- 29.09.2010, 18:30:11
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WirtschaftsBlatt - Leitartikel: Der Kreml erobert die Macht in Moskau von Andre Ballin
Es geht um die Neuaufteilung von Privilegien und Besitzständen
Wien (OTS) - Der Kreml ist das Machtzentrum Russlands. Doch knapp
zwei Jahrzehnte lang war das Rathaus an der Edelmeile Twerskaja für
Moskau fast die wichtigere Adresse. Oberbürgermeister Juri Luschkow
hatte ein schier unentwirrbares Geflecht aus politischen und
wirtschaftlichen Verbindungen geknüpft, die ihn - wie es schien -
unantastbar machten.
Keine Stadt in Russland sei so korrupt wie Moskau, erklären Luschkows
Kritiker. Richtig ist, rund 80 Prozent des Kapitals sind in Moskau
konzentiert. Und der Moskauer Oberbürgermeister wusste dieses Kapital
zu nutzen. Einen gewaltigen Strom der Kapitalflüsse lenkte Luschkow
am Kreml vorbei.
Jelena Baturina, Luschkows Ehefrau, ist die einzige
Dollarmilliardärin Russlands. Ihr Baukonzern Inteko hat von der
Protektion der Stadtverwaltung profitiert. Doch hätte sich Luschkow
nur selbst bereichert, wäre es einfacher für den Kreml gewesen, ihn
aus dem Sessel zu hieven - immerhin haben Putin und Medwedew das seit
Jahren gemeinsam versucht. Das System Luschkow hat viele reich
gemacht. Und dementsprechend viele waren Luschkow auch verpflichtet.
Erst peu á peu konnte der Kreml den Moskauer Filz beseitigen: Durch
das Wegloben von Luschkows Vizebürgermeistern, aber auch durch die
Schließung der Casinos und des großen Moskauer Chinesenmarktes
Tscherkisowo, der von einem mit Luschkow befreundeten Geschäftsmann
geleitet wurde und Dollarumsätze im dreistelligen Millionenbereich in
die Kassen des Luschkow-Clans spülte. Korruptionsermittlungen gegen
Vertraute Luschkows waren die letzte Breitseite vor dem Sturm des
Rathauses.
Jetzt darf Medwedew den neuen Bürgermeister bestimmen - einer von
Putin vor Jahren eingeführten Regel, dass Gouverneure nicht mehr
gewählt werden, sei Dank. Hinter den Kulissen laufen bereits
knallharte Verhandlungen über diese Personalie, soviel ist sicher.
Denn auch der Kreml hat nicht aus reiner Nächstenliebe zu den
Moskauern und ihrer Korruptionsmüdigkeit gehandelt. Es ging um die
Ausschaltung eines parallelen Machtzentrums zum Kreml und natürlich
um die Kontrolle über die Geldströme, die bislang dem Luschkow-Clan
zugeflossen sind. Es wird zunächst einmal eine Neuaufteilung der
bisherigen Privilegien und Besitzstände geben.
Das bietet den bisher zu kurz Gekommenen (oder denen, die sich dafür
halten) neue Chancen. Ob aber die Korruption damit abnehmen wird,
darf bezweifelt werden.
Rückfragehinweis:
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