• 08.09.2010, 09:20:11
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  • OTS0036 OTW0036

Handelsgericht Wien verurteilt AWD zu Schadenersatz

Falsche Anlageberatung zu Immobilienaktien - Mitverschulden des Geschädigten in Höhe von einem Drittel

Wien (OTS/VKI) - Dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) liegt
wieder ein Ersturteil des Handelsgerichtes Wien in einem
Schadenersatzprozess eines Rechtsschutz-Versicherten (vertreten von
Rechtsanwalt Mag. Poduschka) gegen den AWD vor. Der AWD wird zur
Zahlung von rund 50.000 Euro Schadenersatz wegen falscher
Anlageberatung rund um Immobilienaktien verurteilt. Das Gericht sieht
im Nicht-Lesen der unterzeichneten Gesprächsnotizen zwar ein
Mitverschulden des Anlegers. Dieses wiegt allerdings geringer als die
mangelhafte Aufklärung durch den AWD-Berater. Der AWD muss daher zwei
Drittel des Schadens ersetzen.

Der VKI führt gegen den AWD fünf Sammelklagen und eine Reihe von
Musterprozessen. In diesen Verfahren liegen noch keine Urteile in der
Sache vor. Ab 14.9.2010 wird am HG Wien wöchentlich weiter verhandelt
(Prozessprogramm siehe www.verbraucherrecht.at).

Neben den VKI-Klagen sind über 600 weitere Einzelverfahren von
AWD-Kunden - in der Mehrzahl mit Deckung von
Rechtsschutzversicherungen - gerichtsanhängig. Der AWD bietet in
diesen Verfahren - immer wenn eine negative Gerichtsentscheidung zu
befürchten ist - einen Vergleich an. Dabei verpflichtet der AWD die
Geschädigten zu absolutem Stillschweigen. So soll der Öffentlichkeit
der Umfang der Fehlberatungen möglichst verschwiegen werden. Nun
erging in einem derartigen Verfahren doch ein Urteil des
Handelsgerichtes Wien.

Das Urteil zeigt exemplarisch, wie die Kunden seitens der
AWD-Berater im Zusammenhang mit Immobilienaktien systematisch falsch
beraten wurden: Die Aktien der Immofinanz und auch von Conwert wurden
als "sicher" dargestellt. Der Portfolio-Theorie von Markowitz zufolge
solle man 50 bis 60 Prozent des Vermögens "sicher" und 20 bis 30
Prozent mit "mittlerem Risiko" veranlagen. Nur mit 10 bis 20 Prozent
solle ein höheres Risiko mit höherem Ertrag eingegangen werden.
Demgemäß empfahl der Berater den überwiegenden Teil des Vermögens in
Immofinanz, Conwert und Immoeast anzulegen. Der Berater sprach stets
von einer Anlage in "Immobilien" und betonte den Substanzwert der
Unternehmen, ohne darauf hinzuweisen, dass sich der Aktienkurs
unabhängig davon bildet und den Substanzwert durchaus unterschreiten
kann.

Obwohl in den Gesprächsnotizen des AWD die kleingedruckte Klausel
zu lesen ist, wonach "nur maximal 10% des insgesamt verfügbaren
Kapitals in Immobilienaktien, andere Immobilienprodukte oder
Alternative Investments verschiedener Emittenten" veranlagt werden
sollte, empfahl der AWD-Berater hier (wie in vielen anderen Fällen),
nahezu alles auf Immobilienaktien zu setzen.

"Das Urteil dokumentiert Schein und Sein beim AWD: In den
Gesprächsnotizen wurde - versteckt im Kleingedruckten - ein richtiger
Hinweis gegeben. In der Praxis wurde diametral gegenläufig beraten.
Die Unterschrift unter das Gesprächsprotokoll wurde - nach Abschluss
der Beratung und der Kauforder - als reine Formalität bezeichnet",
sagt Dr. Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht im VKI.

Das Gericht sah im Nicht-Lesen des Gesprächsprotokolls ein
Mitverschulden des Anlegers im Ausmaß von einem Drittel.

"Hier weicht das Urteil von der anlegerfreundlichen Judikatur des
deutschen Bundesgerichtshofes ab, der vom Anleger nicht verlangt, die
mündlichen Ratschläge seines Beraters durch Studium der Unterlagen
noch zu überprüfen", kommentiert Dr. Kolba.

"Es ist aber bezeichnend, wenn ein ,Finanzoptimierer' und damit
Sachverständiger für sich in Anspruch nimmt, dass man jedes Wort
seiner Berater durch genaues Lesen des Kleingedruckten überprüfen
muss, bevor man einen Vertrag abschließt, und sich ebendieser
,Sachverständige' - wenn das nicht der Fall ist - durch Einwand eines
Mitverschuldens aus seiner Haftung zu stehlen versucht. Wie soll da
eine vertrauensvolle Kundenbeziehung zustande kommen?" fragt Dr.
Kolba.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl das Urteil als auch das
Prozessprogramm des VKI gegen den AWD finden sich auf
www.verbraucherrecht.at zum Download.

Rückfragehinweis:
Verein für Konsumenteninformation
Dr. Peter Kolba, Leiter Bereich Recht
Tel.: 01 / 58877 - 320

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NKI

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