Billige und ewiggestrige Slogans helfen uns nicht aus der Krise
Wien (OTS) - Es ist zehn Jahre her, da hatte unser großes
deutsches Nachbarland eine ziemlich üble Diskussion, angefacht vom
damaligen NRW-CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers: "Kinder statt Inder"
war sein Wahlkampfslogan. Was tun sie nicht alles dafür, um Wahlen zu
gewinnen, die Herren Politiker? Kein Wunder also, dass hierzulande
ein Heinz-Christian Strache nur zu gerne auf den ausländerfeindlichen
Zug aufspringt und vor einem "gemeingefährlichen Supergau" angesichts
der Öffnung des Arbeitsmarktes im Mai 2011 warnt. Genauso erbärmlich
wie Straches Vorschlag, bis 2030 statt 100.000 Zuwanderer ins Land zu
lassen, wie ÖVP-Außenminister und ÖAAB-Chef Michael Spindelegger
vorgeschlagen hat, solle man doch 100.000 mehr Kinder in Österreich
ermöglichen. Mamma mia! Allein das Wording lässt einem die Gänsehaut
über den Rücken ziehen. Kollege Rüttgers lässt grüßen. Und leider in
Abwandlung auch Genosse (Arbeiterkammerchef) Herbert Tumpel.
So traditionell Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung pro
Arbeitsmarktöffnung sind, so traditionell mahlt die Mühle der
Arbeiterkammer gegen die Öffnung. Den Unternehmen vorzuwerfen, trotz
Förderungen von bis zu 30 Prozent immer weniger Lehrlinge
auszubilden, ist ein Witz. Und sein Motto "Ausbildung statt
Zuwanderung" ähnelt auf verblüffende Art der des Herrn Rüttgers aus
dem Jahr 2000: "Mehr Ausbildung statt mehr Einwanderung."
Dass mehr Kinder immer zu befürworten und die derzeitigen Umstände
vor allem für Frauen keine idealen sind, da haben die Herren Strache
und Tumpel leider Recht. Dass mehr für die Ausbildung getan werden
müsste, ist ebenso unbestritten. Allein: Es sind bloß Einzelteile aus
einem Puzzle. Sich der Migration zu verschließen und Angst und
Hysterie zu verbreiten, ist Unfug. Lassen wir die Zahlen sprechen:
Laut Regio Data verfügen Menschen mit Migrationshintergrund über 13,5
Prozent des Kaufkraftvolumens in Österreich. Das sind 20 Milliarden
Euro an verfügbarem Einkommen. Das entspricht der Kaufkraft der
Steirer und ist doppelt so hoch wie jene der Kärntner.
Uns Zuwanderer zu versperren, wäre eine weltfremde Verschließung
gegenüber dem Fortschritt, auf dem auch unser Wohlstand basiert.
Funktionieren kann Zuwanderung auf Dauer allerdings nur, wenn
Ausländer auch ihre Familien mitbringen können. Unsere Aufgabe ist
es, ihnen Österreich zur Heimat zu machen. Wenn wir uns ihnen aber
verschließen und sie bloß als Lohnknechte halten, dann werden wir
zwangsläufig scheitern.
Rückfragehinweis:
Wirtschaftsblatt Verlag AG
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