreich, Austria Trend Hotels
(Ruefa, Verkehrsbüro), Wiener Städtische und Donau Versicherung. Für
die Umsetzung/ Koordination des Projekts zeichnet Chefredakteur Dr.
Christoph Dichand, unterstützt von Wolfgang Rosam Change
Communications, verantwortlich.

Laut dem PR-Ethik-Rat vorliegenden Unterlagen betrug der
Druckkostenbeitrag EUR 30.000 netto je Doppelseite und Unternehmen.
In der Beilage präsentieren die zwölf Unternehmen mit Standort Wien
ihre Pläne für die Zukunft - und damit die Bedeutung des
Wirtschaftsstandorts Wien. Den Schluss der Beilage bildet ein
vierseitiges Interview mit Bürgermeister Dr. Michael Häupl unter dem
Titel "Der Wähler soll auf Nummer sicher gehen", in dem der
Bürgermeister sein Konzept für die Stadt darlegt. Bei der Beilage
"Wirtschaftsstandort Wien" fehlt jede Kennzeichnung nach § 26
Mediengesetz, was umso auffälliger ist, als andere - ähnlich
gelagerte - Seiten in derselben Ausgabe klar als "entgeltliche
Einschaltung" gekennzeichnet sind. Die Beilage erschien am 19.
September 2010 - also drei Wochen vor der Gemeinderatswahl in Wien am
10. Oktober 2010.

Das Verfahren

Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations hat diesen Fall
gemäß Geschäftsordnung aufgegriffen und die Chefredaktion der "Krone
bunt" mehrfach um Stellungnahme im Hinblick auf die fehlende
Kennzeichnung gemäß § 26 ersucht. Der Ordnung halber wurden auch alle
beteiligten Unternehmen und der Koordinator zu ihrer Sicht der Dinge
befragt. Von Dr. Christoph Dichand liegt - trotz wiederholten
Ersuchens - bis heute keine Stellungnahme vor. Ebenso haben es acht
der zwölf Unternehmen vorgezogen, sich zu dem Projekt nicht zu
äußern.

Ratsspruch und Begründung

Der PR-Ethik-Rat hält fest, dass sich seine Ratssprüche nicht nur
auf Mitglieder der drei Berufsverbände der PR-Branche beschränken,
sondern das gesamte Feld der Kommunikation von Unternehmen,
Institutionen oder anderen Organisationen wie z. B. Medien
einbeziehen. Bewertungsgrundlage für die Beurteilung des Falls waren
die oben geschilderten Fakten sowie schriftliche und mündliche
Stellungnahmen von am Projekt beteiligten Personen. Der Rat bedauert,
dass sich die beteiligten Unternehmen nicht stärker eingebracht
haben.

In seiner Sitzung am 16. November 2010 ist der PR-Ethik-Rat zu
folgendem Schluss gekommen: Es ist gängige Praxis und legitim, dass
Medien so genannte Sonderwerbeformen anbieten und Unternehmen von
diesen Gebrauch machen. Gesetzwidrig ist es jedoch, bezahlte
Kooperationen nicht ordnungsgemäß zu kennzeichnen. Die
ungekennzeichnete Beilage "Wirtschaftsstandort Wien" ist geeignet,
die Leser zu täuschen - insbesondere angesichts der Tatsache, dass
die Beilage kurz vor der Gemeinderatswahl erschienen ist. Der
Österreichische Ethik-Rat für Public Relations stellt fest, dass die
Medieninhaberin der "Krone bunt" und Dr. Christoph Dichand als für
die Umsetzung Verantwortlicher die Bestimmungen des Mediengesetzes
über die Kennzeichnungspflicht entgeltlicher Veröffentlichungen
missachtet haben. Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations
spricht deshalb gegen die Medieninhaberin der "Krone bunt" und Dr.
Christoph Dichand eine öffentliche Rüge aus.

Darüber hinaus wurden mit der Beilage auch folgende Kodizes der
Kommunikationsbranche verletzt:

Code de Lisbonne, Artikel 3: In der Ausübung ihres Berufes
beweisen die Public Relations-Fachleute Aufrichtigkeit, moralische
Integrität und Loyalität. Insbesondere dürfen sie keine Äußerungen
und Informationen verwenden, die nach ihrem Wissen oder Erachten
falsch oder irreführend sind. Im gleichen Sinn müssen sie vermeiden,
dass sie - wenn auch unbeabsichtigt - Praktiken oder Mittel
gebrauchen, die mit diesem Kodex unvereinbar sind.

Code de Lisbonne, Artikel 4: Public Relations-Aktivitäten müssen
offen durchgeführt werden. Sie müssen leicht als solche erkennbar
sein, eine klare Quellenbezeichnung tragen und dürfen Dritte nicht
irreführen.

Code de Lisbonne, Artikel 15: Jeder Versuch, die Öffentlichkeit
oder ihre Repräsentanten zu täuschen, ist nicht zulässig.

Ehrenkodex des Public Relations Verbandes Austria, Artikel 9:
Bezahlte Informationsflächen müssen als solche erkennbar gemacht
sein. Unzulässige Schleichwerbung liegt dann vor, wenn für die
Darstellung eines Unternehmens, eines Produktes oder einer
Dienstleistung in den redaktionellen Teilen der Medien ein
Platzierungsentgelt bezahlt wird, ohne dass dies für Leser, Hörer
oder Zuschauer erkennbar ist.

Den Branchenusancen entsprechend geht der PR-Ethik-Rat davon aus,
dass bezahlte Produkte wie die gegenständliche Beilage allen
Beteiligten vor Drucklegung zur Freigabe vorgelegt werden. Der Rat
ermahnt alle an dieser Beilage beteiligten Unternehmen und
PR-Verantwortlichen, ihre Verantwortung wahrzunehmen und appelliert
darüber hinaus an die gesamte Branche auch selbst aktiv dazu
beizutragen, dass Medienkooperationen ordnungsgemäß gekennzeichnet
und die Branchenkodizes eingehalten werden. Die Glaubwürdigkeit der
gesamten Kommunikationsbranche steht auf dem Spiel.

Zum Österreichischen Ethik-Rat für Public Relations

Der im Herbst 2008 von den Branchenverbänden Public Relations
Verband Austria (PRVA), der Agenturengruppe PR Quality Austria (PRQA)
und dem Verband für integrierte Kommunikation (VIKOM) gegründete
Österreichische Ethik-Rat für Public Relations ist ein freiwilliges
Selbstkontrollorgan der österreichischen PR-Branche. Aufgabe des
PR-Ethik-Rats ist es, sich mit Fehlentwicklungen und Missständen in
der Kommunikation von Unternehmen, Institutionen oder anderer
Organisationen - u. a. in den Medien - zu befassen und diese
aufzuzeigen. Der Rat agiert weisungsfrei. Unter dem Vorsitz von emer.
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang R. Langenbucher gehören dem Rat insgesamt 11
Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft an.

Weitere Informationen unter http://www.prethikrat.at

Rückfragehinweis:
Wolfgang R. Langenbucher
mailto:office@prethikrat.at , Tel.: +43 664 58 96 091
Renate Skoff
mailto:office@prethikrat.at , Tel.: +43 664 337 02 84
http://www.prethikrat.at

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