Medienrat verurteilt Berichterstattung von "Österreich" zum Mordfall Stefanie P.
Wien (OTS) - Der Österreichische Medienrat stellte in seiner Sitzung vom 9. November 2010 in der Berichterstattung der Tageszeitung "Österreich" und dessen Online-Ausgabe einen Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht fest. Mehrere intime Details, die nicht mit der Berichterstattung über das Verbrechen zusammenhingen wurden von der Zeitung ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt.
Im Detail lautete die Beurteilung des Medienrates:
Durch die Berichterstattung von "Österreich" in der Tageszeitung vom 06. Juli 2010 und in der begleitenden Online-Berichterstattung http://www.oe24.at im Mordfall "Steffi P." wurden die journalistische Sorgfaltspflicht und das Berufsethos in folgenden Punkten verletzt:
Verletzt wurde die Privatsphäre und die Würde des Mordopfers Stefanie P. durch den Hinweis auf 14 Selbstmordversuche der Getöteten; auf eine mutmaßliche Vergewaltigung, die sie erlitten habe, auf ihr angebliches Borderlinesyndrom, sowie, dass sie eine Lügnerin sei und ihre Mutter als ehemalige Prostituierte bezeichnet habe. Weiteres wurden der Getöteten Alkoholprobleme und bizarre sexuelle Vorlieben wie z.B. im volltrunkenen Zustand Sex mit zwei Männern gehabt zu haben, vorgeworfen. Insgesamt erweckt die Berichterstattung den Eindruck, das angeblich aus dem Tritt geratene Leben des Mordopfers sei kausal für das Tötungsdelikt. Der Medienrat hält fest, dass er ausschließlich die Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Opfers geprüft hat.
Der Medienrat war von zwei engagierten Medienbeobachtern auf die Berichterstattung zum Mordfall Stefanie P. aufmerksam gemacht worden und beschloss, in Eigeninitiative den Fall aufzugreifen. Zwei weitere in dieser Sache berichtende Medien wurden geprüft, doch konnte bei ihnen keine eindeutige Verletzung der journalistischen Ethik festgestellt werden. Der Medienrat steht unter dem Vorsitz des bekannten Verfassungsjuristen Heinz Mayer. Weitere Information über Zusammensetzung und Gründung des Medienrates erhalten Sie unter:
www.medienrat.at.
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