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"Kleine Zeitung" Kommentar: "Der Kreml zeigt jedem seine eiserne Faust" (von Nina Koren)
Ausgabe vom 29.09.2010
Graz (OTS) - Das kommt davon. Anstatt im wunderschönen
Kitzbühel, wie vom Präsidenten befohlen, über seinen Rücktritt
nachzudenken, hat Jurij Luschkow offenbar nur die Bergwelt bewundert
und beschlossen: Ich bleibe so unverrückbar wie die Alpen.
Hat aber nicht funktioniert. Der gestrige Rausschmiss des populären
Moskauer Langzeitbürgermeisters, der Nummer drei im Machtgefüge
Russlands, hat eines deutlich gezeigt: Auch politische Schwergewichte
sollten sich gut überlegen, ob sie sich mit dem Kreml anlegen oder
gar versuchen, einen Keil ins Führungsduo zu treiben. Selbst Klötze
wie Luschkow sind nicht davor gefeit, bei Missliebigkeit
rauszufliegen. Wie die Lage für weniger etablierte Leute ist, die zum
Beispiel gegen die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit
demonstrieren, kann man sich alle zwei Monate bei den Verhaftungen in
den großen Städten anschauen.
Wie es mit Luschkow weitergeht, bleibt abzuwarten. Sollte er nicht
aufhören damit, gegen die Führung zu polemisieren, ist nicht ganz
auszuschließen, dass er ein Schicksal Marke Chodorkowskij erleidet.
Der ehemalige Jukos-Chef, der es gewagt hatte, die Opposition zu
unterstützen, sitzt seit fünf Jahren im Gefängnis. Offiziell wegen
Steuerhinterziehung und planmäßigen Betrugs - doch diesbezüglich
lässt sich bei Jurij Luschkow sicher einiges finden. Nicht zuletzt
das Faktum, dass es seine Angetraute zur reichsten Frau des Landes
gebracht hat. Da kann er noch so träumen von einer Flucht nach
Kitzbühel.
Mit dem Rauswurf Luschkows geht eine Ära zu Ende. Der 74-Jährige hat
die russische Metropole in seiner 18-jährigen Amtszeit nach Art eines
Feudalherrschers regiert, modernisiert, gerade optisch auch mit
fragwürdigen Bauten und Shoppingcentern verunstaltet. Am Ende hat er
aber die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Dass er etwa, als Moskau
im Smog der Brände steckte, lieber urlaubte, färbte auch negativ auf
den Kreml ab.
Behauptungen, das Ende Luschkows bedeute, dass sich Präsident
Medwedew gegen seinen Mentor Putin durchgesetzt habe, sind absurd.
Medwedew hat in den vergangenen Jahren zwar viele Reformen
angekündigt, aber nichts gegen den Willen Putins durchgesetzt. Bis
heute hat er wenig eigene Hausmacht. Dass das nun in so einem heiklen
Fall wie der Machtfrage in der Hauptstadt, wo alle Geldflüsse
zusammenfließen, anders gewesen sein soll, ist auszuschließen.
Das Tandem Putin - Medwedew lebt; noch sind die beiden für ihren
eigenen Machterhalt auf Kooperation angewiesen.****
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