• 08.11.2010, 09:27:14
  • /
  • OTS0040 OTW0040

WirtschaftsBlatt-Leitartikel: Die bösen Buben wollen sich bessern - von Andre Exner

Auch Soros ist auf seine alten Tage zum Gutmenschen geworden

Wien (OTS) - Das tut weh: An die 100 Millionen Euro an verwaltetem
Vermögen hat der größte Hedgefonds-Anbieter Österreichs heuer
verloren - und zwar nicht durch Kursverluste, sondern durch
Mittelabflüsse von enttäuschten Kunden. Ein Teil der verschwundenen
Millionen wanderte zum Mitbewerb, denn das Geld ist nie weg, es ist
nur woanders, wie es gerade abgebrühte Spekulanten am besten wissen.

Und trotzdem hält sich die Schadenfreude bei den heimischen
Superfund-Mitbewerbern in Grenzen - jeder Problemfall in der Branche
schadet dem Image. Sei es die Heuschrecken-Diskussion, sei es der
Madoff-Primeo-Skandal, sei es die Globe Invest-Pleite: Immer sind es
Hedgefonds-Manager, die die Rolle der "bösen Buben" in der
Investment-Welt spielen müssen. Und den meisten reicht es langsam.
Sie wollen nicht mehr als Magier gesehen werden, denn Magier können
nicht langfristig planen oder Stiftungen, Versicherungen und
Pensionskassen als Kunden gewinnen.

Tatsächlich: Der sonnengebräunte Hedgefonds-Manager, der vor dem
Casino in Monte Carlo sein Handgelenk samt Rolex aus dem Ferrari
baumeln lässt, ist eine aussterbende Art. Die Börsen werden immer
mehr von Computern dominiert, die Milliarden ganz ohne Glamourfaktor
von unbekannten Regionalbanken verdient und verloren und neue
Penthäuser in Manhattan von Industriellen und nicht von Börsegurus
gekauft. Selbst Dollar und Euro werden derzeit eher von Notenbankern
geschwächt, um die Exporte zu steigern, und nicht von Spekulanten und
Hedgefonds-Managern à la George Soros, um einen schönen Schnitt zu
machen. Auch Soros ist übrigens auf seine alten Tage zum Gutmenschen
geworden und investiert die Milliarden nicht in Schweinebäuche,
sondern in karitative Organisationen.

Spätestens ab 2013, wenn die neuen EU-Spielregeln für Hedgefonds in
Kraft treten, werden den Börsehaien die letzten Zähne gezogen. Dann
ist es vorbei mit den Investments in sagenumwobene, geheime Black
Box-Konstrukte in Offshore-Paradiesen.

Und das ist gut so: Dann ist es hoffentlich auch endlich vorbei mit
dem Versprechen, Geld zu verdienen, egal, was die Märkte machen, und
mit der Hoffnung, das Risiko aus der (Investment-)Welt verbannen zu
können. Dann wird der Privatanleger hoffentlich wieder endlich das
kaufen, was er versteht - und womit er leben kann. Denn es ist
besser, 50 Prozent mit einer Aktie zu verlieren als mit einem
Hedgefonds: Im ersten Fall erfährt man wenigstens im Nachhinein, was
genau schief gelaufen ist.

Rückfragehinweis:
Wirtschaftsblatt Verlag AG
Tel.: Tel.: 01/60117 / 300
mailto:redaktion@wirtschaftsblatt.at

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | PWB

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel